In Krisenzeiten darf Lüneburg nicht piefig werden

Die Innenstadt ist im Umbruch. (Foto: jj)

Lüneburg, 23. September 2022

Auf Lüneburg kommen gewaltige Aufgaben zu: der Umbruch der Innenstadt und die Suche nach dem Touristenmagneten der Zukunft. In beiden Punkten wird sich zeigen, ob Lüneburg zu piefiger Provinz oder Powerplay neigt.

Wenn die Telenovela „Rote Rosen“ langsam Abschied nimmt von der Ilmenau, wenn die traumhaften Bilder der Hansestadt nicht mehr täglich bundesweit über die Bildschirme flirren, wenn aus den Touristenpulks nicht mehr der Ruf schallt: Wo finde wird das Hotel „Drei Könige?“, dann fragt sich: Wer wirbt künftig schlagkräftig für Lüneburg?

2023 ist die Rosen-Produktion noch gesichert, der Rest steht in den Sternen. Beim Werbeflaggschiff drängt die Zeit für einen Plan B. Denn ein anderer potenzieller Publikums-Renner als Ersatz wird Lüneburg verwehrt bleiben. Kaum einer glaubt ernsthaft, dass die Hansestadt im dritten Anlauf den Sprung auf die Weltkulturerbe-Liste schafft, die eine Lebensversicherung für blühenden Tourismus ist. Mit Giebeln und Backsteinen waren Stralsund, Lübeck oder Wismar schneller als Lüneburg. Der Versuch, die Heide als Welterbe zu platzieren, war eine fixe Idee. Jetzt ist die Kombi Renaissance, Humanismus und Lüneburg am Start. In meinen Augen auch eher gesucht und kaum so gut zu vermarkten wie Giebel und Backsteingotik.

Keine Zeit für Solisten

Um die Herkules-Aufgaben zu stemmen, muss vor allem das Lüneburg-Marketing mehr als in den letzten Jahren wieder Regie führen. Die neue Chefin Melanie-Gitte Lansmann hat in meinen Augen zwar einen riesigen Fehler gemacht, als sie die Sülfmeistertage 2023 absagte, das größte Fest mit Lüneburg-Kolorit. Aber Fehler darf jeder machen, nur nicht in Reihe und nicht nachhaltig. Und nachhaltig wäre es ein Fehler, sich nicht auf die Rosen-lose Zeit vorzubereiten. Die Stadt hat es verdient, bundesweit im Gedächtnis verankert zu sein. Bayreuth hat Wagner, Hamburg die Elphi und Sylt den Strand. Und Lüneburg? Alle Chancen.

Reallabor Innenstadt ist nicht neu

Der Umbrauch der Innenstadt, die unter Leerstand und anderen Krisen leidet, ist die zweite Hürde. Vor lauter Angst haben eigentlich alle den alten Spruch „Handel ist Wandel“ vergessen. Die Innenstadt ist nicht erst seit dem Experiment „Zukunftstadt“ ein Reallabor für „Try and Error“.

Es wird so gern vergessen, wie die Fußgängerzonen in den 60er- und 70er-Jahren aussahen. Da gab es noch jede Menge Einzelhändler. Dann boten Filialisten Mieten, die jede Fläche an Bäcker- oder Grapengießerstraße in eine Goldgrube verwandelten. Für die Eigentümer lockte der Vorruhestand im Golfclub. Jetzt ist wieder ein Umbruch angezeigt, allerdings weg von Gewinnmaximierung.

In der Krise wird sich weisen, ob die orthodoxe Kaufhaus-Lüneburg-Fraktion den Wandel aufhält und Zuschüsse in eine Sackgasse leitet oder ob die Erlebnisstadt-Fraktion doch genug Mut aufbringt, ins Risiko zu gehen. Ein gewaltiges Spannungsfeld.

Gefordert ist ein Praxis-Pakt aus den Experten der Stadtentwicklung, der brauchbaren Ergebnisse der Zukunftsstadt-Experimente, aus der Marketing GmbH und der Kaufmannschaft, Kneipe und Kultur, nicht, um noch einen Arbeitskreis zu gründen, sondern um die Ideen nicht nur in die Köpfe, sondern auch auf die Straße zu bringen. Planung ist gut, zu viel Planung der Tod.

Der Deutsche Städtetag hat die Parole ausgerufen: Die Innenstadt wird zum Ort des Wohnens, der Kultur, der Gastronomie, der Vereine und Verbände, der Begegnung und des Handels – Kommerz ist nicht mehr das alleinige Ziel.

Wer die letzten Jahre aufmerksam durch die schönen Ecken von Lüneburg geschlendert ist, ob an der Heiligengeiststraße, an der Schrangenstraße oder im Wasserviertel, der findet solche Orte, wo Einkauf, Café, Co-Working-Space vernetzt sind. Die Geschäftsleute mit Erfahrung und ohne Dollarzeichen in den Augen sind da, sie müssen nur befragt werden.

Für Wandel hat die Stadt jetzt Millionen eingeworben aus dem Förderprogramm „Resiliente Innenstädte“, genauer 3,95 Millionen Euro. Damit soll die Innenstadt bunter, klimagerechter werden. Die Ilmenau in der Stadt zum Beispiel soll zu einem Ort der Begegnung und Erholung werden oder der Marienplatz zu einem lebenswerten Platz. Der Begriff Resilienz ist selten dämlich gewählt, hört sich eher nach Krankheit als Widerstandskraft an.

After the Konsumrausch

Experimentierfläche Marienplatz. (Fotos: jj)

Am Experiment „Lieblingsplatz“ Marienplatz arbeitet sich die Facebook-Community ab, daran scheiden sich die Geister. Gleichwohl wären gerade dieses Experiment und der Marienplatz eine ideale Plattform, um ein pralles Programm aus Kultur, Kunst und Dialog aufzulegen, um Publikum zu locken, um den Wandel mit Genuss zu würzen. Es hätte einen Paukenschlag zur Ouvertüre vertragen. Doch schlimmer wäre es in jedem Fall, nichts zu versuchen oder das Geld in den Erhalt einer Idee zu stecken, die zwei Jahrzehnte im Konsumrausch funktionierte: die Filialisten-Flaniermeile. Ein paar Blüten gibt es im Fußgänger-Karree, aber leider auch charmlose Bubble-Tea-Buden, die sind nicht gemeint.

Was schreibt der Städtetag in einem Grundsatzpapier: „Bei der Umsetzung sind Durchhaltevermögen und ein konsequentes Handeln über alle Fachbereiche hinweg erforderlich. Ob Finanzen, Liegenschaften, Wirtschaftsförderung, Umwelt, Bau- und Stadtplanung, alle müssen ihren Beitrag zur Konzepterstellung und zur Umsetzung liefern. Dies umfasst gegebenenfalls auch neue organisatorische Zuordnungen und Strukturen in der Verwaltung, um eine effiziente und zielorientierte Umsetzung zu ermöglichen.“ Kreative, Kulturschaffende, Initiativen, die Innenstadt braucht euch!

Die Digitalisierung wird die temporäre Nutzung von Räumen weiter forcieren. Der Pop-up-Store ist womöglich das Modell in der Krise, das die Zukunft ebnet. Ein Geschäftsmodell für mobile wie innovative Vermieter.

Zurzeit ist Krisenmodus und Teile der Stadtgellschaft scheinen kaum bereit zu Veränderungen. Man will erhalten, was nicht zu erhalten ist. So bitter es ist, aber Veränderung nach dem Motto: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.“ führt nur dazu, mit viel Geld den Wandel auszubremsen oder anders gesagt, den Schmerz zu dehnen.

Wir leben in schweren Zeiten des Umbruchs, lokal und global. Nur eines ist sicher: Wir müssen aufbrechen, um nicht Schiffbruch zu erleiden.  

Hans-Herbert Jenckel

Über jj

Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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23 Antworten zu In Krisenzeiten darf Lüneburg nicht piefig werden

  1. Thomas Buller schreibt:

    Stadt und Land sind geprägt von der defizitären Haushaltslage. Da liegt es natürlich nahe gerade im Bereich der freiwilligen sozialen Leistungen zu sparen.Theater, Museum ,Sportvereine alles steht zur Disposition.
    Die Kürzungen des Landes bei den Tariferhöhungen des Theaters sind nun wirklich nichts Neues , nur neu sind die zunehmend fehlenden Mittel des Landkreises.
    Bei der Stadt sieht es nun
    auch finanziell nicht besser aus und auch wie es beispielsweise mit dem Salzmuseum weitergeht, ist erstmal völlig offen.
    Die Prioritäten wurden mit dem letzten Haushalt klar bestimmt, als über 70 neue Stellen in die Verwaltung eingeplant wurden.
    Und auch in der Politik ist wenig sichtbar, welchen Stellenwert das kulturelle Leben in Stadt und Land wirklich hat .
    Kommt es gar zur Konkurrenz der Kulturschaffenden , dass Theater oder Museen um Mittel konkurrieren?
    Die Frage von Herrn Berg ist insofern berechtigt. Was ist das Herzstück der Lüneburger Kulturszene und wenn nicht das Theater , was ist es dann und wo findet sie statt ?

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  2. Otto Berg schreibt:

    Lieber Herr Jenckel,

    zurück zum Thema. Zukunftsstadt Lüneburg: Piefprovinz oder Powerplayer, das war Ihre Frage.

    Sie erinnern sich bestimmt an unseren kleinen kulturpolitischen Gedankenaustausch vom 6. September 2022, in dessen Verlauf ich Sie um 18:36 Uhr bat, zu erläutern, inwiefern unser Theater tatsächlich noch „Herzstück der Lüneburger Kulturszene“ ist: https://blog-jj.com/2022/09/06/wer-hat-die-nase-vorn-im-wahlkreis-luneburg/#comment-17633

    Gestern war auf Seite 12 in der Landeszeitung untergegangen, der Lüneburger Landrat Jens Böther (CDU) habe Alarm geschlagen. „Das ist ein Notruf“, soll er am Dienstag, also vor zwei Tagen, „in einer Videopressekonferenz zur finanzielle[n] Situation der sechs kommunalen Theater Niedersachsens in Hildesheim, Celle, Göttingen, Lüneburg, Osnabrück und Wilhelmshaven sowie des Göttinger Symphonieorchesters“ verkündet haben.

    Das Land nämlich weigere sich, schreibt Michael Schäfer, „sich an der Finanzierung der Tarifsteigerungen des Theaterpersonals zu beteiligen“.

    Nicht mehr lange, dann komme die Insolvenz, sagte Jens Böther wohl deshalb voraus.

    Nach Ansicht Böthers müssten aus Steuermitteln die pandemiebedingten Mehrbelastungen der Bühnenhäuser aufgefangen, die Tarifsteigerungen eingefangen, die Sanierungsstaus abgefangen und mit der Erhöhung von deren Basisförderungen angefangen werden.

    Halten Sie es, lieber Herr Jenckel, für überzeugend, wenn Celles Kulturdezernentin Susanne McDowell die Forderungen Böthers „untermauert“, indem sie „auf einen massiven“ und wohl (nicht erst seit gestern und nicht nur für Nach-Corona-Zeiten) beispielhaften „Zuschauerschwund hinweist: Am Schlosstheater sei die Zahl der Abonnenten um 40 Prozent zurückgegangen, die Besucherzahlen gar um 76 Prozent“?

    Laufen denn den „Herzstücken der Kulturszenen“ die Zuschauer etwa deshalb weg, weil deren Finanzierung so prekär ist?

    Wer weiß da mehr? Lüneburgs ewiger Dramaturg Friedrich von Mansberg vielleicht?

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    • Herr Berg, schon mal daran gedacht, dass wir dank der Politik , schon genügend Theater haben und den Leuten nicht der Schuh an mangelnden intellektuellen Freuden drückt? Da lieb ich mir Didi Hallervorden. Seine Wühlmäuse kommen ohne Subventionen aus. Jetzt dürfen Sie mal raten, warum andere Theater grundsätzlich nicht gewillt sind , ohne Subventionen auszukommen. Ob die Politik dafür sorgt? Schmunzeln.

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      • Otto Berg schreibt:

        Lieber Herr Bruns,

        bitte lesen Sie mal hier: https://taz.de/Kultur/!5174129/

        Dort wird Ihnen deutlich, (A) dass der Zuschauerrückgang bei ALLEN öffentlich finanzierten Bühnen in Deutschland ein – mindestens – zwanzig Jahre altes Problem ist. Wie beim Verkehr, bei der menschengerechten Innenstadtkonzeption und beim Bau von „bezahlbarem“ Wohnraum für Familien mit Kindern hat die SPD-dominierte Stadtverwaltung mit ihrem ewigen Chef die Zeichen der Zeit über zwei Jahrzehnte ignoriert und, statt zukunftszugewandte Rahmenplanungen zu erstellen und abzuarbeiten, aufs Stückwerkbezuschussen und Löcherstopfen gesetzt.

        (B) Wird Ihnen deutlich, dass auch für die Geschäfte des 87 Jahre alten Blödelstars Dieter „Didi“ Hallervorden allerlei Sonderkonditionen gelten, die nur nicht „Subventionen“ genannt, sondern (denken Sie an „unsere“ Arena) als anderweitig hervorgewühlte „Mäuse“ bezeichnet werden müssen.

        Und (C) wird Ihnen vielleicht noch manche andere Parallele deutlich. So klingt es am Ende des Artikels erschreckend nach einem auch in Lüneburg nicht auszuschließenden „Kulturherz“-Infarkt: Dass nämlich der Betrieb bei den „Kunden“, also beim Publikum „quasi durchfallen könnte“ – und die Stadt damit dann erneut ein Problem hat – „ist durchaus denkbar. Der Standort ist schwierig, das Haus nicht mehr in der Diskussion, die Bühne ruiniert.“

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    • die stadtwerke flensburg stellen im laufe des jahres die bundesweite belieferungen von erdgaskunden ein. mir wurde zum ende november der vertrag gekündigt. jetzt soll eon die grundversorgung übernehmen. es wird ca . zweieinhalb mal teurer. bei mir bedeutet es ca. 500 euro im monat als abschlagszahlung. nur für gas.

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  3. Otto Berg schreibt:

    Lieber Herr Jenckel,

    zwei Dinge:

    1) Hier sind (Stand 16:53 Uhr) 11 Leserkommentare von Ihrer Zählfunktion angezeigt, aber nur 9 sichtbar. Wo sind denn die fehlenden beiden Zuschriften abgeblieben?

    Lieber Herr Berg, dass kann ich Ihnen leider beim besten Willen nicht erklären. Ich schaue aber gerne noch einmal im Spam nach.
    Was Sie über Uwe Dorendorf schreiben, mag interessant sein, hat aber so gar nichts mit dem Thema Lüneburg und Krise zu schaffen. lg jj
    PS: Habe noch einmal im Spam-Ordner nachgeschaut, aber da waren leider nur Kommentare aus Russland zu finden 🙂

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    • Otto Berg schreibt:

      Lieber Herr Jenckel,

      kann es sein dass Sie Ihre Bemerkungen nur darum direkt in meinen (erneut grundlos verstümmelten) Post geschrieben haben, um zu verschleiern, dass Sie mir mit dessen Freischaltung erst kurz vor 21:00 Uhr geantwortet und inzwischen die von mir um 16:53 Uhr (s.o.) monierten fehlenden (Bruns-, Sander-) Kommentare zwar freigeschaltet hatten, aber auch erst erst gegen 19:00 Uhr (und damit deutlich erkennbar durch meine Nachfrage veranlasst)?

      Wie passt denn zu diesem Manöver, dass Sie danach, also gegen 21:00 Uhr noch so tun, als müssten Sie zunächst kurz im Spam-Ordner schauen, ob sich das Gefragte darin findet, obgleich Sie bereits seit mindestens zwei Stunden wissen, dass dies gar nicht der Fall sein kann?

      Und jetzt möchten Sie mich in den Augen anderer sogar mit russischen Troll-Kommentatoren gleichsetzen?

      Denken Sie nicht, dass Sie mir nach über sieben gemeinsamen Jahren zum Wohle Ihres Blogs eine – öffentliche – Erklärung schuldig sind?

      Geben Sie mir vielleicht die Schuld dafür, dass Herr Sander Sie wegen Ihrer willkürlichen (und hanebüchen begründeten) Streichungen über mehrere Tage zur Rede gestellt, und Sie wegen Ihrer nach seinem Eindruck offenbar unzulänglichen Antworten als „Influencer“ und zuletzt sogar als „Blockwart“ (und nicht etwa als Blogwart) bezeichnet hat?

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      • jj schreibt:

        Lieber Herr Berg,
        ich verstehe, was die Freischalt-Arithmetiik von Kommentaren angeht, zwar nur Bahnhof, aber Ihre Mutmaßungen sollen durchaus ans Licht. Ansonsten bleibt es dabei, Beleidigungen und Schmähungen zu den Landtagskandidaten kommen nicht ans Licht, und ob Sie oder Thomas mich Blog- oder Blockwart nennen, das hatten wir alles schon. Mich können Sie gerne beschimpfen, die anderen nicht. Und wenn ich mir Ihren Kommentar so durchlese, frage ich mich doch, wer hier der Blockwart ist. lg jj

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      • Otto Berg schreibt:

        Lieber Herr Jenckel,

        wie kommt es, dass Detlef für die Energiepreisfrondeure oben seine Werbung schalten, aber Otto Berg nicht auf die großen Qualitäten der Regionalmarketingkonzepte von Uwe Dorendorf hinweisen darf? Hat das Trommeln für Straßenumzüge von tief-, weit- und querdenkenden Sanktionsprotestanten denn so viel mehr mit dem Thema Lüneburg und Innenstadt- bzw. Abverkauf- und Tourismuskrise zu schaffen?

        Wie auch immer: Ich glaube, wir beide können nun wieder abrüsten. Sie haben noch einmal hinreichend deutlich gemacht, dass Hans-Herbert Jenckel und Otto Berg nicht ein und dieselbe Person sind, was ja oft und gern aus interessierten Kreisen kolportiert wird.

        Ich werde weiter Ihr großartiges Forum nutzen, um launige Causerien zu posten, und dabei stets auf Ihre ebenso liberale wie altersmilde Großmut bauen.

        Im Grunde gilt doch cum grano salis* für uns vier, für Uwe Dorendorf, für Klaus Bruns, für Sie, lieber Herr Jenckel und für mich, was der französische Gewerkschafter und Anarchist Jean Barrué vor knapp siebzig Jahren über den anarchosyndikalistischen, antiklerikalen, pazifistischen und antimilitaristischen Freidenker Aristide Lapeyre gesagt hat:

        „Il avait beaucoup lu, mais son savoir n’avait rien de livresque. Il avait surtout beaucoup réfléchi à l’école de la vie. Ses conférences, ses causeries étaient sobrement préparées, fortement documentées, mais sans érudition ostentatoire. Pas de tirades ronflantes ni d’envolées lyriques : Aristide évitait les coups de gueule des ténors des meetings ! Il avait le respect de l’auditoire et du contradicteur : l’ironie blessante, l’invective n’étaient pas, à ses yeux, des procédés de discussion sérieuse et courtoise. Il possédait cette vertu, si rare dans les milieux politiques : la tolérance. Cette tolérance, qui n’est ni scepticisme, ni veulerie intellectuelle, mais le respect de l’individu et de la liberté de pensée, même – et surtout ! – chez l’adversaire, devrait être la vertu cardinale des libertaires.“

        Quelle: Les Amis d’André Arru. Libre pensée autonome. Centre International de Recherches sur l’Anarchisme (Lausanne), 2004, Seite 31.
        _______________

        * Übersetzung (wie immer) entweder in „Asterix – Der Kampf der Häuptlinge“ oder bei https://www.deepl.com/translator

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  4. Andreas Janowitz schreibt:

    Die „Rosen“ stehen doch symbolisch für das was kommt: der Dornröschenschlaf. Ein Neo-Biedermeier für das Altenheim Bundesrepublik. Diese „Ideen“ vom „Weltkulturerbe“, dem Rückbesinnen auf die schöne alte Zeit triefen doch gerade von Beharrung und zart gezeichnetem Biedermeier. Die Einkehr ins traute Heim manifestierte sich die letzten zwei Jahre mit dem Boom des „Heimwerkens“ geradezu prophetisch, in dem was an geronnenen Gedanken in die Realität gewerkelt wurde. Eine obskure Sehnsucht nach Geborgenheit im heimischen Luxus während draussen die Welt zugrunde geht.

    Alles Geld der Welt wird gehoben zum Erhalt des status quo. Für „Rettungspakete“ diverser Namen ist unendlich Kredit parat. Es wird von der „Renissance der Kernkraft“ fantasiert, die ihre eigenen herrablassende Triade verdiente.
    Die nächste Autobahn ist im Planungsverfahren, wirtschaftlich unbedeutend in Zeiten da „billiger Treibstoff“ zur Neige geht (was die eigentlich Essenz des „Peak-Oil“ darstellt), aber deswegen vertrauen wir ja auch auf die Märchen von 1980 als wir uns mit dem Gedanken vertraut machen mussten für Treibstoff überhaupt irgendwas bezahlen zu müssen. Welcher der geneigten Leser kann sich an die „gigantische Kostenexplosion“ noch erinnern? Von 50 Pfennig der Liter Benzin auf 1 Mark! Quasi über Nacht!

    Das Infrastruktur Lebenszeiten von 40-50 Jahren hat und damit Verhalten und Nutzung vordefiniert kommt offenbar niemanden mehr in den Sinn. Vorallem nicht wenn er geistig schon pastellfarben-verkleistert dem vergangenem nachhängt, als man noch jung und knackig die Zukunft vor sich hatte…

    Was es „früher“ so allerdings noch nie gab ist der Anteil zunehmend unzurechnungsfähiger Mitentscheider. Aufsässige Rentner deren grandiose Pläne uns genau hierhin geführt haben. Ich möchte keine 20 mehr sein, angesichts dessen was denen abseits der Scheindebatten und weichgespülter schönsprech Duldung reinsten Irrwitzes zugemutet wird.

    Insofern kann man auch davon ausgehen, das es auch weiterhin keinen Anreiz gibt überhaupt in die Innenstadt zu fahren (mit welchem Vehikel auch immer). Mit dem Internet kommt nämlich auch die Kultur nach Hause?! Wozu noch mehr pendeln im sowieso hart getakteten täglichen Rennen nach maximal Rendite? (Lebens)Zeit ist die Währung. Wozu also nochmehr davon für sinnloses hin und her fahren verschwenden? Welchen Mehrwert könnte eine Reise an die Brotbänke liefern? Wozu die Bäckerstr. heimsuchen? Es wird alles „auf dem Weg“ geregelt und an dem liegt die Innenstadt nunmal nicht. Besondere Preisvorteile können die sowieso nicht liefern, das bischen Marge quetscht schon die Retorte auf der ex-grünen Wiese bei Soltau raus?!

    Städte und Marktplätze gründen sich an Verkehrsknoten: seit immer!

    Natürlich ist Cargo-Cap keine ABM, kein mobiles Lager oder gar Gott bewahre ein Infrastrukturprojekt zur (Wieder)erschliessung der Innenstädte in sterbenden Mittelzentren. So wie`s ist braucht man die einfach nicht mehr. Nicht nur „online“ wird durch das Internet monopolisiert und zentralisiert, sondern das schwappt in die echte Welt- schlicht wegen der Skaleneffekte?! Cargo-Cap streckte die Verteilungszentren, diffundierte die Verkehrslast, witterungsunabhängig und mittels RFID in Echtzeit steuerbar. Ein republikweites vollautomatisches Hochregallager.

    So stehen wir an den Gestaden der Zeit, lauschen weiter dem Kiel über Grundgestein schleifend und wundern uns über die schnellere Fahrt anderer.
    Naja Dornröschen´s Heim bedarf ja auch der Pflege, schön aussehen soll`s ja schliesslich.

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  5. naja, trutschig reicht doch völlig, oder?

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  6. peter Hoffmann schreibt:

    jj danke für deinen blog. ich kann das nur unterstreichen.
    es ist keine Raketenwissenschaft in einer Stadt wie Lüneburg die Attraktivität emotional zu entwickeln,
    aber die Sülfmeistertage abzusagen, sondern daraus etwas besonderes zu gestalten, besonders arm

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  7. Frank Gätjens schreibt:

    Veränderungen und Neuorientierung leben wir in unserem Ladengeschäft mit großer Leidenschaft seit 30 Jahren: Neue Sortimente, stimmige Inszenierung uvm. Täglich freuen sich Besucher, oft Touristen und wünschten sich sehnlichst so ein Geschäft auch in ihrem Heimatort. Und wissen „die Lüneburger“ eigentlich was sie an uns und natürlich den vielen anderen inhabergeführten Geschäften für einen Schatz haben? Ich frage mich oft wo die lokalpratitischen Lüneburger ihren Worten auch mal Taten folgen lassen. Kaum sehe ich bei mir im Geschäft die freundliche Bäckerei- oder Käseverkäufer/in vom Laden nebenan, meine nette Arzthelferin aus der Bäckerstrasse, den Bankberater vom Sande der mal ein Geschenk sucht, oder Mitarbeiter der Stadt / Verwaltung / Stadtmarketing / LZ / IHK? Viele im Umkreis von nur wenigen hundert Metern wollen aber gar nicht wissen was schon ganz in der Nähe Schönes zu finden ist? Natürlich kommen auch ganz viele liebe Stammkunden, aber manchmal steht schon die Frage im Raum ob all die besonderen inhabergeführten Geschäfte die diese harten Zeiten bisher überstanden haben nicht mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung verdient haben!
    Danke für Ihren Beitrag Herr Jenckel 🙂

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  8. sanderthomasgmxde schreibt:

    Was piefig ist kann nicht piefig werden. Piefiger geht. Was wird aus einem Blogger der willkürlich Beiträge seiner Foristen kürzt oder ganz unterdrückt? Ich mache mir Sorgen JJ

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    • jj schreibt:

      Thomas, Beleidigungen, Schmähungen und Unterstellungen haben hier keinen Platz. LG jj

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      • sanderthomasgmxde schreibt:

        und wann eine Beleidigung, Schmähung oder eine Unterstellung vorliegt bestimmst Du im geheimen Kämmerlein aufgrund Deiner Mutmaßung? Ist das nicht ein ganz klein wenig piefig, bestimmen zu wollen wann eine Meinungsäusserung zulässig ist und wann nicht? Zugegeben, manches was hier zu lesen oder zu hören ist schwer erträglich. Sollten die Rezipienten aber nicht selbst entscheiden dürfen? Solange Du Dich nicht der Mittäterschaft, Beihilfe oder Anstiftung in Bezug auf Äusserungsdelikte belangbar machst, kannst Du es getrost unterlassen Dein Publikum zu bevormunden. Sonst betätige Dich doch in Zukunft als Influenzer, als Verwalter einer gleichgeschalteten Meinungsblase.

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      • jj schreibt:

        Lieber Thomas, wir reden hier über einen ausgewiesenen Experten, großartigen Rechercheur, der gerne austeilt und mutmaßt, ausgesprochen geschickt und weitschweifig, der aber unter dem Deckmantel mehrerer Pseudonyme austeilt. Und das, selbst wenn ich in Sachlichkeit bitte.

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      • herr jenckel, wie wäre es , hier nur die zu worte kommen zu lassen, die mit ihrem klarnamen posten? die es nicht tun, sind in meinen augen scheinheilige feiglinge. die nicht bereit sind, für ihre aussagen gerade zu stehen, sollten keine bühne bekommen. wer diskutiert schon gern mit geistern?

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      • sanderthomasgmxde schreibt:

        Es gibt beachtliche Gründe ein Pseudonym zu verwenden!

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      • jj schreibt:

        Angst, zu seiner Meinung zu stehen. Auszuteilen, ohne Gefahr zu laufen zum Beispiel. Aber es gibt natürlich viele andere Gründe. Es gibt hier nur einen inkl. Avatare, dessen Klarnamen ich nicht kenne. Der Rest ist mir bekannt. Und das bleibt auch bei mir. Macht aber die Kommunikation einfacher. Lg jj

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      • sanderthomasgmxde schreibt:

        selektiv negative Auswahl. Naheliegender scheint mir, dass der „ausgewiesene Experte, großartiger Rechercheur, der gerne austeilt“ usw. bei Aufgabe seines Pseudoyms eines Teils seiner „Quellen“ verlustig ginge. Wär schade! Der BloggerJJ muss nicht alles wissen, sonst wird er noch zum Blockwart.

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  9. Peter Luths schreibt:

    Viele vertiefungswürdige Anstöße, lieber JJ!

    Wichtig scheint mir, Klima, Konsum und Kultur gemeinsam zu denken und nicht einseitig Schwerpunkte zu setzen. Mobilität kommt hinzu.

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