Glänzende Geschäfte

Lünburg, 27. Oktober

 

Winterdorf mit Tannenbaum im Lichterglanz.

Winterdorf mit Tannenbaum im Lichterglanz.

Warum gibt es eigentlich nicht das ganze Jahr Schoko-Weihnachtsmänner und Weihnachtsmärkte, im Sommer mit Punsch on the Rocks? Ja, warum eigentlich nicht? Die Schamgrenze ist doch längst gefallen. 

Man kann den Verfall der im Kern christlichen Festbräuche verulken oder betrauern. Es ändert nichts.

Im Oktober, zu Beginn des Herbstes, werden in Lüneburg die ersten Weihnachtsmärkte lichtstark eingerüstet. Von Jahr zu Jahr werden es mehr und sie beginnen immer früher. Manchmal noch getarnt unter einem anderen Namen. 

Diese Weihnachtsmänner stehen schon seit Anfang Oktober im Regal.

Diese Weihnachtsmänner stehen schon seit Anfang Oktober im Regal.

Weihnachtsmänner im Alu-Mantel sind natürlich schon Wochen vorher im Regal. 

In jedem Fall erhärtet beides den Verdacht:  Es geht in keinem Fall um den Glauben an Gott, sondern um den Glauben ans Geldverdienen.

Denn mir ist nicht bekannt, das schon jetzt die Kirchen zum Gottesdienst überfüllt wären. Geschweige denn, dass Weihnachtslieder angestimmt werden. 

 

Zum Run auf die Gotteshäuser kommt es bekanntlich einmal im Jahr, am 24. Dezember. Dann glaubt man, die Welt bestünde tatsächlich nur aus Gläubigen, die inbrünstig Kirchenlieder singen. Danach allerdings ist die Tendenz stark fallend wie der Kurs der türkischen Lira. 

Der einmalige Pastor Laufs, ein Protestant vor dem Herren, sorgte in St. Johannis Weihnachten immer für Lacher, wenn er daran erinnerte, dass die Kirche auch an anderen Tagen geöffnet sei.

Im Grunde gibt es auch nicht viel zu beklagen. Der bald halbjährliche Weihnachtszinnober reiht sich ein in die Allgegenwart des Merchandisings von Festen und Stars und Sternchen auf allen Ebenen. Es geht darum, in einem möglichst langen Zeitraum den innersten Kern eines Ereignisses in Umsatz zu verwandeln.

Es gab tatsächlich auch in Lüneburg eine Zeit, wo sich Händler empörten, wenn sie in der Zeitung die Headline lasen „Süßer die Kassen nie klingen“. Das war zu Zeiten, als das Advent- und Weihnachtsgeschäft nicht vor Totensonntag und Volkstrauertag begann.  

Heute heißt das allgegenwärtigen Motto: Wir wollen alles, immer und zwar sofort. Schließlich gibt es ja auch ganzjährig Erdbeeren. Zumindest dem Namen nach. Aber mit den Erdbeeren ist es wie mit Weihnachten. Sieht so aus, schmeckt aber irgendwie die meiste Zeit doch anders.

Dass das Warten und Sehnen, kurz die Vorfreude, am Ende ein viel größeres Erlebnis auslöst,  ist uns abhanden gekommen im All-inclusive-Leben.

Die kurze Einmaligkeit im Jahreszyklus ist ausgewalzt für Umsatz. Wenn es dann wirklich Advent und Weihnacht ist, dann ist die Einmaligkeit längst rundgelutscht und zur Endlosschleife verkommen.   Bei Endlosschleife fällt mir ein, wo ist Georg Michaels „Last Christmas“?

Hans-Herbert Jenckel

Über jj

Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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21 Antworten zu Glänzende Geschäfte

  1. Simone Krüger schreibt:

    Hallo Herr Jenckel,

    Ihre überraschenden Entdeckungen und Beobachtungen, schreiben Sie, nährten und kräftigten in stillen, nachdenklichen Augenblicken christlicher Einkehr den wachsenden Verdacht in Ihnen, es gehe bei der spätsommerlichen, ekelerregend hemmungslos giergetriebenen Entfesselung der früh-, vor- und hochweihnachtlichen Kommerzorgie im lichterdurchglänzten Kaufhaus Lüneburg, welche die Menschen im Namen unseres lieben Heilandes und Erlösers in einen halbjährigen Rausch des besinnungslos lechzenden Gaffens, Raffens und Anschaffens hineinpeitschen und darin gefangen halten soll, gar nicht um den Glauben an Gott, sondern um den Glauben ans Geldverdienen.

    Sackerment!

    So hatte ich die Sache noch gar nicht betrachtet. „Kaufsucht, auch Oniomanie genannt“, lese ich, durch Sie sensibilisiert, jetzt aber zusätzlich auf der Seite der AOK, „ist heute neben Spielsucht und Bulimie eine der häufigsten Formen gesundheitsschädlicher Verhaltenssucht. Obwohl das Krankheitsbild in der Medizin seit über 100 Jahren bekannt ist, hat sich das öffentliche Bewusstsein dafür erst in diesem Jahrzehnt entwickelt. Grund dafür ist die rasant zunehmende Häufigkeit dieser psychischen Störung.“ >> https://www.vigo.de/de/behandeln/krankheiten/psychische_erkrankungen_1/kaufsucht/_ich_kauf_mir_was____woher_kommt_die_kaufsucht_.html

    Über die Ursachen dieses beunruhigenden soziopathologischen Phänomens und darüber, was prominente Lüneburger Geistesgrößen gegen diese bewusstseinstrübende Seuche tun wollen, sollten Sie recht bald einmal mit Heiko Meyer und Michael Zeinert in Ihrem „11:30 Uhr-Format“ sprechen.

    Ist Ihnen übrigens schon aufgefallen, dass der Weihnachtsmann 🎅 ohne Mütze und Mantel aussieht wie ein ganz normaler Alkoholiker?

    Und Herr Althusmann, bekennender Kirchgänger, bekannter Gummitwester, erster Seevetaler Wirtschaftsminister und stolzer Inhaber eines sonoren Timbres sowie eines bedeutenden Potsdamer Doktortitels, hat mich informiert, seit der Privatisierung des Weihnachtsgeschäfts im Jahre 1899 herrsche ein erbitterter Konkurrenzkampf zwischen dem Weihnachtsmann und dem Christkind. Während der Weihnachtsmann sich auf cooles Technikspielzeug und angesagte Kleidung spezialisiert habe, verteile das Christkind (mit seiner veralteten Vorstellung von Datenschutz und trotz des – disruptiven 😜 – Wunders der Digitalisierung für Ochs und Esel an der Krippe im Stall von Bethlehem) nach wie vor langweilige Holzfiguren und selbstgestrickte Socken. Momentan sei der Weihnachtsmann Marktführer, das Christkind halte sich zum Unmut der von ihm Beschenkten allerdings wacker.

    👏🏻 😇 🎶 ☃️ 🙏🏻 🎄✨ 🎠 ❄️ 💫 🌨 🤫 📈 🔝 🤑 💶 🏦 ⛪️ 👍🏻🤥 💩 🤮

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  2. Klaus Bruns schreibt:

    Nun stellen Sie Ihre Frage zur LZ, aber so, dass es sich der gemeine Mann versteht. LG
    ich hätte da eine. wird es in der zukunft auch weiterhin werbung als artikel getarnt im redaktionellem teil geben?

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    • jj schreibt:

      Bitte ein oder zwei Beispiele

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      • Klaus Bruns schreibt:

        herr jenckel, wenn die ihk ihre scherze als artikel bei ihnen tarnen kann, ist deren spende dafür bestimmt sehr willkommen. ich habe mich mit einem ehemaligen chef der ihk unterhalten. wir kennen uns schon sehr lange. als chef konnte er natürlich nicht so reden, wie er es heute tun kann. als langjähriger beobachter der szene und mit den informationen , die ich habe , weiß ich, dass es angebliche interviews gab, die so nie stattgefunden haben.

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      • jj schreibt:

        Da muss ich passen- wer für Interviews bezahlt wird, und das nicht von seinen Verlegern, sondern vom Interviewten, verstößt gegen den Pressecodex und muss mit schwerwiegenden Konsequenzen rechnen.

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  3. Otto Berg schreibt:

    „LZ im Dialog“ heißt die vorgezogene Weihnachtsaktion der Landeszeitung und Knecht Ruprechts, des stellvetretenden Chefredakteurs, der sich schon im Juli aus dem „operativen Geschäft“ zurückgezogen hat.

    Glänzende Geschäftsidee!

    Reklame- und Feedbackinstrument in einem. Hinter dem Konzept läuten die Glöckelein helle hervor, allüberall auf den Tannenspitzen sieht man goldene Lichtlein blitzen und droben aus dem Himmelstor sieht gewiss mit großen Augen das Christkind hervor!

    „Fragen zur gedruckten und digitalen LZ“ sollen gestellt und beantwortet werden. (Geht es in diesem Fall um den Glauben an den Lesergott oder um den Glauben ans Geldverdienen?)

    Und was das Schönste ist: „Neben einer besonderen Ausgabe können sich die Leserinnen und Leser auf Aktionen freuen. So wird im Facebook-Format ‚11.30 Uhr‘ der Spieß umgedreht, Hans-Herbert Jenckel wird interviewt.“

    Von wem, wollen Sie uns leider noch nicht verraten. Warum nicht? Zaudert der Oberuli noch?

    Darf ich einen Vorschlag machen? Stellen Sie sich dem ganzen Spektrum! Wählen sie nach dem Vorbild „Fernsehduell“ VIER Gesprächspartner: Klaus Bruns, Sascha Spoun, Norbert Kasteinecke und Wolf von Nordheim. Als Moderatoren sollten Sie Jens Kiesel und Karlheinz Fahrenwaldt bitten, die’s Ihnen sicher nicht abschlagen werden.

    Und dann schallt’s alsbald live über Buden und Christkindilluminationen hinweg: „Jenckel, auf die Plätze, fertig, los. In siebenunddreißig Sendeminuten öffnet der LZ-Onlinechef seine Wundertüte.“

    Wem etwas auf dem Herzen liegt, einfach eine Mail an jj@landeszeitung.de schreiben! Stichwort: „Von drauß‘ vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!“

    Antworten gibt’s nicht erst am 24. Dezember, sondern schon am 5. November.

    Bezug: https://www.landeszeitung.de/blog/lokales/2013562-jenckel

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    • jj schreibt:

      Sie, Herr Berg 🏔, trauen sich eh nicht. Da müsste man ja die Camouflage aufgeben✌️✌️

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      • Otto Berg schreibt:

        „Über dem Getümmel der Zeitgeschichte lebt die Sphäre des Philosophen und des Künstlers, abseits der Noth.“

        (Friedrich Nietzsche: Kritische Gesamtausgabe der Werke und Briefe, herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Berlin/New York, de Gruyter, 1967 ff. [hier 1978], Abt. 3, Bd. 4, Nachgelassene Fragmente Sommer 1872, 19[17], S. 9)

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      • jj schreibt:

        Nun stellen Sie Ihre Frage zur LZ, aber so, dass es der gemeine Mann versteht. LG

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    • Klaus Bruns schreibt:

      mein lieber Otto Berg, wir könnten uns dort treffen. man war so freundlich und hat mich eingeladen. nur mut, ich bin ja bei Ihnen. schmunzeln.

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      • Klaus Bruns schreibt:

        Otto Berg
        Der Philosoph als Hemmschuh im Rade der Zeit. Eigentlich schade. Gerade an Philosophen fehlt es in unserer Gesellschaft. Sie könnten das Rad schneller drehen.

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      • Otto Berg schreibt:

        Hallo Herr Bruns,

        wenn Sie dabei sind (was ich erfreulich finde), bin ich überflüssig. Ein Philosoph genügt. Außerdem gehören Sie, Herr Spoun, Herr Kasteinecke, Herr von Nordheim und Herr Jenckel alle derselben Alterskohorte an. Doch die Rolle des jovial berücksichtigten Nesthäkchens liegt mir gar nicht. Ich möchte nicht bloß darum immerzu recht bekommen, weil ich vierzig Jahre jünger bin.

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      • jj schreibt:

        So jung sind Sie ja gar nicht. Wieder so eine Übertreibung von Ihnen 😜😜

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      • jj schreibt:

        Ihre Fragen greife ich auf.

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  4. Geld ist keine Religion und hat keine Emotionen. Der 24.Dezember ist der Religions-und Emotionsaufholtag des Gewissens der Menschen für ein Jahr.

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  5. Christian Kuhlmann schreibt:

    Die Langenscheid-Redaktion hat das Weihnachtsjugendwort 2018 in diesem Jahr sogar schon Ende August bekanntgegeben. Es lautet „Festtags-Smegma“ und bezeichnet die Rückstände am Deckelgewinde des Sahnemeerrettich-Schraubglases, welches das ganze übrige Jahr ungenutzt in der Speisekammer steht. Pfui Teufel!

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  6. Klaus Bruns schreibt:

    herr jenckel, ihre frage kann man bei schluckwerder beantworten. im sommer werden die weihnachtsmänner für den winter hergestellt. das goldene kalb , wo christen gern ganzjährig hinterher laufen, hat es noch nicht ganz geschafft, alle menschen einzulullen. im himmel ist jahrmarkt ,wird aber bald überall die ersatzreligion werden. das problem mit bing crosby`s weiße weihnacht wird hier im norden aber stetig zunehmen. da nützt das goldene kalb auch nichts mehr.

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  7. Andreas Janowitz schreibt:

    Ich bin schon vor Jahren aus dem Verein ausgetreten. Die hängen nurnoch einem in weiten Teilen streichungswürdigen Buch nach. Wer tatsächlich einmal die Bibel gelesen hat, kann mir gerne versuchen zu erklären wesshalb die endlosen Namensregister und absurd komische Gebote, wie töte alle die Muscheln essen oder etwas anderes als Leinen tragen, nicht ersatzlos zu streichen wären.
    Die Rituale sind so leer wie der vorweihnachtliche Konsumrausch, nur eine Gewohnheit, wahrscheinlich aus purer Faulheit beibehalten.

    Es ist vielleicht noch ein Totenkult (im doppelten Sinne). Ein paar eifrige Gläubige klingeln dann und wann noch und wollen, wie seit 150 Jahren immer mal wieder, das baldige Ende der Welt verkünden. Hmm ja die Welt geht mal wieder unter (siehe dazu Offenbahrung).

    Es ist ja nicht so, das ich nicht an Gott glaube, aber meiner Erfahrung nach wird in der ev. Kirche genau wie in der kath. Kirche eine tote Doktrin gepredigt. Leere Rituale werden gepflegt. Die Bibel ist mit ihrem bronzezeitlichen Schöpfungsmythos einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit? Und anstatt sie als das zu betrachten wird immer verzweifelter an leeren Ritualen festgehalten.

    Für mich ist die Bibel ein Lehrbuch aus einer Zeit wo einer von Zehntausend lesen und schreiben konnte, in der Architekten Magier waren und mit fremdartigen Formeln Bögen und Türme erschufen. Ich gehe sogar soweit die Sinnflut als Überlieferung des grossen nacheiszeitlichen Meeresspiegelanstiegs zu deuten. Damals war der persische Golf eine weite fruchtbare Ebene, sehr ähnlich dem Niltal. Das Schwarze Meer ein riesiger Süsswassersee, der heute unter einer 80m Salzwasserschicht begraben liegt. Über Jahrhunderte steig dann das Wasser immer weiter und wurde schliesslich als Sinnflut nach Erfindung der Schrift niedergeschrieben.

    Aber nein kein Mensch hat die erste Bibel geschrieben, die muss ja von einer brennenden Hecke zitiert worden sein.
    Aber nein es muss ja eine riesige Hand Adam aus Schlamm geknetet (diesmal nicht den Lehmgolem) haben und nachdem der dann zulange an sich herrumgefingert hatte wurde aus einer seiner Rippen Eva. Wo wir beim rumfingern sind…

    Wenigstens von den Protestanten hätte ich erwartet die Cum-Ex „Geschäfte“ als das zu verurteilen was sie sind: kriminell. Nicht in irgend einem Gastbeitrag, sondern am Sonntag vormittag.
    Wenigstens von den Protestanten hätte ich erwartet das Oberlehrerhafte abzulegen, die eindimansionale Ansprache zum Dialog zu machen.
    Wenigstens von den Protestanten hätte ich erwartet die mutwillige Beschädigung unserer Arche zu beklagen, den Raubbau an natürlichen Ressourcen, die katastrophalen Folgen Chernobyls jeden Sonntag auf´s neue…

    Mein letzter Sonntag vormittag war reine Zeitverschwendung, nur sinnloses rezitieren wie es die Koranschüler nicht besser könnten. Betäubernder Singsang, irgendwie das eigene Ende betrauernd an toten Traditionen klammernt aussitzen. So ereilt die Kirchen dasselbe Schiksal wie die einstigen Volksparteien- sie haben keinen Nutzen für unseren Homo oecomomicus und werden als Kostenposten wegrationalisiert, ersatzlos gestrichen.

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