Eine Million steht auf dem Spielplan und keine Resolution

Lüneburg, 1. September 2023

Heute reden wir mal über eine Million Euro. Das so ungefähr ist die Summe, die dem Theater Lüneburg im Jahr fehlt. Die Million lässt sich nicht mit guten Worten herbeireden und nicht mit Schulterklopfen herbeizaubern, liebe Politiker und Politikerinnen. Für die Million müsst ihr kämpfen, wenn ihr nicht bewusst das Flaggschiff der Lüneburger Kultur ramponieren wollt. 

Die Gutachter für die Theater-Sanierung, das zeigt sich diese Woche, haben es vor allem auf die größte Zahl an Personal abgesehen, und die sitzt nun mal im Orchestergraben. 29 Musiker die sie zur Disposition stellen.

Der Landkreis Lüneburg, der bereit ist, eine Elbbrücke für voraussichtlich mehr als hundert Millionen Euro mit einem Eigenanteil von rund 30 Millionen zu bauen, der eine Arena für gut 30 Millionen Euro gebaut hat, der sollte sich schon fragen lassen, was ihm als Hauptgesellschafter das Musiktheater wert ist. Der Kreistag trägt eine besondere Verantwortung, aber auch der Stadtrat als kleiner Gesellschafter.

Ich stelle mir gerade vor, wie für jedes Musikstück eine Gastspieltruppe ins Theater einfliegt, der egal ist, ob sie ihr Geld an der Ilmenau oder an der Weichsel verdient. Hauptsache günstig. Anreisen, spielen, abreisen. Ich stelle mir vor, welches Signal vom Ausverkauf der Musiksparte auf die anderen zwei Sparten des Lüneburger Theaters ausgeht. Und ich stelle mir vor, was alle zusammen, fast 200 Mitarbeiter auf und hinter der Bühne, über Lüneburg denken. Sie lieben dieses Theater, diese Stadt, sie mühen sich über Jahre, das Theater als ihr Zuhause zu erhalten. Und dann das. Eng ist es ja nicht das erste Mal.

Ich träume mal, und dann denk ich an das frühere Landtags-Duo Uwe Inselmann und Wolfgang Schurreit, die mit den Ministerpräsidenten Schröder und Gabriel enge waren wie mit den Spitzen von Stadt und Kreis, und die Lüneburg niemals in so einer Hängepartie allein gelassen hätten. Heute haben wir da niemanden mit so guten Kontakten. Ich möchte von dem aktuellen Landtags-Quartett bitte keine guten Worte hören. Nur Taten zählen.

Lüneburg hat leider auch kein ausgeprägtes Mäzenatentum wie Hamburg, wo legendäre Mäzene wie Greve, Gundlach, Körber, Töpfer oder Otto mit hanseatischem Understatement oft ganz still Großes geleistet haben. Das zumindest würde Luft verschaffen.

Lüneburg hat Immobilien-Mogule, die auf Sylt ein Wettrennen um die meisten Immobilien veranstalten, und in Lüneburg auch gute Geschäfte machen – weil Lüneburg eine attraktive Stadt ist. Auch wegen des Theaters. Wir haben große Lüneburger Unternehmer. Aber Mäzene? Fehlanzeige. Lüneburg hat Claassen und ansonsten einen agilen Freundeskreis, der aber mit dem Unterfangen überfordert wäre.

Es bleibt wie es ist, Stadt und Kreis und die Landtagsriege müssen Farbe bekennen.

Von den Gesellschaftern, oder genauer von Kreistag und Stadtrat, ist jetzt Kreativität, Netzwerken und eine klare Position in Cent und Euro gefordert, aber bitte, bitte, bitte keine Resolution und keine rhetorischen Luftblasen. Oder wie Scarlett O’Hara gerne in „Vom Winde verweht“ sagte: „Verschieben wir’s auf morgen.“ Geht leider nicht.

Hans-Herbert Jenckel

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Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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47 Responses to Eine Million steht auf dem Spielplan und keine Resolution

  1. Avatar von jj jj sagt:

    Auch die Grünen im Stadtrat und Kreistag wollen das Theater als Ganzes erhalten. Ihre Pressemitteilung bleibt vage.

    Theater: Kulturmagnet und Standortfaktor

    Das Theater Lüneburg muss als Dreispartentheater erhalten bleiben. Es hat sich über Jahrzehnte eine Leuchtturmfunktion im Kulturbetrieb von Landkreis und Hansestadt erarbeitet und entfaltet eine Magnetwirkung nicht nur auf die vielen begeisterten Zuschauerinnen und Zuschauer, sondern im Besonderen auch auf Kulturschaffende, die gern zu uns kommen und die Szene hier bereichern.

    Die Lüneburger Symphoniker bilden ein hervorragendes und im Wortsinne ausgezeichnetes Ensemble und mithin das kleinste Theaterorchester Deutschlands.

    Seine Mitglieder sind auch über die Tätigkeit am Theater hinaus vielfach in Stadt und Landkreis engagiert, etwa in den Bläserklassen der weiterführenden Schulen. Auch hier lassen die sich nicht mal eben durch Gastmusikerinnen und -musiker ersetzen.

    „Die Finanzierung des Theaters Lüneburg ist seit vielen Jahren ein Problem, dass die Politik viel zu lange vor sich hergeschoben hat,“ gibt Petra Kruse-Runge, Sprecherin der Grünen im Kreistag zu. „Die Idee aus dem vergangenen Jahr, Prozesse und Strukturen im Theater einmal professionell von außen zu durchleuchten, um das Potenzial für Kostenreduzierungen zu ermitteln, war gut. Wir sind gespannt, ob die Analyse, die uns ja erst Ende September präsentiert wird, über die bereits vorab veröffentlichten ‚Szenarien’ hinausgeht.“

    Ihr Amtskollege im Stadtrat, Ulrich Blanck, vermutet, „dass wir dann schwarz auf weiß haben werden, was im Grunde viele ahnen: Dass das Theater finanziell nur wenig zur Lösung beitragen kann und dass die Politik nun endlich Geld beschaffen muss.“ Die Grünen sind dazu im Austausch mit den Regierungsfraktionen im Landtag, denn die Zielvereinbarung mit Hannover läuft zum Jahresende aus und muss erneuert werden.
    Kruse-Runge und Blanck gehen davon aus, dass die Finanzierung des Theaters ein wichtiges Thema in den anstehenden Haushaltsberatungen auch hier vor Ort sein wird. Für beide steht fest: „Die Kultur und ihre Beschäftigten dürfen nicht die ersten Opfer der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen werden.“

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    • Avatar von Andreas Janowitz Andreas Janowitz sagt:

      Oha! Hier fliesst Herzblut. Wie an anderer Stelle erwähnt kann jeder € nur einmal ausgegeben werden.

      Auch die Buchungsgymnastiken „Seine Mitglieder sind auch über die Tätigkeit am Theater hinaus vielfach in Stadt und Landkreis engagiert“, auch wenn Musiklehrerersatzstellen zuweilen im Orchester eingesetzt würden, bliebe auch das nur eine Umlagerung der Kosten. Eine um sich greifende Sondervermögeneritis befällt die Bilanzen und schafft ein Dickicht aus Querfinanzierungen und Koabhängigkeiten, die jedwede Änderung im Keim erstickt. Ein Wildwuchs aus „Notwendig-“ und „Alternativlosigkeit“.
      Bis tumbe Zeitgenossen mit der Axt im Walde daherkommen und lauter Milchmädchenrechnungen präsentieren: 20% haben die schon. Gratulation.

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    • Avatar von Anne König Anne König sagt:

      Wer hat denn d a s geschrieben? „Kulturmagnet und Standortfaktor“? Endlich kommt mal eine*r frisch und floskelfrei zur Sache!

      Wem darf ein kleines, verschämtes Heideröslein gratulieren?

      https://gruene-lueneburg.de/home/blog/meldung/theater-kulturmagnet-und-standortfaktor-1-1 oder https://www.lueneburgaktuell.de/artikel/theater-kulturmagnet-und-standortfaktor/ Dickes rotes Fragezeichen ❓

      Wie viele „an ihrer Entfaltung arbeitende Leuchttürme mit Magnetwirkung“ hat Lüneburg derzeit eigentlich? Museum, „interaktive Riesenrutsche Black Hole“, Audimax, Bahnhof, Arena … Bei 50 hab‘ ich aufgehört zu zählen.

      Aber aus d i e s e m „Leuchtturm mit Magnetwirkung“ ragt überdies „seit Jahrzehnten“ ein „im Wortsinne ausgezeichnetes Ensemle“ hervor? Wie sähe eigentlich der Gebrauch des Adjektivattributes „ausgezeichnet“ ohne „Wortsinn“ aus?

      „Mithin“ ist ein leicht snobbi-tümelndes Adverb, das (wie seine armen Verwandten „deswegen“ oder „aus diesem Grund“) eine Schlussfolgerung einleitet.

      Inwiefern aber sollte „das kleinste Theaterorchester Deutschlands“ an die bildstarke Voraussetzung gebunden sein, dass aus einem „Leuchtturm mit Magnetwirkung“ ein „im Wortsinne ausgezeichnetes Ensemle“ hervorragt?

      Muss, wer „Bläserklassen in weiterführenden Schulen“ unterrichtet, zwingend auch an einem „Leuchtturm mit Magnetwirkung“ engagiert sein?

      Frau Kruse-Runge „gibt zu“, die „Finanzierung des Theaters Lüneburg“ sei „seit vielen Jahren ein Problem, das die Politik viel zu lange vor sich hergeschoben hat“.

      Ist Petra Kruse-Runge nicht ein „im Wortsinne“ schon „viel zu lange“ hauptverantwortlicher Teil genau dieser, „das Problem seit vielen Jahren“ vor sich herschiebenden „Politik“?

      Ulrich Blanck vermutet, „dass das Theater finanziell nur wenig zur Lösung beitragen kann“.

      Und Herr Blanck vermutet außerdem, „dass die Politik nun endlich Geld beschaffen muss.“

      Für Frau Kruse-Runge und Herrn Blanck steht fest: „Die Kultur und ihre Beschäftigten dürfen nicht die ersten Opfer der strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen werden.“ Bürgermeister Palesch in der Kommune Amelinghausen würde das Wort „Kultur“ vermutlich durch „Bade- und Rastkultur“ ersetzen.

      Doch wie sollte solches Opferwerden überhaupt möglich sein, wenn „die Politik“, also Frau Kruse-Runge und Herr Blanck, „nun endlich“ volle Pulle „Geld beschaffen“? Und wenn parallel manche Münze gar von den „Leuchttürmen mit Magnetwirkung“ herabregnet, weil besonders diese „viele zahlungsfreudige Zuschauer“ attrahieren, damit sie „die Szene hier – ‚im Wortsinne‘ – bereichern“?

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  2. Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

    Vielleicht würde es lohnen, Christoph Meyer einmal nach Lüneburg einzuladen, damit er im Vortrag vor Kreistag, Stadtrat und sämtlichen Theaterzugehörigen erzählt, wie er und seine Mitarbeiter sich die Bewältigung der bundesweiten Strukturkrise der festen Ensembles in der deutschen Theaterlandschaft denken – und wie sie diese angehen. Herr Meyer, 63 Jahre alt, ist Lüneburger und arbeitet seit 40 Jahren durchweg an großen Häusern wie in München, Mannheim, Köln, in Barcelona, Berlin, Granada, in Basel und in Leipzig mit Gastspielen in Saarbrücken, Paris, Venedig, Montpellier, Tokio etc. pp. – Seit 33 Jahren ist Meyer in leitenden Positionen tätig und wirkt seit Beginn der Spielzeit 2009/10 als Generalintendant der Deutschen Oper am Rhein, einer Theatergemeinschaft der beiden Großstädte Düsseldorf und Duisburg, die neben Oper und Operette/Musical auch Ballett darbietet. Sie verfügt über das größte Ensemble einer Oper in Deutschland und – einmalig in Deutschland – über zwei Stammbühnen, das Opernhaus Düsseldorf und das Theater Duisburg, und ebenso über gleich ZWEI Sinfonieorchester, die Duisburger Philharmoniker und die Düsseldorfer Symphoniker.

    Eine Bitte um Rat und Fingerzeige würde Meyer, den noch mancher feste Faden an seinen Herkunftsort bindet, sofern er Zeit findet, sicher nicht ohne Interesse und Wohlwollen bescheiden: https://www.operamrhein.de/menschen/christoph-meyer/

    Kontakt Intendanz: Tel. 0211 89 25 323 | intendanz@operamrhein.de | | Prof. Christoph Meyer: c.meyer@operamrhein.de

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    • Avatar von Emilia Peters Emilia Peters sagt:

      Ich kenne den Generalintendanten der Deutschen Oper am Rhein flüchtig. Ich hätte allerdings ein großes Problem damit, den hoch im Kurs stehenden Christoph Meyer überhaupt anzusprechen, er wäre ja nicht nur eine, sondern gleich drei Nummern zu groß für unser Theater.
      Wenn er tatsächlich noch eine tiefe Verbundenheit mit unserem (aus seiner Sicht) Provinznest hat, dann wäre es fabelhaft, würde er von sich aus den Kontakt aufnehmen und mit seinen Anregungen unser Theater aus den Tiefen des dunklen Ozeans holen können. Lüneburg wäre bestimmt „ready to fly“.

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      • Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

        Liebe Emilia,

        wenn Sie Christopherus flüchtig kennen und auch den Landrat und/oder die Oberbürgermeisterin flüchtig kennen, dann wäre es doch im Bereich des Möglichen (und nicht des Fabelhaften) angesiedelt, wenn Sie dort bekannt machten, dass auch drei Nummern zu große Lüneburger eine ebenso kleine, lümmelige Telefonnummer haben, wie Provinzhäuptlinge (w, d, m) und dass die Riesen durchaus mit einigen bewährten Erfahrungsrezepturen bei den Zwergen um die Ecke gebogen kommen könnten, wenn sie nur erst einmal gebeten würden und es dann um zweierlei ginge, intern (in der petiten Landessalzstadt) aufzumuntern und extern (in der grandesken Landeshauptstadt) zu beeindrucken – also zu HELFEN!

        PS: Der kleine Hans Stilett hat den großen Micha Montaigne übersetzt. Den Mut, das zu wagen, hatte dieser jenem eingegeben, als er ihm (400 Jahre bevor das mit dem sprachlichen Anverwandeln losgehen sollte) schrieb: „Ein kleiner Mensch ist ein ganzer Mensch, genauso wie ein großer“.

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    • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

      Mein lieber Herr Berg, ein Bewunderer antwortet mit ihren eigenen ,,Worten“. Schmunzeln: PS: Eine gutgemeinte Empfehlung von einem Ihrer Bewunderer: Bitte versuchen Sie doch während ein paar Tagen des Blog-Pausierens und des schriftstellerischen Innehaltens, Ihren überbordenden, Sie sicher auch quälenden Geltungs- und Rechthabedrang wieder in den Griff zu bekommen, um zum Selbstdenken und zum Platzieren s i n n v o l l e r Beiträge zurückzufinden. Einer, der es ehrlich mit Ihnen meint.

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      • Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

        Seh’n Sie, lieber Herr Bruns, dieses Pförtchen hatte ich für Sie angelehnt. Und Sie sind – wie erwartet – hindurch geschlüpft. Weil es keine Zufälle gibt? Weil Sie nicht anders konnten? Nein, ich weiß es besser: Weil Sie Ihre Zeit genutzt, Ihre Drangsal gebändigt und (statt sich von aufgeschnappten, halb verstandenen Sprüchen herumschubsen zu lassen) zum Selbstdenken zurückgefunden haben. – Toll! 😎 Zwinkerzwonker 😉

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  3. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    Otto Berg
    In der Politik passiert nichts zufällig. Wenn es doch passiert, war es so geplant.
    Franklin Delano Roosevelt. Bei Friedrich von Mansberg, ist es nicht anders. Warum etwas verändern, wenn man doch im Kern ein Konservativer ist?

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    • Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

      Sie bezeichnen sich doch gerne als Atheisten, Herr Bruns. Dann glauben Sie nicht an einen Schöpfungsplan. Wer nicht an Absicht und Vorherbestimmung insgesamt glaubt, wie kann der an i r g e n d e i n e n Bereich glauben, in dem „nichts zufällig“ passiert?

      Wollen Sie denn dem armen Herrn von Mansberg mehr an detailliertestem strategischen Organisationsgeschick, mehr an lückenlos deterministischer Arrangierkunst zutrauen als einem Gott?

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      • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

        Der menschliche Wille ist kausal determiniert. Planck unterscheidet aber das Erkennen und das Wollen. Es ist zwar prinzipiell möglich, den Willen in seiner ganzen Determiniertheit zu erkennen, aber nur von einem völlig unbeteiligten objektiven Beobachter mit einer göttlichen Intelligenz. Zu viel der Ehre für Herrn von Mansberg. schmunzeln. Mit einer göttlichen Intelligenz hätte er wohl rechtzeitig das Richtige getan. Das er es nicht getan hat , ist eben kein Zufall. Herr Berg , wollen Sie gern Recht haben? Wäre das ein Zufall? schmunzeln. P.S. Ich kopiere hin und wider gern, weil ich oft keine Lust habe, das Fahrrad neu zu erfinden.

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      • Avatar von jj jj sagt:

        Jetzt wird dem Bruns zu heiß.

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      • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

        Herr Jenckel-Herr Otto Berg
        es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wurde,
        Freud war „Determinist“, für den nichts zufällig geschah. Der psychologische Determinismus geht davon aus, dass „Reaktionen (Symptome) auf geistiger Ebene oder auf Verhaltensebene durch früher gemachte Erfahrungen (Zimbardo/Gerrig 2004, S. 616) bestimmt sind.28.01.2021

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      • Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

        Lieber Herr Bruns,

        drei Anmerkungen und ein post scriptum:

        1.) Ein unüberbietbar dummer Satz wie der, den Sie nun schon seit Tagen wiederholen, wird doch nicht dadurch weniger dumm, dass ihn ein berühmter Mann geäußert hat – oder geäußert haben soll.

        2.) Die ungemein verdienstvolle Website des „Zitatforschers“ Gerald Krieghofer (https://falschzitate.blogspot.com/), ein österreichischer Autor und Karl-Kraus-Experte, sollte jeder jedes Mal aufsuchen, bevor er mit einem Sinnspruch zu glänzen sucht, der andernfalls als Schmutzorden der Peinlichkeit an seiner – vermeintlichen – Bescheidwisserbrust müffelt. (Diese Info ist kostenlos und Sie dürfen sie gerne auch an das „Spruch des Tages“-Team um den Herrn Chefredaktor Lühr bei der LZ weiterleiten.)

        3.) Zu dem von Ihnen in den letzten beiden Tagen dreimal lancierten Quatsch meldet Herr Krieghofer nun aber ganz konkret: „Diese weit verbreitete unsinnige Behauptung hat noch niemand in einem Text oder in einer Rede des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt entdeckt, obwohl in Amerika schon viele Leute danach gesucht haben.“ (Ausführlich: ➝ https://falschzitate.blogspot.com/2020/11/in-der-politik-passiert-nichts-zufallig.html)

        PS: Eine gutgemeinte Empfehlung von einem Ihrer Bewunderer: Bitte versuchen Sie doch während ein paar Tagen des Blog-Pausierens und des schriftstellerischen Innehaltens, Ihren überbordenden, Sie sicher auch quälenden Geltungs- und Rechthabedrang wieder in den Griff zu bekommen, um zum Selbstdenken und zum Platzieren s i n n v o l l e r Beiträge zurückzufinden.

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  4. Avatar von jj jj sagt:

    CDU, SPD und FDP gehen in die Theater-Offensive

    CDU, SPD und FDP setzen beim finanziell angeschlagenen Theater und den Wegen aus der Krise auf Transparenz. Sie haben jetzt gemeinsam die Oberbürgermeisterin angeschrieben. Sie wollen, dass alle Ratsmitglieder über das Gutachten zur Sanierung der Theater-Finanzen, zügig informiert werden, das jetzt vertraulich im Aufsichtsrat und im Lenkungsausschuss vorgestellt wurde. Auf dem Tisch liegen die drei Vorschläge, das Orchester zu schrumpfen, abzuschaffen oder gar die ganze Musiksparte zu schließen, also aus einem Drei- ein Zweisparten-Theater zu machen.

    Klar ist dabei auch, das Verträge der Musiker eingehalten, Abfindungen gezahlt werden müssen, womöglich mehr Musiker wie jetzt schon (Lüneburg hat das kleinste Orchester überhaupt im Land) zusätzlich engagiert werden müssen oder gar ganze Orchester. Bis es also zu Einsparungen kommt, muss vermutlich erstmal viel Geld zusätzlich in die Hand genommen werden. Ob das so ist, all das könnte könnte man aus dem Gutachten ersehen, dass wir nun mal besorgen wollen.
    Hier der Brief an die Oberbürgermeisterin:

    Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
    Lüneburg,den 5.Sept.2023
    Stadtratsfraktion
    im Rat der Hansestadt Lüneburg
    wir, die unterzeichnenden Fraktionen bitten Sie, den folgenden Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung der Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg zu nehmen. Er sollte direkt nach der Genehmigung von Protokollen behandelt werden.
    ● „Das Theater Lüneburg als Bildungs- und Kultureinrichtung, seine Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und seine Bedeutung für die Hansestadt und den Landkreis Lüneburg.“ Präsentation des Intendanten des Theaters Lüneburg Hajo Fouquet und gegebenenfalls weiterer Personen.
    Begründung:
    Der Presse war am 1. Septemberwochenende zu entnehmen, welche Vorschläge im Gutachten zur Zukunft des Theaters Lüneburg gemacht werden. Diese Vorschläge werden zu analysieren und zu diskutieren sein, wie auch nach wie vor die Möglichkeit, das Orchester insgesamt zu erhalten. Dann wird eine Entscheidung zu deren Umsetzung zu fällen sein.
    Uns erscheint es wichtig, dass alle Ratsmitglieder aus erster Hand über die Stellung unseres Theaters in Stadt und Landkreis informiert werden.
    Auf dieser Basis erst lassen sich das Gutachten (das erst nach dem 21.9.23 veröffentlicht werden soll) und die darin gemachten Vorschläge sachlich einwandfrei bewerten. Daher möchten wir, dass der Intendant des Theaters Lüneburg, Hajo Fouquet, und gegebenenfalls weitere Personen gebeten werden, in der Ratssitzung vorzutragen.
    Für die Fraktionen
    Frank Soldan Uwe Nehring Wolfgang Goralczyk Hiltrud Lotze
    FDP SPD CDU

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    • Avatar von Berni Wiemann Berni Wiemann sagt:

      Geschätzter jj,
      das ist der erwartete politische „Showkampf für‘s (Wahl-) Volk“ ( vgl. unten). Das Problem der Unterfinanzierung hat sich seit 10 Jahre stets vergrößert. Aber erst nachdem ein externes Beratungsunternehmen viel Steuergeld „verbrannte“ will man bessere Lösungen finden. Wer erst jetzt wach/aktiv wird hat den richtigen Moment verpennt!

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      • Avatar von jj jj sagt:

        Geschätzter Berni Wiemann,
        Ähnliches könnte wir jetzt auch zur Brücke aufschreiben. Sie waren einer meiner ersten Gesprächspartner zu dem Thema. Und Sie wollten wissen, wie teuer das wird. Also der Bau zurzeit 100 Millionen. Der Weg dahin mit allen Planungs-, Gutachter-, Verwaltungskosten auch noch mal viele Millionen. Und am Ende steht: Sehenden Auges wird Steuergeld verbrannt.
        Der Unterschied besteht darin, dass das Theater real ist und die Brücke eine Vorstellung. Der Unterschied besteht darin, dass das Theater als Sanierungsfall kein attraktives Theater für die verbleibenden Sparten mehr sein wird. Schon Oberkreisdirektor Klaus Harries, und der war ein ausgewiesener Freund der Kunst, hätte das Theater am liebsten bespielt. Aber so eine Bude, ehrlich gesagt, hätte den Charme des Popeligen, nicht des Poetischen.
        Die Politiker werden nicht entlassen mit guten Worten und Anträgen, was sie jetzt tun, wird ihnen gerne nachgetragen. lg jj

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      • Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

        Friedrich von Mansberg, seit 2002 zunächst als Sänger, ab 2007 als Dramaturg für das Musiktheater und als Verantwortlicher für Schulkontakte, seit 2010 dann als der ewige Chefdramaturg des Hauses und seit 2011 außerdem als Stellvertreter des Intendanten und neuerdings sogar als der designierte Nachfolger von Hajo Fouquet im Amte des Intendanten An den Reeperbahnen 3 zum Spielzeitende 2023/24, — der saß parallel sechzehn Jahre lang (von Oktober 2006 bis November 2022), davon einen großen Teil seiner Zeit als Vorsitzender und dann als stellvertretender Vorsitzender, im Kulturausschuss des Rates unserer Hansestadt, also in dem Ausschuss, dessen Mitglieder alle wesentlichen Entscheidungen über die Umstände und Konditionen seines damaligen und heutigen beruflichen Tätigkeitsfeldes für das politische Plenum und die Verwaltung vorbereiten und vorbereiteten.

        Wie kann es sein, dass einer der sich befähigt wähnt, in neun Monaten die geschäftliche und künstlerische „Neuaufstellung“ dieses „finanziell in existenzielle Not geratenen Theaters“ (H.-M. Koch) anzugehen, also „mit Mut das Risiko einzugehen, in schwieriger Zeit Neues zu wagen und zu gestalten“ (F. v. Mansberg), so viele Jahre NICHT genutzt hat (zumindest nicht merklich oder gar erinnerlich genutzt hat), um nachhaltig wirksam „dafür zu kämpfen, dass dieses Theater, sollten grundsätzlich Veränderungen anstehen, nicht substanziell getroffen wird“ (H. Fouquet)?

        Fehlte Herrn von Mansberg der Ansporn? Fehlte die Durchsetzungskraft? Oder hat er etwa nicht „antizipiert“, was spätestens seit der bundesweiten Debatte von 2012 um den polemischen, – zugegeben: über weite Strecken grobschlächtig argumentierenden – , aber mutigen, anregenden und – um mit Frau Steger aus dem „Team Staudte“ zu sprechen – „die Richtung vorgebenden“ Sammelband „Der Kulturinfarkt. Von allem zu viel und überall das Gleiche“ (Knaur, München) unter Theaterleuten (und unter Volkswirtschaftlern) in aller Munde war? (Vgl. z. B.: https://blogs.faz.net/fazit/2012/03/27/der-kulturinfarkt-theater-und-museen-brauchen-keine-subventionen-326/)

        Wer, wenn nicht ein Fachmann mit Führungsambitionen am Schaltpult der zentralen kommunalen Steuerungsinstitution, hätte das Wagnis auf sich nehmen können, hätte es auf sich nehmen müssen, den überdeutlich Fahrt aufnehmenden Wandel schon vor zehn Jahren unaufgeregt, aber beharrlich ins allgemeine Bewusstsein zu heben, darin zu halten und auf präventive Maßnahmen zu seiner kontrollierten Bewältigung zu dringen?

        Warum kam da nichts?

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      • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

        Hallo Herr Wiemann
        was anderes erwartet? es wird noch schlimmer werden, schließlich ist nach der wahl auch immer vor der wahl. der unsinn kennt dabei keine grenzen. wo hat die politik nachhaltig probleme gelöst? es wird immer nur an den symptomen herum gedoktert, aber nie an der ursache etwas verändert. ja, ja, die liebe spätrömische dekadenz .

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      • Avatar von Dörte Watthagen Dörte Watthagen sagt:

        Herr Bruns,
        8 x tausendfach Ausgelutschtes aneinandergereiht. Das macht bitte 8 x 5 Euro ins Blog.jj-Phrasenschweinchen. Wenn Sie mit dem Aufsagen von Plattitüden in dieser Geschwindigkeit fortfahren, ist die erste Million zur Rettung des Theaters schnell beisammen.

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    • Avatar von Markus Schulz Markus Schulz sagt:

      Das ist doch mal ein vernünftiges Begehren. Warum das Gutachten nicht schon längst in die Hände der Ratsmitglieder gelangte, kann ich mir nicht erklären. Wird von Kalisch und Böther die Restauration der arkanen Mädge- und Nahrstedt-Diplomatie angestrebt?

      Auch gut zu wissen wäre, warum die städtische Theaterintendanz und die hiesige Kommunalpolitik sich immer erst dann zusammenrauft, wenn das Wasser der großen Not erneut bis zur Oberkante der Unterlippe steht. Sind denn die wiederkehrenden Probleme und deren strukturelle, sich immer mehr versteinernden Ursachen, wie sie Herr Kirsche weiter unten skizziert hat (https://blog-jj.com/2023/09/01/eine-million-steht-auf-dem-spielplan-und-keine-resolution/#comment-20958), nicht seit mindestens zwölf Jahren jedem in den Verwaltungen beider Häuser bekannt?

      Wenn nicht endlich gehandelt und der Laden auf Zukunfts- , ja, auf Überlebensfähigkeit getrimmt wird, entsteht hier neben dem Geldfressmoloch „Arena“ ein zweites Fass ohne Boden!

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  5. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    Sieglinde Brockholz
    ihre reaktion zeigt mir nur wie recht ich wirklich habe. die arroganz derer, die glauben, zur mittelschicht zu gehören, war noch nie zu überhören.

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  6. Avatar von Detlev Schulz-Hendel Detlev Schulz-Hendel sagt:

    Das ist erstmal richtig:gute Worte helfen nicht. Ich habe aber nie verstanden, warum ein solches Gutachten mit vorhersehbaren Ergebnissen erstellt wird, denn es suggeriert dem Land, wir können vor Ort Geld einsparen. Das war nicht gut. Dennoch werden wir die Gespräche auf der Landesebene mit dem Ziel die kommunalen Theater weiter zu stärken fortsetzten. Jetzt beginnen die Haushaltsberatungen 2024. Die finanzielle Situation ist dramatisch. Steuermehreinnahmen werden durch die Inflation aufgefressen. Es wäre schön gewesen, wenn Bernd Althusmann sich im letzten Jahr gegen den Sparminister Hilbers durchgesetzt hätte. Aber zurückblicken hilft nicht. Wir müssen jetzt gucken, was im Rahmen der Haushaltsberatungen auf Landesebene geht. Dazu bedarf es leider noch etwas Geduld auch wenn die Zeit zweifelsohne drängt.

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    • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

      Detlev Schulz-Hendel
      wenn man der mittelschicht ihre subventionierten ,spielzeuge,, wegnehmen will, ist diese natürlich immer am lautesten beim jammern . die unterschicht wird dabei natürlich nie gefragt. und warum wohl? sie kann sich selbst nicht einmal diese subventionierten preise leisten und nutzt diese einrichtungen eh nicht. also, alles wie gehabt.

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      • „Die Mittelschicht“? „Die Unterschicht“? Wo treffen Sie d i e beiden Damen denn, Herr Bruns? Am Wiesenweg, in der Buchhandlung von Anja Vogel und Team, wenn Sie dort Ihre Logentickets kaufen? Woher wissen Sie, wie die eine jammert und welche Einrichtungen die andere nutzt? Spionieren Sie denen etwa nach? Denn ein versnobter Intellektueller wie Sie, der einfach immer recht hat, vermutlich durchs unentwegte Lesen und ewige Studieren und strenge Vorträge halten, der wird sich doch nicht von zwei gewöhnlichen Abstrakta vollschnattern lassen? Andererseits, mit dem ständigen Aufsagen von papierenen Buchweisheiten kommen Sie im wahren Leben bestimmt auch nicht sehr weit.

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    • Avatar von Mario Biermann Mario Biermann sagt:

      Für Politiker*innen, die von ungezählten Anspruchsgruppen umlagert werden, ist „die finanzielle Situation“ immer „dramatisch“, Herr Schulz-Hendel. Oder kennen Sie ein*e*n, der*die irgendwann gerufen hat: „Kommet zu mir, ich will euch die Geldbeutel füllen“? (Von Gerhard Schröder und seinen Gazprom-Buddies wollen wir einmal absehen.) Ja, „es wäre schön gewesen, wenn Bernd Althusmann sich im letzten Jahr gegen den Sparminister Hilbers durchgesetzt hätte“ (er hat sich nirgendwo durchgesetzt), aber, wenn eine*r mit dem ausgestreckten Finger auf eine*n andere*n zeigt, wie Sie, Herr Schulz-Hendel, dann weisen drei Finger zurück in seine*ihre Richtung und es schallt aus vielen tausend Mündern: „Es wäre schön, wenn Detlev Schulz-Hendel sich in diesem Jahr gegen den Sparminister Heere durchsetzen würde!“ Es wäre auch schön gewesen, wenn Sie am Wochenende Arm in Arm mit Herrn Pols, Herrn Mädge, Herrn Soldan und Herrn Kohlstedt beim Theatertreffen dargelegt hätten, was genau Sie bei „den Gesprächen auf der Landesebene“ für die Lüneburger Theaterangestellten aller Sparten, Ebenen und sexueller Orientierung zu erreichen trachten. Aber der ersehnte Bummelbimmelzug aus Amelinghausen fährt ja leider noch nicht wieder wie in dem güldenen Mobilitätszeitalter der Osthannoverschen Eisenbahn. Wohl darum sind beide Herren Landtagsabgeordneten aus der Residenzstadt der Heidekönig*inn*e*n vom Lopausee nicht auf der Bildfläche erschienen.

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  7. Avatar von Andreas Janowitz Andreas Janowitz sagt:

    Achherje! Hier wird an etwas festgehalten was so längst nicht mehr existent ist? Wer ein Opernkonzert auf weltrang sehen will fährt nach Hamburg? Dort gibt es einen der weltweit Besten Opernsääle?! Wo sonst als in der „Elbphi“ kann man ein Klassikkonzert auf Weltniveau finden?! Hier in der Provinz dagegen ansubventionieren zu wollen entbehrt nicht einer gewissen Komik? Zugegebener massen ist die „Diskussion“ darum „provinziell“…

    „Unterhaltungstheater“ gibt es einfach nicht mehr? Die Zeit von „Ein Herz und eine Seele“ ist vorbei? Was früher „Unterhaltungstheater“ war ist volldigitalisiert bis hin zu den Plattformen?! Dem was daraus entstanden ist, den Rang von Kunst und Kultur absprechen zu wollen spiegelt nur ein neo-spiessbügerliches Weltbildchen wider.

    Das Geschichten imersiver erzählt werden und selbst das lineare Fernsehen eine überkommene Form ist wird nicht nur ausgeblendet, sondern schlicht nicht mehr verstanden. Das ist es was „Theater“ war? Geschichten erzählen?!

    Natürlich rede ich von „Filmen“ und „Spielen“. Was früher belächelt und mitleidig als „Kinderkram“ abgetan wurde, hat längst den Rang von Unterhaltungstheater?! Für die Masse der Konsumenten sind Computerspiele die Unterhaltungstheaterstücke von heute, nur das sie zugleich Darsteller und Regisseur sind? Wieso ist „NPC“ wohl eine „Beleidigung“? Ein „nicht-spieler-charakter“ als bedeutungsloser Füllstoff im eigenen Schauspiel, Staffage im Drama des eigenen Bühnenspiels.

    Wie „verblödet“ und kulturlos „das Volk“ wirklich ist, zeigt eindeutig der Wille aus Trotz eine Null-Lösungspartei mit gefährlich bekloppten Vorstellungen wählen zu wollen!

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  8. Stellenwert des Lüneburger Theaters sowie Orchesters in regionaler und kommunaler Politik?
    Warum eine Beratungsfirma bestellt wurde? Damit zukünftig ein CD Player im Orchestergraben spielt!.. was für eine zauberhafte Vorstellung! Wer will das?

    Es bewegt den Magen, die Einwendungen der Gutachtengelehrten gegen das Theater zu lesen, selbst das, was sie dabei zugeben, ist elend zugegeben. Die Politik verbiete unschuldige Vergnügungen gar nicht, sagen sie. Ein Kompliment, womit in der Tat der Politiker beim Weltmann wenig gewinnt, der ihm gewiß antworten kann: ES WÜRDE AUCH SEHR ELEND UM DIE Politik STEHEN, DIE SIE VERBÖTE.

    Wenn ich den Gutachtengelehrten raten dürfte, so sollten sie sich schlechterdings der Bühne nicht mehr widersetzen. Es ist nun zu weit damit gekommen, der Grund davon liegt in der menschlichen Natur.
    Laßt uns also den besten Gebrauch davon machen und Prinzen, Landräte, Minister, Bischöfe, und Superintendenten, besucht die Schauplätze/ Bühne in Lüneburg und dann bestraft den Schauspieler und den Dichter, der sich erkühnt in eurer Gegenwart etwas vorzubringen, das euer Ansehen mindern oder eure Sitten beleidigen.

    Der Engländer, der nicht lesen kann und nicht Zeit hat zu lesen, lernt die Geschichte seines Landes aus dem Shakespear auf der Bühne.

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    • Avatar von Hilde Thurneisen Hilde Thurneisen sagt:

      Es geht nicht ums Verbieten oder Erlauben, Detlef, es geht ums Bezahlen.

      Unter den Sinnsprüchen, die Georg Christoph Lichtenberg – fälschlicherweise – zugeschrieben werden ist dieser der passendste:

      „Es gibt Leute, die gut zahlen, die schlecht zahlen, Leute, die prompt zahlen, die nie zahlen, Leute, die schleppend zahlen, die bar zahlen, abzahlen, draufzahlen, heimzahlen – nur Leute, die gern zahlen, die gibt es nicht.“

      Fundstelle: https://www.lichtenberg-gesellschaft.de/pdf/Lichtenbergs%20Enten.pdf

      Hinzu kommt, dass heute die eigenhändy*ig digital-medial konditionierte Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsfähigkeit vieler Gymnasiallehrer, vieler IHKLW-Manager und vieler Mitglieder aus dem Verein Lüneburger Kaufleute (von 1912) dem Genuss von Kunststücken mit einer Aufführungslänge von durchschnittlich drei Stunden nicht mehr gewachsen ist. Das mindert die Lust, sich von einer stehenden Schaubühne herab die eigenen Unzulänglichkeiten vor Augen und Ohren stellen zu lassen, selbst wenn der Pausen-Champagner noch so verlockend schäumt und sprudelt.

      Die Zukunft histrionischen Treibens ist der Landtag — oder das Produzieren von „Weltliteratur to go“.

      Hier ein Klassikerformat mit Überlebenschancen:

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      • Avatar von Tobias Mindernickel Tobias Mindernickel sagt:

        Warum nicht die Champagner-Pausen auf drei Stunden dehnen und die Vorstellungen auf das wirklich Notwendigste beschränken? Hier die noch kompaktere Version für den ganz kleinen Kulturhunger zwischendurch:

        Mit lieben Grüßen aus Lübeck

        T. Mindernickel

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  9. Avatar von jj jj sagt:

    Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt sendet folgende PI.

    Viertes Szenario fehlt: Fortbestand des Orchesters in bisheriger Personalstärke

    Zu den jetzt von der Beratergesellschaft actori vorgestellten möglichen Szenarien für das Theater Lüneburg erklären die Fraktionsvorsitzenden Hiltrud Lotze und Uwe Nehring: „Ein Szenario fehlt gänzlich: Der Fortbestand des Orchesters in bisheriger Form. Das kritisieren wir.

    Wir kritisieren weiter, dass die Diskussion laut Landrat und Oberbürgermeisterin in den politischen Gremien erst zu einem bisher nicht genannten Termin im 4. Quartal 2023 stattfinden soll. Die öffentliche Debatte über die Zukunft des Orchesters ist bereits voll entbrannt. Eine wochenlange Hängepartie ist den Musiker:innen, die derzeit eine Phase größter beruflicher Unsicherheit erleben, nicht zuzumuten.

    Wir fordern deswegen die Verwaltung auf, das Gutachten in der nächsten Sitzung des Kulturausschusses am 27.09. öffentlich zu diskutieren. Die Theatermitarbeiter:innen und insbesondere das Orchester sind an der Debatte zu beteiligen. Wir erwarten weiter, dass der Wirtschaftsplan des Theaters für 2023/2024 zeitnah vom Aufsichtsrat verabschiedet wird. Das Theater braucht Sicherheit für die neue Spielzeit.

    Die drei Säulen Sprechtheater, Musiktheater und Tanztheater machen den Erfolg unseres Theaters aus; keine dieser Säulen darf eingerissen werden.

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  10. Im Jahr 2020 entfielen mit 31,4 % von insgesamt 14,5 Milliarden Euro fast ein Drittel der öffentlichen Kulturausgaben auf Theater und Musik. € 0,204 Mrd. (4,5 %) kamen vom Bund, 2,107 Mrd. (44,1 %) von den Ländern und 2,342 Mrd. (51,4 %) wandten die Kommunen auf. Pro Einwohner und Jahr beträgt die durchschnittliche Höhe der jährlichen Subventionen über alle Bundesländer gesehen 52,35 €. In Berlin werden pro Einwohner*in 122,78 € zugeschossen. Das ist der Höchswert. Weit unterhalb des Mittelwertes liegt Niedersachsen an viertletzter Stelle unter allen Bundesländern mit 32,66 €. (Siehe Abbildungen 4.1-2 (S. 33), 4.2-1 (S. 35) und 4.2-2 (S.35) hier: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Kultur/Publikationen/Downloads-Kultur/kulturfinanzbericht-1023002229004.pdf?__blob=publicationFile)

    Eine Bertelmannstudie ergab im Mai dieses Jahres (03.05.2023), dass es zwar für 91 Prozent der Menschen in Deutschland wichtig ist, die kulturellen Angebote in Theaterhäusern für kommende Generationen zu erhalten, dass aber 37 Prozent der Befragten noch nie in einem klassischen Musikkonzert oder in einer Oper-, Ballett- oder Tanzaufführung gewesen sind (Theateraufführungen: 10 Prozent). Viele 18 bis 29-Jährige haben das Gefühl, das Angebot richte sich gar nicht an sie (43 Prozent) – sie fühlten sich dort fehl am Platz (39 Prozent). (Siehe: https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2023/mai/enormer-rueckhalt-fuer-kulturangebote-in-deutschland)

    Und nicht nur aus Lüneburg wissen wir: Das öffentliche Theater ist in der Krise. Vor allem fehlt es an Geld. Allen ist klar, dass es nicht mehr gibt. Und an vielen Orten knirscht es deutlich: Rostock, Wuppertal, Trier, Hagen, Lüneburg. Öffentliche Theater sind dort, wo Kommunen arm sind (also fast überall außer im Süden des Landes), häufig unter wirtschaftlichem Druck, bekommen Sparauflagen oder es wird sogar über mögliche Schließungen diskutiert.

    Wie bei der Innenstadtproblematik wird auch beim Theater versucht, den anstehenden Strukturwandel mit Marketing-Kosmetik zu übertünchen: „Die deutsche Theater- und Orchesterlandschaft“ sollte vor sieben Jahren sogar in die internationale UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes eingetragen werden (https://www.unesco.de/kultur-und-natur/immaterielles-kulturerbe/immaterielles-kulturerbe-deutschland/deutsche-theater-und). Was das bedeutete, ist bis heute unbestimmt: Sollte mit dem Welterbe-Status einfach alles festgeschrieben, wie es jetzt ist?

    Was macht das Theater in Deutschland so teuer? so arm? so besonders? Die Antwort ist dreimal dieselbe: Das Ensembletheater.

    Was macht diese Form aus? Der Name sagt es: Es gibt ein festes, am Haus angestelltes Künstlerensemble. Hinzu kommen künstlerische Leitungen, also Mitarbeiter, die das Ensemble zu seinen künstlerischen Produktionen führen, Regie, Dramaturgie, Bühnenbildner. Im Musiktheaterbetrieb finden sich unter der Verantwortung des Hauses weiter die künstlerischen Gruppen, also das Orchester, den Chor, nicht selten auch ein Ballett. Schließlich findet sich in allen Ensemblebetrieben ein großer Apparat von technischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, die für die künstlerischen Produktionen die notwendigen sachlichen und technischen Voraussetzungen herstellen. Dann gibt es noch, wie in anderen Kulturbetrieben, die Öffentlichkeitsarbeit, inzwischen meist eine pädagogische Abteilung, dazu die Verwaltung. Geleitet wird der Betrieb in der Regel von einem Menschen, der mehr Künstler als Manager ist, in Lüneburg schon immer von einem Mann und jetzt sogar von einem Intendanten, der nie die Luft eines anderen Hauses geschnuppert hat (https://www.friedrich-von-mansberg.de/leben/).

    International ist diese Form eine Ausnahme. Nur der deutschsprachige Raum, also Deutschland, Österreich und die Schweiz (hier aber nur die deutschsprachigen Regionen), kennt sie als Normalform. Auch die Theaterdichte ist in diesem Raum außergewöhnlich groß. Nirgendwo auf der Welt gibt es so viel öffentliches Theater wie in Deutschland, nirgendwo auch so viele Orchester.

    Wofür beanspruchen Theater öffentliches Geld? Was ist der öffentliche Auftrag? Kulturpolitik hat entschieden, dass Theater kulturell wertvoll und also förderwürdig ist. Dieses Wertvolle mag sich darin ausdrücken, dass sie gelegentlich die Wirklichkeitssicht von Zuschauern irritieren. Oder darin, dass die Auseinandersetzung mit dem dramatischen Stoff des Menschlichen lebendig gehalten wird. Es mag darin liegen, dass sich die Besucher an den edlen Haltungen der Klassiker laben können oder an der Schönheit der Musik Wagners. Darin, dass der eine oder andere Fremde zu Besuch kommt und vor dem Theaterbesuch einen Espresso trinkt. Schließlich mögen die Pausen wertvoll sein: Im Theaterfoyer – wo sonst? – kommt die Zivilgesellschaft einer Stadt zusammen, kann sich selbst als wirk- und gestaltungsmächtig erfahren – und für nächste Geschäfte vernetzen. Die Liste ist unvollständig. Alle Fördergründe aber richten sich darauf, dass Theater gespielt wird, nicht aber darauf, wie es produziert wurde. Doch gerade dieses „wie“ steht im Mittelpunkt, wo es um das Ensembletheater geht.

    Die Strukturentscheidung, ein festes Ensemble in einem Theater zu unterhalten, legt fest, wie am Theater gearbeitet und gewirtschaftet wird. Wie sieht es – cum grano salis – in Lüneburg aus? Das Ensemble (manchmal mit Gästen) bestreitet pro Saison im Schauspiel in allen drei Häusern 15 Premieren und 5 Wiederaufnahmen. Das heißt, dass 15 Mal ein vollständiger Probenprozess durchlaufen wird und 15 Mal der vollständige technische Produktionsprozess eines Stücks. Fünf Mal ist es weniger aufwendig. Um alles zu schaffen, braucht es Probenraum, Lagerraum, Transportkapazität. Aber vor allem braucht es Zeit und Personal. Es wird am Theater intensiv und dicht gearbeitet. Ensemblemitglieder wie technische Mitarbeiterinnen des Theaters haben schon einen langen Tag hinter sich, wenn sich abends der Vorhang hebt. Wenn das eine gespielt wird, muss schon das nächste und übernächste Stück geprobt und gebaut werden.

    Wie oft wird ein Stück aufgeführt? Das Theater kann nur so oft spielen, wie der lokale Markt nachfragt. In Lüneburg mögen dies 8 oder 10 Aufführungen sein. Danach ist der gesamte Aufwand, der in die Produktion des Stückes eingegangen war, die Probezeit, das Bühnenbild, die Kostüme, die Lichteinstellung, das Wissen der Technik, der Text und das Spiel in den Körpern und Köpfen der Schauspieler, abgeschrieben, wertlos. Weil so viel Verschiedenes produziert wird, muss der technische Apparat hinter dem Ensemble groß sein. Die Ensembles sind nur ein kleiner Teil des Personals am Ensembletheater.

    Eine Verminderung der möglichen Abspielungen, etwa weil das Interesse am Theater oder an Inszenierungen nachlässt, hat eine betriebswirtschaftlich paradoxe Wirkung: Je weniger Abspielungen, desto mehr Produktionen müssen hergestellt werden. Denn das Personal ist ja da und muss beschäftigt werden. Außerdem ist eine Eigenquote zu erwirtschaften. So weist möglicherweise die Klage über die Unterfinanzierung des Theaterbetriebs in Deutschland darauf hin, dass eine Absatzkrise die Kosten des Betriebs erhöht.

    Eine Entwicklung, die durch Digitalisierung möglich geworden ist, betrifft die Oper, aber nicht das Schauspiel: Aufführungen großer Opernhäuser werden per Breitband-Datenübertragung hoher Qualität an andere Spielorte (etwa Kinosäle) übertragen und können in Echtzeit erlebt werden. Es mag dies ein Zeichen dafür sein, dass das Dogma, ‚Theater müsse ‚live‘ stattfinden, wenigstens in diesem Genre nicht mehr gilt.

    Ich fasse zusammen: Ein Theaterbetrieb mit einem stehenden Ensemble bedeutet die Entscheidung für einen kostspieligen Betrieb. Denn die Zahl der Produktionen ist hoch, die der Abspielungen hingegen klein. Das Theater braucht einen großen technischen Apparat. Die Arbeitsbelastung der Ensemblemitglieder ist hoch. Die Kosten steigen mit zunehmender Rasanz, wenn das Interesse des Publikums am Theater abnimmt — wie es in Lüneburg schon lange vor Corona der Fall war und auch heute der Fall ist.
    – – – – –
    Gibt es Alternativen? Machen wir ein Gedankenexperiment, trennen wir Betrieb und Ensemble: Dann gibt es hier Theater, an denen gespielt wird. Woanders finden sich Menschen zusammen, die Theater produzieren. Wie kommen die beiden zueinander? Ganz einfach: die Produktion reist zum Theater.

    Was würde sich in Lüneburgs Theater ändern, wenn es nur noch spielt, nicht mehr produziert? Das Theater muss die Programmkosten der Gastspiele inklusive Reisekosten tragen. Mit dem Wegfall der handwerklichen Gewerke verringert sich der Personalbedarf des Hauses radikal. Der Bedarf an baulicher Infrastruktur nimmt ab. Insgesamt ist mit einer deutlichen Senkung im Zuschussbedarf des Hauses zu rechnen. Weiterhin verantwortet und disponiert eine Intendanz das Programm.

    Wie sieht es bei einer Theatertruppe aus? In der Produktion wird der Aufwand höher. Aber selbst wenn er sich verdoppeln oder verdreifachen sollte: Die Kosten pro Aufführung sinken, denn die Produktionskosten verteilen sich nicht auf wenige, sondern auf eine große Zahl von Aufführungen. Allerdings gibt es unternehmerisches Risiko: Ein Stück muss ja erst einmal verkauft werden.

    Das System insgesamt wird schlanker. Der Aufwand des Reisens allerdings kommt hinzu, er vermindert die Einsparung. Was ändert sich für das Publikum? Nun, sie werden ihr Ensemble vermissen –, oder eben nicht. Es ist – wie beim Ensemblebetrieb – zu hoffen, dass den Besucherinnen und Abonnenten ein interessantes Programm finden. Dies ist und bleibt Aufgabe der Intendanz.

    Theatersysteme in anderen Ländern funktionieren genau so: Es gibt in Frankreich, um ein Beispiel zu nennen, mit der Comédie française genau ein Schauspielhaus mit Ensemble. Der Rest der Theaterangebote wird von reisenden Truppen bestritten. In Britannien sind die Verhältnisse ähnlich.

    Auch in Deutschland gibt es – besonders in kleinen Städten – Erfahrungen mit Häusern ohne Ensemble und mit Produktionen ohne Häuser, aber die dominante Form bleibt das Ensembletheater. Wenn die Dinge so liegen: Warum geht, angesichts der schwierigen Theaterfinanzen, von den schwächeren Standorten kein Druck auf einen Systemwechsel aus, der vom Ensembletheater wegführt?

    Interessen am Erhalt des Status Quo gibt es vielfach. Institutionen ist ein struktureller Konservativismus eigen. Immer gibt es ein starkes Interesse an ihrem Erhalt. Gäbe es dieses Interesse nicht, würde die Institution kaum längeren Bestand haben.

    Natürlich stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihr Theater ein. Langfristige Beschäftigung in einem geregelten tariflichen Arbeitsverhältnis oder zumindest für die Dauer einer Intendanz, ist nicht zu verachten. Diese Interessen sind sehr artikulationsfähig, öffentliches Auftreten ist Kernkompetenz eines Theaters. Überall dort, wo öffentlich gefördert wird, gibt es eine Tendenz zur Komplizenschaft zwischen den Verantwortlichen für die Förderung in der Verwaltung und den Geförderten. Beide Partner bestärken sich gegenseitig darin, dass sie Sinnvolles tun. Eine solche Komplizenschaft gibt es auch zwischen Theatern und den Medien, dem Feuilleton. Das Theater misst sich an der Berichterstattung im Feuilleton, dem Feuilleton erwächst Existenzberechtigung aus den vielen Theaterproduktionen. Interessenten am Theater sind natürlich auch die Besucher und Besucherinnen, die Abonnenten, eine kommunale Öffentlichkeit, mit dem Freundeskreis, den Premierenbesuchern. Auch hier werden Veränderungen in der Regel eher skeptisch gesehen, nicht wegen einer Fixierung auf die Form, sondern schlicht, weil Veränderungen irritieren.

    So ist umgekehrt zu fragen, ob es Interessen an einer Veränderung des Systems gibt. Und ob und wo diese Interessen stärker sind als die an einem Erhalt. Ein Veränderungsinteresse könnte allenfalls vom politischen System ausgehen. Es wäre getrieben von der Aussicht, Theater zu einem niedrigeren Förderbetrag zu erhalten. Politiker aber überlassen im Regelfall den geförderten Betrieben, wie sie arbeiten. Aus dem Theatersystem erfahren sie, dass das Ensembletheater alternativlos sei.

    Theaterdebatten gehen dann so: Die Politik verlangt pauschal Kürzungen, setzt diese gelegentlich sogar durch. Die Theaterbetriebe können entweder versuchten, im knapperen Rahmen zu wirtschaften, ihn unter besseren Rahmenbedingungen dann wieder auszuweiten. Oder sie sprengen den gegebenen Rahmen, machen Verluste, für die die öffentlichen Haushalte dann wieder einzustehen haben, wenn der Betrieb nicht eingestellt werden soll. Die Alimentierungspflichten für die Mitarbeiter bleiben bestehen; das schränkt den Handlungsraum von Politik weiter ein. Generell gilt: Politik ist nicht entscheidungsfreudig, sondern konfliktscheu: Am besten aus der Sicht des politischen Systems sind Maßnahmen, denen alle zustimmen. So gibt es in der Politik immer gute Gründe, die Dinge so zu lassen, wie sie sind.

    Bei Beharrungskräften im System spricht man in der Politik von „Pfadabhängigkeit“. Aus einmal getroffenen Strukturentscheidungen erwachsen Folgen, die die anfangs getroffene Entscheidung stabilisieren. Solche Pfadabhängigkeit entsteht im Theater zweimal. Zum einen unterliegt ein Großteil des Personals den Beschäftigungsbedingungen des öffentlichen Dienstes. Es ist fast nicht kündbar oder anderweitig einsetzbar. Wohin mit dem Orchestermusiker mit noch 18 Jahren bis zur Pensionierung? Zum anderen: Es gibt für die Bespielung der Häuser nicht genügend Anbieter, aus denen sich ein gutes Programm zusammenstellen lässt. Ein solches Angebot wird aber nur entstehen, wenn die entsprechende Nachfrage zu erwarten ist. Dem Angebot fehlt die Nachfrage, der Nachfrage das Angebot. So bleibt das System im Status Quo gefangen.

    Bleibt also alles wie es ist? Hier legt das Wort Pfadabhängigkeit eie Vorstellungsbild nahe. An Kreuzungspunkten, dort also, wo viele Pfade zusammenkommen, ist es wohl möglich, den Pfad zu wechseln. Hat man keine Landkarte, mag der Pfadwechsel chaotisch geraten. Aber man kann auf einen anderen Pfad kommen.

    Einige Städte sind in der politischen Auseinandersetzung über die Finanzierung ihrer Theater in den letzten Jahren einem solchen Kreuzungspunkt recht nahe gekommen. Wo Einsparvorgaben, die sich aus allgemeinen Zwängen zur Haushaltsgestaltung ergaben, in einer Kürzung resultierten, die im Rahmen der Produktionsweise eines Ensembletheaters sich weder erfüllen noch unterlaufen ließen, wäre zumindest für das betroffene Theater ein Systemwechsel zu vollziehen oder das Theater zu schließen.

    Vermehren sich solche Anlässe, so könnte der Markt für die Bespielung sich erweitern. Und es würden sich Kerne eines anderen Theatersystems entwickeln. Veränderungswiderstände würden löchrig, die Angst der Politiker vor Widerstand auffangbar mit Verweis auf schon existierende Gegenbeispiele. Weit entfernt wäre man dann noch von einem Markt, auf dem – wie etwa auf dem jährlichen Off-Festival in Avignon in Frankreich – mehr als tausend Theatercompagnien sich mit über 1.500 Stücken den booking agents der Theaterhäuser präsentieren. Aber es ginge in diese Richtung. In Amt Neuhaus rechts der Elbe könnte das „Haste-mal-ne-Arena“-Gespann Klaus Hoppe und Andreas Bahlburg zusammen mit ihrem langjährigen Kulturausschuss-Förderer Friedrich von Mansberg zeigen, wie man ein europäisches Theaterfestival zu einem einzigartigen, weltbekannten und wirtschaftlich erfolgreichen Event auf unserem einen und einzigen Planeten macht.

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    • Avatar von jj jj sagt:

      Wie Sie hier mit Kultur und Wirtschaftlichkeit balancieren, beachtlich, aber es ist auch der Blick in eine identitätslose Zukunft, beachtlich. Ich war zweimal auf so bespielten Veranstaltungen. Einmal im Audimax, es war grausam und grausam teuer. lg

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      • Auch die Darbietungen einer nicht „identitätslosen“ Zukunft können „grausam“ sein – und teuer sowieso, selbst dann, wenn Sie es nicht sofort zu 100 Prozent merken, weil 80 Prozent Ihres Tickets zunächst von „der Allgemeinheit“ aus Steuermitteln „finanziert“ werden.

        Mit schwammigem Wortgestöber von „Identität“, „Leuchtturm“ und „Standortfaktor“ verdeckt man nur seine Ratlosigkeit und seinen Unwillen, diese zu überwinden. — Und mit Beschwörungen der „guten alten Zeit“, in der „das Landtags-Duo Uwe Inselmann und Wolfgang Schurreit, die mit den Ministerpräsidenten Schröder und Gabriel genauso enge waren wie mit den Spitzen von Stadt und Kreis, und die die Lüneburg niemals in so einer Hängepartie allein gelassen hätten“, outet man sich als Nostalgiker mit viel Sinn für verklärende Heldengemälde, aber mit bedenklich wenig Sinn für illusionsfreie Gegenwartsbetrachtung und reguläre demokratische Abläufe, in denen nicht „gute Kontakte“, sondern gute Argumente zählen sollten.

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  11. Avatar von Thomas Sander Thomas Sander sagt:

    Schluss mit dem Theater! Diese Stadt braucht mehr Wasserspiele, Pissrinnen, selbstreinigende, deplatzierte, aufwändig getarnte Luxusscheisshäuser, Hafengeländer, Messingsalzeber, stylische Möblierungen, externe Berater und so weiter und so fort. Wann endlich wird der lt. Heine auf dem Rathaus befindliche „Kulturableiter“ (in Gold, vermutet Verf.) feierlich enthüllt und dem Publikum vor Augen geführt? Dies könnte einen nochmaligen Schub beim hiesigen Qualitätstourismus bewirken.

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  12. Avatar von Frank Soldan Frank Soldan sagt:

    Die FDP-Fraktionen im Kreistag und Stadtrat sagen dazu:

    Die Zukunft unseres Lüneburger Theaters muss gesichert werden.

    Ohne Frage ist das Theater Lüneburg nicht nur in der Lüneburger
    Kulturszene ein Leuchtturm, sondern es strahlt mit seiner sehr hohen
    künstlerischen Qualität weit über die Grenzen von Stadt und Landkreis
    Lüneburg in den nord-ost-niedersächsischen Raum und selbst darüber
    hinaus.
    “Das Lüneburger Theater wertet die Attraktivität Lüneburgs für alle hier
    Wohnenden auf. Sein Wert als Standortfaktor wird von Wirtschaftsleuten und
    Bildungsfachleuten immer wieder betont”, so Finn van den Berg,
    FDP-Fraktionsvorsitzender im Lüneburger Kreistag.
    Das hohe Engagement und das Können der Theaterschaffenden sind
    Ursache für die hohe Qualität der Aufführungen am Theater. Das führt mit zur
    guten Auslastung der Vorstellungen, die besser als in vielen anderen
    Theatern Niedersachsens ist.
    Das Programm – Musiktheater, Sprechtheater und Ballett – spricht die
    unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen in unserer Region an.
    “Unser Theater ist kein Luxusgut für ein kleines Bildungsbürgertum. Dafür ist
    das Angebot viel zu vielfältig. Gerade das breit aufgestellte Musiktheater
    spricht mit den unterschiedlichen Musikrichtungen alle Altersgruppen an,”
    sagt Frank Soldan, FDP-Fraktionsvorsitzender im Rat der Hansestadt
    Lüneburg. “Und zusätzlich bieten das TNT und die Junge Bühne tolle
    Kulturangebote für Kinder und junge Leute, sowie Erwachsene. Nicht zu
    vergessen die Extra-Veranstaltungen, die Konzerte und die Gastspiele.”
    Einig sind sich die FDP-Mandatsträger, dass das Musiktheater in seiner
    jetzigen Qualität erhalten bleiben muss.
    Das Ende des Musiktheaters könnte den Tod auf Raten des Lüneburger
    Theaters einleiten.
    Im 4. Quartal sollen zu den im Gutachten gemachten Vorschlägen (die schon öfter diskutiert wurden – und das ohne Gutachten) „politische Gespräche“ geführte werden. Da die Diskussion sowohl in der Bevölkerung als auch unter den Theaterschaffenden längst begonnen hat, ist das zu spät.

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    • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

      Herr Soldan was strahlt denn da so, dass niemand bereit ist ,kostendeckende eintrittspreise zu bezahlen? gerade ihre klientel könnte es doch bezahlen. die subventions-mentalität von den kleinen leuten wird doch gerade von der fdp immer wieder kritisiert. warum nicht die der eigenen klientel? angst vor der 5 % hürde? schmunzeln.

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      • Avatar von Frank Soldan Frank Soldan sagt:

        Herr Bruns,
        wo sind Kulturveranstaltungen, die sich die breite Mehrheit der Bevölkerung leisten kann, kostendeckend?
        Kultur darf nicht nur für einen kleinen Kreis erschwinglich sein und die Kulturschaffenden müssen angemessen verdienen.
        Kultur für alle muss von allen unterstützt werden.
        Oder wollen Sie keine Kulturangebote für alle mehr?

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    • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

      Herr Soldan
      Die Mittelschicht verteidigt ihre Ansprüche

      Diese Umverteilung ist gesellschaftlich höchst akzeptiert. Forderungen, die Transfers zu schrumpfen, scheitern regelmäßig am Vorwurf, das führe in die soziale Schieflage und zu gesellschaftlicher Ungerechtigkeit. „Die Befürchtung ist: Wenn man so eine Förderung abschafft, enteignet man immer Angehörige der Unterschicht, die irgendwie auch davon profitieren“, sagt der Sozialpolitik-Professor Martin Werding von der Ruhr-Universität Bochum.

      Das kann man auch frecher sagen: Die Mittelschicht verteidigt ihre Ansprüche. Statt dies offen auszusprechen – das schickt sich nicht – camoufliert sie die Bewahrung des Status quo als soziale Wohltat im Interesse der Armen. Das ist keine ungeschickte Legitimation.

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  13. Avatar von Berni Wiemann Berni Wiemann sagt:

    Geschätzter jj,
    glauben Sie noch an den Weihnachtsmann der uns mit unerwarteten Geschenken beglückt?
    Der Auftrag an externer Berater setzt immer voraus das das Problem seit langem bekannt ist, aber durch das eigene Management und die Gesellschafter (Kreis/Stadt-Politikern) entweder (aus mangelnder Erfahrung) nicht geklärt werden kann oder (mit Rücksicht auf eigene Interessen) nicht selbst gelöst werden soll. Der Kampfgeist für unser Theater hätte vorher geweckt werden müssen. Der jetzt beginnende „politische Showkampf“ ist nur noch sinnloses „Theater für’s (Wahl-) Volk“. Die Entscheidung für dramatische Einschnitte haben die „Aufsichtsrats“-Politiker bereits mit der Beauftragung externe Berater getroffen, deren hohen Honorare den Haushalt zusätzlich belasten.

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  14. Avatar von Hans Seelenmeyer Hans Seelenmeyer sagt:

    Nun ja. Das ganze Thema Subventionen für Theater-und Opernhäuser ist schwieriges Terrain. Der Eigenanteil bei den meisten Häusern liegt bei ca. 20-25%. Der Rest sind Subventionen, Spenden und andere Fördermittel. Da muss man sich wirklich fragen, ob diese Art von Kultur auch heutzutage noch ein Publikum findet? Und das bereit wäre, zukünftig deutlich höhere Eintrittspreise zu bezahlen. Ohne die staatliche Förderung müsste ein normales Theater-Ticket nämlich locker bei 150-250 EUR liegen. Dann würde sicher nur eine ganz kleine Einkommens-Elite sich noch Theater oder Opernbesuche leisten können. Damit keine Zweifel aufkommen: ich bin 100% für eine Kulturförderung – dann aber bitte auch gleichermassen für Pop&Rock Kultur! Und nicht nur einseitig für die s.g. „alte Kultur“. Ein modernes Theater/Opernhaus muss bereit sein sich zu öffnen, auch für eine jüngere Zielgruppe. Mit mutigen und neuen Konzepten. Dann würden auch wieder mehr Menschen in diese Häuser gehen -und nicht nur die Zielgruppe der oberen Zehntausend die sich die 10-tausendste Version von „Die Fledermaus“ ansieht. Klar, für eine Erneuerung braucht es Geld. Geld gibt unsere Regierung für alles mögliche sinnlos aus-man denke nur an die 500 Mio die CDU-Mann Scheuer locker in den Sand gesetzt hat. Die Liste liesse sich endlos fortsetzen. Ein Volk ohne Kunst & Musikkultur blutet emotional aus und verblödet vor dem Fernseher und im Internet. Vielleicht möchte man das ja so…

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    • Avatar von jj jj sagt:

      Hänschen, den Landesbühnen wird der A…. vom Land gepudert. Den kommunalen Theater nicht, deren Produktionen sind aber nicht vergleichbar mit so wichtiger Kleinkunst. Und ja, sie finden ihr Publikum, und das ist nicht die Einkommens-Elite. Es kommt auf die Kultur-Landschaft an. Klar kann man Holzen, dann aber bitte ohne diese ewigen Lippenbekenntnisse. Lg nach Svaneke.

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  15. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    mein lieber Herr Jenckel, ich stelle mir hier ganz andere fragen. warum muss ein theater subventioniert werden, wenn es andere doch nicht brauchen? der mittelstand und die mittelschicht sollten doch bereit sein , wenn ihnen kultur doch angeblich so wichtig ist, kostendeckende eintrittspreise zu bezahlen. in sämtlichen oecd staaten werden diese schichten dank der demokratie gepampert. politiker wollen von denen gewählt werden und subventionieren deren freizeitgestaltungen. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/transferleistungen-unserer-mittelschicht-geht-es-praechtig-1627083.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2

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