
Prof. Claus Leggewie war Gast der Konferenzwoche der Leuphana.
Lüneburg, 27. Februar 2020
Lohnt eine Reise zum Mond? Mit Prof. Claus Leggewie allemal. Und der bekannte Politikwissenschaftler, Vater der Zukunftsräte, zieht aus dem Wettrennen zum Mond in den 60er-Jahren die Lehre: Wenn eine Vision verfängt, die „Energie auf einen Punkt fokussiert“, mobilisiert das Massen. Deswegen setzt er heute große Hoffnung auf Fridays for Future. Die Bewegung habe das wichtigste Ziel der Gegenwart im Auge, weltweit gehen Hunderttausende auf die Straße, um gegen die Vernichtung unserer Lebensgrundlage zu protestieren.
In der Konferenzwoche der Leuphana reiste Leggewie in seinem Vortrag erstmal vom 5. Stock des Libeskind-Baus ins All. Denn erst durch den Perspektivwechsel haben die Menschen die Verletzlichkeit der Erdkugel begriffen, und zwar durch das erste Farbfoto des Planeten aus dem All. Die Apollo8-Mission hat es 1968 geschossen: Im Vordergrund die pockennarbige Mondlandschaft und im Zentrum des unendlichen Dunkels die leuchtende Halbkugel des Blauen Planeten. „Earthrise“, eine Foto das Geschichte machte wie der erste Bericht des Club of Rome. Seither wurde von der Politik viel versprochen, aber viel zu wenig bewegt. Nicht zuletzt, weil die Gefahren für den Planeten damals irgendwie noch so weit in der Zukunft lagen. Diese Zukunft ist jetzt.
Für Leggewie ist der Mensch heute ein „Geisterfahrer ohne Plan“, der durch das Zeitalter des Anthropozäns irrlichtert und viel Schrott hinterlässt. Es ist das Zeitalter, in dem der Mensch und nicht mehr die Natur die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse bestimmt, und das sind namentlich Artensterben und Klimawandel. „Wir sind nicht mehr in der Lage unser Tun zu korrigieren.“ Aber die Folgen vielleicht abzufedern.
Auch deswegen sei FFF „das Beste, was uns passieren kann“. Seit der Arbeiterbewegung, der erfolgreichsten, zeigen solche Bewegungen, dass sie etwas verändern können.
Der Politikwissenschaftler, ein Alt-68er, ist heute Pragmatiker. Der größte Fehler der 68er sei es gewesen, dass sie die Parteien gemieden hätten wie der Teufel das Weihwasser. Für die Fridays-for-Future-Bewegung komme es jetzt darauf an, dass sie den Druck auf die Politik aufrechterhält, Aktivisten in die Politik, in Parteien gehen, in Zukunftsräte und andere basisdemokratische Organisation. Das sei um so wichtiger, weil viele Aktivisten bald die Schule verlassen und in neue Lebensabschnitte gleiten. Solche Momente seien Zäsuren für Bewegungen. Leggewie ist es gleich, ob Markus Söder sich grün färbt, ob Schwarz-Grün oder Rot-Rot-Grün regiert, auf die Komponente Grün kommt es ihm an. Es braucht einen langen Atem, keine Revolution, aber steten Druck.
Aber es läuft zurzeit vieles in die richtige Richtung, da ist Fridays for Future, der Kurswechsel großer Konzerne und bei globalen Kapitalgebern zu mehr Nachhaltigkeit und der „Green Deal“ der EU, die Europa bis 2050 als erstem Kontinent das Prädikat „klimaneutral“ verpassen will. Dieses Ziel hat EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen als Europas „Man on the Moon“-Moment hochgejazzt. Hoffen wir mal für den Planeten, dass es so kommt. Und – da wären wir dann wieder mal bei der Reise zum Mond.
Hans-Herbert Jenckel
„Zum Nachdenken für Herrenreiter“ überschrieb Franz Kafka ein „Stückchen“, wie er es nannte, das er lange vor dem Erscheinen seines ersten Buches („Betrachtung“, 1913) verfasst hat (https://www.textlog.de/3887.html). Damit waren gewiss nicht in erster Linie die Mitglieder des Jockey Clubs gemeint. Selbst dann, wenn von Maulwürfen oder Hungerkünstlern die Rede ist, geht es bei Kafka immer auch um seine eigene Sache, die Literatur; um die gnadenlose Selbstbefragung eines Schriftstellers, der schon, bevor die erste Zeile dasteht, nur allzu gut weiß, worauf er sich einlässt.
„Nichts, wenn man es überlegt, kann dazu verlocken, in einem Wettrennen der erste sein zu wollen.“ So lautet der erste Satz. Auf sowas kommt man allerdings nur dann, „wenn man es überlegt“. Daran hat Kafka es nie fehlen lassen.
Der Ruhm, dessen sich einer sicher ist, „freut zu stark, als dass sich am Morgen danach die Reue verhindern ließe“, und die stellt sich sogleich „beim Losgehen des Orchesters“ ein. Auch müsse der Neid der Gegner schmerzen, bei denen es sich um listige, ziemlich einflussreiche Leute handle. Und sobald das Rennen beendet ist, „fängt es gar aus dem trüb gewordenen Himmel zu regnen an“.
Das alles gibt Kafka sich und allen anderen, die sich an einem Wettrennen um den ersten Platz beteiligen, zu bedenken.
Aber geht es bei dem Rennen, von dem hier die Rede ist, wirklich nur um die Literatur? Das zu glauben fällt schwer. Denn von allen, die immer und unbedingt die ersten sein wollen, sind die Schriftsteller, auch wenn es ihnen an Größenwahn nicht fehlen mag, wohl die harmlosesten. Auch wäre der „Aushilfsbeamte“ bei der Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen der letzte gewesen, der sich zu den Herren der Welt gezählt hätte.
Nein, ganz andere Reiter sind es, damals wie heute, die mehr Grund zum Nachdenken als Kafka hätten, bevor sie an den Start gehen.
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Ein Feld wird jedoch sorgsam ausgespart: die wirtschaftlichen Folgen der Mondmissionen.
Ohne die rein steuersubventionierten Mondmissionen wären wesentliche technologische Fortschritte kaum realisiert worden. Die Moduarisierung integrierter Schaltkreise und Quantensprünge in optischen Systemen waren nur durch die Mondmissionen möglich. Für die USA bedeutete dies eine reiche Ernte im Jahrzehnt danach:
Die Vorläufer des digitalen Video mit Farbfernsehen wurden wesentlich durch die Apollo TV Kamera angestossen und beeinflusst.
https://en.wikipedia.org/wiki/Apollo_TV_camera
Die primitiven Massenspeicher „Schieberegister“ erwiesen sich als Hemmschuh und in der Folge wurden CCDs entwickelt, welche „überraschende“ Nebenwirkungen zeitigten:
https://en.wikipedia.org/wiki/Charge-coupled_device
Die SRAM Entwicklung wurde wesentlich durch die Erfordernisse der Mondmission geprägt:
https://en.wikipedia.org/wiki/IBM_System/360_Model_44
Assembler und Compiler entwickelten sich rasant, womit die wesentliche Basis für eine Entfernung von rein technischer Gerätekommunikation zu benutzerfreundlichen User Interfaces namentlich „Fenstern“ gelegt wurde.
Die PC Revolution von Apple und das darauf basierende Windows wären ohne Apollomissionen nie möglich gewesen. AMD und Intel gäbe es heute so nicht.
Kein Konzernverbund hat je vergleichbare Leistungen vollbracht. Trotz im Vergleich gigantischer Ressourcen. Das Apolloprogramm machte nur einige Prozentpunkte des US BSPs aus. Die Konglomerate heutzutage machen mehrere 10er % des US BSPs aus. Wer heute immernoch Steuergeschenke an Konzerne als Allheilmittel preist ist geistig umnachtet.
Der schlagende Beweis das lange Konratjew Wellen und damit einhergehende Basisinovationen nur durch gerichtete steuerfinanzierte Investitionen angetrieben werden. Insofern wäre ein Kardaschow I Entwicklungsprogramm seitens der EU das einzig vernünftige. Geistesgestörten Aushiflsplutokraten darf unter keinen Umständen das Feld überlassen werden.
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Ah.. wie ich die einfältigen hören kann „Kardaschow I ? Was ist denn das für ein Spinner.“
Wären die 20 Mio. € in einen dieser Tische geflossen, das wäre Rendite gewesen.
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„Waldmann saß und hat hinaufgesehn, / und er sah die Welt wie sie verdorrte. / Plötzlich spürte er die Macht der Worte. / Später ist dann gar nichts mehr geschehn.“
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