Lüneburg kommt zu spät für den Titel Welterbe

Das Lüneburger Rathaus ist ein Traum, das Innenleben von großem kulturgeschichtlichen Wert – aber eben kein Weltkulturerbe. Foto: jj

Lüneburg, 4. November 2021

Lüneburg hat ziemlich dick aufgetragen. Das schrieb ich vor einem Jahr zum neuerlichen Versuch, auf die Weltkulturerbe-Liste zu rutschen. Die Quittung kam jetzt. Auch im dritten Anlauf hat es die Hansestadt Lüneburg nicht einmal auf die Vorschlagsliste für den Tourismus-trächtigen Titel der UNESCO geschafft. Dabei hätten es Stadtverwaltung und Rat bei nüchterner Sicht besser wissen können.

Wer zu spät kommt
Bereits vorher war Lüneburg zweimal mit dem Versuch gescheitert. Und das liegt nicht daran, dass die tausendjährige Salzstadt keine großartige Baukultur vorweisen könnte, die es zu bewahren gilt. Nein, diese Hansestadt hat sich einfach zu spät um den Titel gekümmert. Lübeck, Wismar oder Stralsund hatten da längst mit ihrer Giebel- und Hansekultur in ihren Altstädten die Welterbe-Plätze besetzt.

Beschäftigungstherapie
Im dritten Anlauf nun mit Renaissance und Humanismus zu punkten, wirkte denn auch eher bemüht. Mitarbeiter hatten zwar Erkenntnisgewinn, einige glaubten aber selbst kaum an die Sache. Vermutlich hat sich Lüneburg verführen lassen, weil Niedersachsen noch Platz auf der Vorschlagsliste hatte. In jedem Fall gilt, was im November 2020 im Blog stand: Es grenze an Beschäftigungstherapie. 

Die Ablehnung, heißt es von der Stadt, sei mit einer Empfehlung verbunden: Die Hansestadt möge doch prüfen, sich „für ihr reiches Erbe, insbesondere der einzigartigen Überlieferung zur norddeutschen Reformation und deren Auswirkungen auf Musik und Buchdruck“ zum Beispiel für die Kategorie Immaterielles Kulturerbe zu bewerben.

Meine Hoffnung ist eher, dass der neue Rat und die neue Oberbürgermeisterin die Finger davon lassen und stolz darauf sind, künftig für so eine schöne Stadt ihr Bestes zu geben. Ich denke, Bach-Stadt, Heine-Stadt, jetzt auch Kant-Stadt – das reicht doch.

Hans-Herbert Jenckel

Über jj

Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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7 Antworten zu Lüneburg kommt zu spät für den Titel Welterbe

  1. Hierzu gehört ohne Zweifel auch unser Hans-Herbert Jenckel. Durch seinen Einsatz auf vielfältigen Ebenen hat auch er auf seine Weise dazu beigetragen, dem kühnen Projekt Lüneburg Leben einzuhauchen. In seiner langen beruflichen Laufbahn als Journalist, Redakteur und Chefredakteur war es Hans-Herbert Jenckel stets ein Anliegen, nicht nur seiner journalistischen Pflicht nachzukommen und seine Leser in aller Objektivität zu informieren. Als Chefredakteur seines „Blog jj“, bediente er wohl in erster Linie die Interessen von Lüneburgern und versorgte sie mit wichtigen Informationen. Für seinen kompromisslosen Einsatz für Lüneburg verdient Hans-Herbert Jenckel Anerkennung.Lüneburg braucht Menschen und Journalisten seines Schlages. Mit meinen aufrichtigen Glückwünschen für unseren Weltkulturerbe Kandidaten verbinde ich die Hoffnung, dass Hans-Herbert Jenckel noch lange Jahre seiner Linie und seinen Überzeugungen treu bleiben möge.

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  2. Sandra Kruse schreibt:

    sanderthomasgmxde sagt[e]:
    19. November 2020 um 14:57

    tote Pferde zu reiten ist in LG eine beliebte Übung.

    Lüneburg träumt weiter vom Titel Weltkulturerbe – trotz trüber Aussichten

    ·

    Und Kant-Stadt? Sie haben Twain-Stadt vergessen: https://www.landeszeitung.de/lueneburg/353190-standort-fuer-mark-twain-gefunden/ Beide Herren haben nullkommanüscht mit Lüneburg zu tun, ja, die waren sich vermutlich nicht einmal der Existenz unseres Heidekaffs bewusst, spielen aber dennoch im „Stadtmarketing“-Geblubber neuerdings eine große Rolle. Warum nicht demnächst noch Arnold Schwarzenegger-Stadt? Sofern dieser Titel nicht schon für Heiligenthal reserviert ist: https://blog-jj.com/2021/08/01/keine-lust-mehr-auf-vize/#comment-14873 Oder Trump-Stadt? Bei dem kommt es auf zwanzig- oder dreißigtausend „Fake News“ mehr oder weniger ohnehin nicht an.

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    • Werner Burmeister schreibt:

      Eine vom Rat beschlossene Reitstunde für Kulturreferentin Katrin Schmäl und Museumsdirektorin Heike Düselder die den Steuerzahler 200 000 Euros gekostet hat, wenn ich recht informiert bin.

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      • jj schreibt:

        Völlig falsch, das wäre der Fall gewesen, wenn Lüneburg auf die Vorschlagsliste gekommen wäre. Hätte, hätte, Fahrradkette lg jj

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      • Werner Burmeister schreibt:

        Richtig, ich habe mich geirrt. „Die Kosten für eine Welterbe-Projektstelle werden zurzeit mit rund 200000 Euro auf drei Jahre kalkuliert. Und in der Begründung der Stadt heißt es weiter: ‚Trotz der relativ geringen Erfolgsaussichten der finalen Aufnahme auf die Welterbeliste, würde eine Bewerbung der Hansestadt Lüneburg zur Aufnahme auf die Tentativliste die Bedeutung des reichen kulturellen Erbes der Hansestadt unterstreichen und ins Bewusstsein rufen.‘ Das klingt fast nach Beschäftigungstherapie.“ So hatten Sie den aberwitzigen Vorstoß der beiden museal gestimmten Damen vor einem Jahr kommentiert.

        Hoffentlich hat die für die „Welterbe-Projektstelle“ vorgesehene Person trotz der damals schon „relativ geringen Erfolgsaussichten der finalen Aufnahme“ in den Kreis der städtischen Festangestellten sich im Modehaus Graubner nicht bereits, sozusagen im Vorgriff auf die dreimal 66.666 Euro Jahreshonorar bei Aufnahme auf die Tentativliste künftiger Gehaltsempfänger, eine neue Garderobe angeschafft – in der Meinung, repräsentativ eingekleidet vom Rathausbalkon herunter wenigstens drei Jahre lang „die Bedeutung des reichen kulturellen Erbes der Hansestadt unterstreichen und ins Bewusstsein rufen“ zu sollen.

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  3. Andreas Janowitz schreibt:

    Anstatt wehmütig einer vermeindlich besseren Vergangenheit nachzuhängen, wie wäre es mit dem Blick nach vorn?

    Blüht mir jetzt etwa das Neobiedermeier im herraufziehenden Altenstift Bunderepublik?! Mit schwindendem Augenlicht lauter weich gezeichnete romantische Versatzstücke? Sowas fehlt gerade noch…

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