Das fiese Wort vom Systemsprenger

Systemsprenger, das ist das fieseste Schlagwort für die Elbbrücke Neu Darchau. Gesagt hat es der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Frank Doods in Feindesland, nämlich in Neuhaus, wo die Menschen seit dreißig Jahren von der Brücke träumen. Dabei hat Doods natürlich in vielerlei Hinsicht recht.

Lüneburg, 8. Dezember 2023

Der Vergleich mag hinken: Aber wie ein Landkreis gleichzeitig erbittert eine kleine Schutzhütte aus Holz bei Amelinghausen abreißen lassen will, weil sie im guter Absicht, aber ohne Genehmigung auf Magerrasen steht, aber an der Elbe jede Menge Beton für eine Brücke ins Biosphärenreservat gießen will, weil der Kreis vielleicht eine Genehmigung bekommt – auch das hat für mich was von Systemsprenger. 

Allemal, weil der Brückenbau offensichtlich die Grenznorm im Fauna-Flora-Habitat-Gebiet an der Elbe um annähernd das siebenfache überschreitet und jetzt erstmal für viel Geld ein Fachanwalt eine Ausnahmegenehmigung prüfen soll. Das passt nicht zusammen. Einmal mit dem Kopf durch die Wand, einmal kleinlich bei einer Holzhütte von 30 Quadratmetern. PS: An der Elbe ist auch von „Mageren Flachland-Mähwiesen“ die Rede.

Und die Brücke ist finanziell ein Systemsprenger – nicht nur fürs Land, das meint Doods. Die Förderung von Straßenbauprojekten bekäme zur Elbe hin über Jahre erhebliche Schlagseite. , Bei fast hundert Millionen Baukosten gilt das auch für den Landkreis. Sie ist auch in der Planung ein Systemsprenger. Wo baut ein Landkreis und nicht Bund oder Land eine Elbbrücke wie bald bei Lauenburg? Und vor allem, wo baut ein Landkreis in einem anderen Landkreis eine Brücke.

Erstmal stehen weitere 900.000 Euro für die Brücken-Planung im Etat 2024 des Landkreises. Ob das noch zugesagte Fördermittel vom ehemaligen Verkehrsminister Bernd Althusmann sind oder schon Geld vom Kreis – egal. Mit den aktuellen Absichten der Landesregierung (keine Brücke, sondern eine Fähre) mutiert das womöglich zu Steuerverschwendung. Am Ende geht es um drei Millionen, die allein Planung und Raumordnung beim Brücken-Roulette verschlingen.

Mein erstes Video-Interview zur Brücke hatte ich mit dem Liberalen Berni Wiemann geführt, der sich damals für die Planung stark gemacht hatte, weil ja viele Bürger im Kreis in einer Abstimmung für die Brücke waren, wenn sie den Landkreis nicht mehr als 10 Mio. kosten würde. Für ihn war die Brücke schon vor drei Jahren gestorben. Denn die 10-Millionen-Grenze ist längst Schnee von gestern. Claudia Schmidt von den Grünen verglich die Brücken-Befürwortet jüngst mit Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und seiner Maut. Planen ohne Rücksicht auf Verluste.

In den 30 Jahren, die über die Elbbrücke geredet wird, in der wir bereits bei der dritten Planung sind, hat sich viel erledigt. Kein Geld von der EU, kein Geld aus dem Topf Deutsche Einheit, keine Beteiligung von Mecklenburg-Vorpommern, keine Aufnahme in den Bundesverkehrwegeplan und bisher nur ein Satz im Landesraumordnungsprogramm, die Brücke sei als regionale Aufgabe zu realisieren. Und nun soll auch das noch fallen. 

Verwaltungschefs im Landkreis wie der Amelinghausener Christoph Palesch dämmert längst, dass diese Brücken-Träume über die Kreisumlage auf Dauer zur Belastung für alle Kommunen im Kreis werden. Denn der Landkreis finanziert sich vor allem über diese Umlage, die mal wieder steigen soll – auf 54,5. Allein für die Stadt Lüneburg hieße das: weitere 1,8 Millionen Euro, die den roten Stadt-Etat noch roter aussehen lassen.

Keine Frage, die Brücke wäre eine sichere Verbindung über die Elbe. Aber in der Regel wird nach Kosten und Nutzen gefragt. Der Wunsch der Bürger in Neuhaus ist nachvollziehbar, aber politisch und volkswirtschaftlich kaum zu begründen. Wenn Neuhaus am Ende doch eine Brücke bekommt, Hut ab. Da hätten die Befürworter doch das ein oder andere System gesprengt oder geschickt umgangen.

Hans-Herbert Jenckel

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Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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14 Responses to Das fiese Wort vom Systemsprenger

  1. Zu dem Kommentar vom 12. Januar 2024 um 22:12 Uhr:

    Die stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Brücken bauen e.V.“ Dreyer spricht von Halbwahrheiten, die ich in meinem Beitrag vom 11.1.2024 verbreitet hätte.

    Das fiese Wort vom Systemsprenger

    Sie versucht, das an vier Beispielen zu verdeutlichen:

    1. Länge und Ausmaß der Umwegfahrten

    Hier geht es um die Entfernung zu den nächsten Brücken aus der Mitte der Gemeinde Amt Neuhaus. Die beträgt 32 km. Frau Dreyer meint nun, ich ließe unerwähnt, dass bei einer Fahrt mit dem Ziel zur linkselbischen Mitte „statt der üblichen einfachen Fahrtstrecke eben zusätzlich bis zu 32 km x 4 Fahrten zurückgelegt werden”. Nein, das habe ich nicht verschwiegen, sondern den im Blog Lesenden die Herstellung dieses Zusammenhanges und die Rechenarbeit zugetraut.

    An einem Beispiel deutlich gemacht: Wer in Darchau wohnt und nach Neu Darchau als Zielort möchte (das ist die längste mögliche Umwegfahrt), der benötigt für die einfache Fahrt über die Dömitzer Brücke 69,3 km (Google Maps). Für Hin- und Rückfahrt sind das 138,6 km. Bei der Fahrt mit der Fähre oder der Brücke wären das für die einfache Fahrt 1,5 km (Fähre) bzw. 3 km (Brücke). Die längste Umwegfahrt beträgt also unter 70 km (für die einfache Fahrt). Selbst wenn wir über die Lauenburger Brücke fahren, kommen wir nicht auf 80 km für die einfache Fahrt, sondern auf 74,8.

    Hier wird die Übertreibung des Vereins Brücken bauen e.V. deutlich, wenn er ähnlich wie die Initiative “Mütter machen mobil” in ihrer Online-Petition von Umwegfahrten von bis zu 80 km spricht.

    Wie viele Menschen fahren nun täglich von Darchau nach Neu Darchau zur Arbeit? 10.000, 5000, 500 oder vielleicht nur drei? Wir sind hier nicht am Rhein bei den Städten Weil und Basel, wir sind hier auch nicht in Hamburg, Magdeburg oder Dresden.

    Muss nun eine Elbbrücke in der Kostendimension von 100 Millionen Euro gebaut werden, weil eine Handvoll von Menschen die maximalen Umwegfahrten und ca. 300 andere im Jahresdurchschnitt 20 Tage Umwegfahrten bei einem gemeinsamen Ausfall beider Fähren in Kauf nehmen müssen.
    Die betroffenen 50 Schülerinnen könnten bei Fährausfall auch mit einem Fahrgastschiff über die Elbe gebracht werden oder bei Ausfall nur der Neu Darchauer Fähre zur Bleckeder Fähre gefahren werden, um dort überzusetzen. Aber darauf sind die verantwortlichen Politikerinnen in den letzten 30 Jahren noch nicht gekommen.

    Wieviel Kilometer die Umwegfahrten zu Zielen im Linkselbischen bei gleichzeitigem Ausfall beider Fähren betragen, kann man sich anhand der Tabelle zu Fahrzielen auf dieser Internetseite errechnen:
    https://keine-bruecke.de/2020/07/pendler-brauchen-keine-bruecke/

    Abschließend noch ein Vergleich: Millionen Pendlerinnen in Deutschland müssen monatelang Umwegfahrten wegen Straßensperrungen hinnehmen, hängen täglich! im Berufsverkehr in Staus fest oder kommen wegen Zugausfall oder -verspätungen zu spät zur Arbeit. Für Umwegfahrten an 20 Tagen im Jahr (oder weniger: dabei sind auch Wochenenden und teils auch Urlaub) eine Brücke zu fordern, finde ich höchst ansprüchlich.

    2. Folgekosten (Unterhaltung, Erhaltung, Sanierung) des Brückenbaus

    Bei den Folgekosten des Brückenbaus handelt es sich um Ausgaben, die von den Landkreisen LG und DAN jährlich real getätigt werden müssen. Bei der von Frau Dreyer angeführten Verbuchung des jährlichen Abschreibungsanteils der Fördermillionen aus Hannover für den Brückenbau handelt es sich um reines “Buchgeld”. Das steht dem Landkreis Lüneburg nicht für Ausgaben, z. B. dem Betrieb der Brücke (Beleuchtung, Winterdienst, Prüfdienste, Reparaturen, etc.) zur Verfügung. Mit dem Bau der Brücke sind die Fördermillionen ausgegeben und stehen zur Kostendeckung nicht mehr zur Verfügung.
    Je älter die Brücke desto höher die Folgekosten (TÜV-Prüfungen, Reparaturen). Heutige Brücken halten 50 bis 60 Jahre. Vorausschauend müsste der Landkreis LG jährlich Geld für einen Neubau der Brücke zurücklegen. Ein zweites Mal wird er sicher keine Fördermillionen bekommen.
    Der Landkreis DAN kann noch nicht einmal Luftgeld gegen seinen Anteil an den realen Folgekosten rechnen.

    Recht hat Frau Dreyer darin, dass sich die Folgekosten “nur” auf die Baukosten beziehen. 1,5 bis 2 % jährliche Folgekosten wären bei 100 Millionen Euro Gesamtkosten und “nur” ca. 90 Millionen Baukosten also 1,35 bis 1,8 Millionen Euro (aufzuteilen zwischen LG und DAN). Mit diesem Brückenbauwerk binden sich die Landkreise LG und DAN einen deftigen Geldvernichtungsklotz ans Bein.

    Abschließend noch die Auskunft von Minister Dr. Althusmann auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Staudte und Schulz-Hendel zur Höhe der Folgekosten vom 23.07.2019 (Drucksache 18/4227 des Nds. Landtages):

    “9. Mit welchen jährlichen Folgekosten (Unterhaltungs-, Erhaltungs- und Sanierungskosten) ist zusätzlich zu den Bau- und Planungskosten zu rechnen, und wer trägt diese Kosten?
    Für die dauerhafte Erhaltung derartiger Bauwerke ist nach Angabe der NLStBV eine Größenordnung von jährlich ca. 1,5 bis 2 % der Baukosten anzusetzen. Die Folgekosten sind vom Baulastträger der Brücke zu tragen, also vom Landkreis Lüneburg. Das Land ist nicht zuständig, da es sich um ein kommunales Bauvorhaben handelt.”

    3. Finanzielle Belastung des Landkreises LG durch Subventionen seiner Einwohnerinnen für Fahrten mit den Fähren

    Rechnet man die jährlichen Folgekosten des Brückenbaus für den Landkreis LG gegen den von Frau Dreyer angesprochenen “sechsstelligen Betrag”, die der Landkreis für die Subvention seiner die Fähren nutzenden Einwohnerinnen bezahlt, ist festzustellen, dass der Landkreis mit den Fähren finanziell deutlich besser fährt.
    Und diese Tatsache ließe sich noch optimieren, indem man z. B. das Land als Geldgeber mit ins Boot (auf die Fähre) holt, den ÖPNV ausbaut (vom Bund/Land subventioniertes 49,- Euro-Ticket), …

    4. Überschreitung der Grenzwerte bei der Umweltverträglichkeitsuntersuchung

    Selbst geringe Überschreitungen der Grenzwerte lösen das FFH-Ausnahmeverfahren aus. Es muss nachgewiesen werden, dass dieser Brückenbau nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern im überwiegenden öffentlichen Interesse ist. Das dürte schwierig werden.
    Durch Verbreiterung der Brückenpfeiler der Vorlandbrücken gibt es zusätzlich anlagebedingte Grenzwertüberschreitungen.
    Die Höhe der Überschreitung hängt mit den erforderlichen Kompensationsmaßnahmen zusammen.
    Und so harmlos ist die baubedingte Versiegelung von Flächen für Lagerung und Behelfstransportwege nicht wie Frau Dreyer das bagatellisiert. Es dauert sehr lange bis die Flächen wieder ihren Ausgangszustand erreichen.

    5. Eingeleitetes Änderungsverfahren für das LROP

    Hierzu habe ich in meinem Beitrag, auf den Frau Dreyer sich in ihrem Kommentar bezieht, nichts geschrieben. Es besteht auch kein Handlungsbedarf, da die Änderung erst für 2027 erwartet wird. Erst dann können auch Rechtsmittel eingelegt werden.
    Das hindert Frau Dreyer nicht daran, hier im Blog zum wiederholten Mal ein Vor-Urteil zu sprechen. Meines Erachtens ein sehr fragwürdiges. Vielleicht schreibe ich etwas dazu, wenn ich mehr Zeit habe.

    Fazit

    Dieser Brückenbau wäre eine Verschwendung von Steuergeldern, weil er verkehrspolitisch keinen Zweck im öffentlichen Interesse erfüllt, sondern lediglich die – durchaus nachvollziehbaren privaten Wünsche einer überschaubaren Anzahl von Menschen.
    Dieser Brückenbau in dem sensiblen Naturraum des Biosphärenreservats niedersächsische Elbtalaue passt nicht in die Zeit des sich steigernden Klimawandels und Artensterbens.
    Dass das Geld besser in der dringend notwendigen Transformation unseres Arbeitens und Lebens, in den Schutzmaßnahmen vor den Klimawandelfolgen (Dürre, Überschwemmungen, Gesundheitsschutz, ..) und der Behebung der durch sie verursachten Schäden investiert wäre, sollte eigentlich jeder und jedem klar sein.

    Ausblick

    “Ein bisschen kommt man sich vor wie im Kino, bei James Bond. Aber was lange nur im Film funktionierte, wird nun Wirklichkeit: In der Slowakei wurden die ersten fliegenden Autos offiziell zertifiziert. Die slowakische Verkehrsbehörde erteilte den „AirCars” des slowakischen Herstellers Klein Vision ein Lufttüchtigkeitszeugnis, und damit die Bescheinigung für ihre Sicherheit.

    Insgesamt musste der Prototyp 70 Stunden Flugtests absolvieren sowie 200 Starts und Landungen. Der Umfang der Tests entspricht den Standards der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA).
    (…)
    Heute arbeitet unter anderem das holländische Unternehmen PAL-V unter Hochdruck an einer Zulassung für sein Hubschrauber-Auto. Auf der Straße darf es schon fahren, noch in diesem Jahr soll nach Angaben der Macher die Zulassung der EASA für die Lüfte folgen. Das Basic-Modell kostet 299.000 Euro. Der chinesische Elektrofahrzeughersteller Xpeng will unterdessen mit seinen Modellen für die Lüfte unterdessen spätestens im Jahr 2024 in Serienproduktion gehen. Preispunkt pro fliegendem Auto: unter 140.000 Euro.”
    Aus: https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2022/01/fliegendes-auto-fuer-flugverkehr-zertifiziert-aircar

    Da wird man in einigen Jahren auch weniger Spektakuläres wie bedürfnisgerechten ÖPNV im ländlichen Bereich, Niedrigwasser geeignete Fähren mit umweltschonendem Antrieb usw. hinbekommen. Es muss nur politisch gewollt sein.

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  2. Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

    Zu dem Kommentar vom 11. Januar 2024, 20:23 Uhr:

    Da kann der Vorsitzende des Vereins „Ja zur Fähre, nein zur Brücke“, Hans Dieter Kirst-Thies, noch so wort- und trickreich mit Halbwahrheiten* die populistischen Interessen seines Vereins vertreten und zusätzlich die eigene Komfortzone verteidigen, nach Recht und Gesetz wird sich das Ansinnen der Agrarministerin Staudte, B 90 / Die Grünen, das seit 1994 verankerte Ziel „Brücke bei Darchau / Neu Darchau in das gewünschte Ziel „Fährkonzept“ zu ersetzen, nicht durchführen lassen.

    Im LROP einmal aufgeführte „Ziele“ können nur nach Bedarf und dann auch nur nach Maßgabe des Raumordnungsgesetzes (ROG) geändert werden.
    Auszug aus einer Arbeitshilfe des Ministeriums:
    „Da Ziele der Raumordnung abschließend abgewogen sind, sind sie in nachfolgenden Planungen keiner Modifizierung oder Ausgestaltung zugänglich, sofern der Raumordnungsplan nicht selbst eine solche Möglichkeit zur Ausgestaltung oder auch zur „kanalisierten“ Öffnung/ Abweichung vorsieht.“ https://www.heidekreis.de/PortalData/2/Resources/bauen_und_planen/regional- _und_bauleitplanung/rechtsgrundlagen_-_formulare/NROG-Arbeitshilfe,_2008.pdf#page15

    Den (angeblich) erforderlichen Bedarf zur Abweichung erklärt die Landesregierung aber so:

    „§ 6 Abs. 1 NROG Satz 1 besagt, dass die Raumordnungspläne bei Bedarf zu ändern sind. Laut Koalitionsvertag (S. 35) favorisiert die Landesregierung ein zukunftsorientiertes Fährkonzept anstatt des Brückenbaus. Da das derzeitige Ziel in Abschnitt 4.1.3 Ziffer 04 des LROP für die Verwirklichung der Flussquerung der Elbe bei Darchau / Neu Darchau eine Brücke festlegt, ist damit der Bedarf für eine Änderung der bisherigen Festlegung gegeben.“ (Quelle: Antwort zu Frage 20 der kleinen Anfrage der Landtagsabgeordneten A. Bauseneick und U. Dorendorf – https://www.landtagniedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_19_05000/03001-03500/19-03079.pdf

    Die Tatsache, dass in einem Koalitionsvertrag etwas „favorisiert“ wurde, instanziiert keinen Bedarf. „Bedarf“ ist ein normativer Rechtsbegriff, der, weil er als verbindliche Regelung verstanden werden soll, eine Rechtsfolge an einen Tatbestand knüpft und des Rückgriffs auf Rechtsverordnungen bedarf; ein Bedarf ist sachlich nicht begründet und wird sachlich auch aus heutiger Sicht nicht begründet werden können.

    Der Landkreis Lüneburg hat als zuständige Landesplanungsbehörde ein Raumordnungsverfahren gem. §15 Abs.1 Bundesraumordnungsgesetz (ROG) sowie § 9 Niedersächsisches Raumordnungsgesetz (NROG) durchgeführt, das mit der landesplanerischen Feststellung im Juni 2016 abgeschlossen wurde. Danach stimmt das Vorhaben mit der Landesraumordnung überein.

    Bezogen auf staatliche Entscheidungen – der Legislative, Exekutive, Judikative – bedeutet „Willkür“ das Fehlen eines SACHLICHEN Grundes und damit einen Verstoß gegen Verfassungsprinzipien (BVerfG,1 BvR 3271/14).

    *(Halbwahrheiten)
    Die aufgeführten „Fakten und Zusammenhänge“ aus dem Kommentar des Vereinsvorsitzenden K.-T. sind in ihren tatsächlichen Auswirkungen alle lückenhaft dargestellt. Statten wir also die halbgaren Behauptungen seines ideologischen sowie privatinteressengebundenen Werks mit allen nötigen Informationen an vier exponierten Beispielen aus.

    K.T.: „ Wohnt man in der Mitte der Gemeinde zwischen den Brücken, hat man es knapp 32 km zur nächsten festen Elbquerung.“

    Das hört sich ja gut an, ist auch korrekt. Nur, „man“ möchte ja nicht nur zur nächstgelegenen Brücke, sondern dann auch weiter an sein Ziel und später wieder nach Hause gelangen. Liegt dieses Ziel ebenso mittig auf der anderen Seite der Elbe, dann müssen statt der üblichen einfachen Fahrtstrecke eben zusätzlich bis zu 32 km x 4 Fahrten zurückgelegt werden.
    Der Blog.jj Leser Klaus Rieken aus Lüneburg hatte sich übrigens in einem mit Frechheiten ausstaffierten Leserbrief in der LZ auch zu diesem Thema geäußert.
    Dieser und die Antwort des Brückenvereins kann hier gelesen werden:
    https://www.facebook.com/groups/1012236525927516/posts/1857558074728686/

    K.T.: ….durch die Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg sind jährlich Folgekosten von ca. 2% dieser Gesamtkosten (Anmerkung: Herr K.-T. beziffert diese auf 100 Mio EURO) zu erbringen.

    Auch durch ständige Wiederholungen wird diese Aussage nicht faktisch!
    Die Haushalte der Landkreise Lüneburg bzw. Lüchow-Dannenberg werden in Höhe der Landesfördermittel (75 v. H. der zuwendungsfähigen Baukosten plus 6 Mio aus dem Landesstraßenbauplafond) effektiv nicht belastet, weil diese Fördermittel – verteilt auf die „Lebensdauer“ der Baumaßnahmen als „Einnahmen“ gegen gebucht werden müssen (s. https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderposten_(Kommunalfinanzen).
    Die Folgekosten berechnen sich auch nur auf die Baukosten; diese sind geringer als die Gesamtkosten -, ebenso werden auf die geförderten Anteile keine Finanzierungskosten entfallen!

    K.-T.: „Die Überfahrt mit den Autofähren kostet Geld. Die Einwohnerinnen des eigenen Landkreises subventioniert der Landkreis LG für Jahreskarten mit ca. Zweidrittel der Kosten für eine Jahreskarte. Ca. ein Euro pro Arbeitstag kostet die zur Arbeit Pendelnden die Überfahrt.“

    Herr K.-T. vergisst geflissentlich die Rechnung zu vollenden, keine Erwähnung findet, dass in etwa 3,- € pro Jahreskarteninhaberüberfahrt durch die Subvention des Landkreises Lüneburg den Löwenanteil eben alle Bürger dieses Landkreises tragen (jährlich ein sechsstelliger Betrag, der den dortigen Haushalt belastet).

    K.-T.: „Die Umweltverträglichkeitsuntersuchungen haben die deutliche Überschreitung von Grenzwerten ergeben.“

    Auch Herrn K.-T. ist bekannt, dass eine deutliche Überschreitung von Grenzwerten nur temporär in der Bauphase erwartet wird, insbesondere durch die Lagerung von großen Bauteilen, daran ist nichts ungewöhnlich.

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  3. 2024 – Von der Brücke nichts Neues

    Die in Planung befindliche Brücke Darchau – Neu Darchau sprengt alle möglichen Systeme. Ich stimme zu. Entkleiden wir das Brückenvorhaben seines ideologischen sowie privatinteressengebundenen Beiwerks und orientieren uns in unserer Bewertung nur an den Fakten und sachlichen Zusammenhängen, müssen wir feststellen: Diese Brücke verstößt auch gegen das System Vernunft und löst keines der drängenden Probleme unserer Zeit, sondern ist eher geeignet, diese zu verschärfen.

    Fakten und Zusammenhänge

    Zwischen der Elbbrücke in Lauenburg und der Elbbrücke bei Dömitz liegen 63,5 Flusskilometer. Rechtselbisch sind es etwa ebenso viele Straßenkilometer. Dazwischen zieht sich über gut 40 km die Gemeinde Amt Neuhaus hin. Wohnt man in der Mitte der Gemeinde zwischen den Brücken, hat man es knapp 32 km zur nächsten festen Elbquerung. Je weiter östlich oder westlich man von der Mitte der Gemeinde entfernt wohnt, desto näher kommt man einer der Elbbrücken. Ungefähr in der Mitte der Gemeinde Amt Neuhaus liegt der Ort Darchau, von dem aus man mit einer Autofähre über die Elbe setzen kann. Weiter westlich in Richtung Lüneburg können die Einwohnerinnen der Gemeinde Amt Neuhaus mit einer weiteren Autofähre von Neu Bleckede nach Bleckede übersetzen. Es stehen also zwei Brücken und zwei Autofähren für die Einwohnerinnen der Gemeinde Amt Neuhaus zur Elbquerung zur Verfügung. Die Elbfähre in Neu Darchau fällt im statistischen Mittel über 30 Jahre 20 Tage im Jahr aus. Bei der Elbfähre in Bleckede könnten es etwas mehr Tage sein; darüber liegen mir keine statistischen Daten vor. Trotzdem erscheint es meines Erachtens nicht vertretbar, mit öffentlichen Geldern wegen dieser geringen Ausfallzeit eine Brücke mit über 100 Millionen Euro Baukosten und den jährlich zu erbringenden Folgekosten von ca. 2% dieser Gesamtkosten zu bauen. Den Einwohnerinnen der Landkreise Lüneburg und Lüchow-Dannenberg werden diese Mittel für öffentlich sinnvollere Projekte fehlen. Die Gelder für wichtige Vorhaben fehlen den Landkreisen schon jetzt. Der Mangel kann kaum durch eine Erhöhung der Gemeindeumlage kompensiert werden.
    In der Gemeinde Amt Neuhaus leben ca. 5000 Einwohnerinnen. Die Bevölkerungsdichte liegt bei 22 Einwohnern pro Quadratkilometer. Von den ca. 1.900 sozialpflichtig versicherten Arbeitnehmerinnen der Gemeinde arbeiten die meisten in der Gemeinde selbst, im umliegenden Landkreis Ludwigslust-Parchim, Schwerin oder Hamburg. Nur ca. 300 Arbeitnehmerinnen müssen arbeitstäglich die Elbe queren. Nach Westen, Norden und Osten muss keine natürliche Grenze, wie sie die Elbe darstellt, überquert werden. Diese Einschränkung besteht durch die Elbe nur in Richtung Süden. Wenn eine der beiden Fähren ausfällt, kann die andere benutzt werden, sodass längere Fahrten über eine der Brücken nicht nötig sind. Nur wenn beide gleichzeitig ausfallen, wäre das der Fall. Bei Hoch- und Niedrigwasser sowie Eisgang sind beide Fähren betroffen, fallen allerdings auch hier nicht gleichzeitig aus. Die Neu Darchauer Autofähre Tanja kann bei Hochwasser länger die Elbe queren. Bei den turnusmäßigen Wartungsarbeiten sprechen sich der Neu Darchauer und der Bleckeder Fährbetrieb terminlich miteinander ab, so dass nicht beide Fähren gleichzeitig in die Werft müssen.

    Die beiden Elbbrücken liegen rechtselbisch nicht in der Gemeinde Amt Neuhaus, sondern im Nachbarlandkreis Ludwiglust-Parchim, der zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gehört. Die Gemeinde Amt Neuhaus ist physisch (z. B. durch einen “NATO-Drahtzaun”) nicht vom Nachbarlandkreis und Bundesland Mecklenburg-Vorpommern abgetrennt. Beide Elbbrücken (Lauenburg, Dömitz) können jederzeit, Tag und Nacht, zur Elbquerung genutzt werden, sofern diese “verlässlichen” festen Elbquerungen z. B. wegen Wartung, Reparaturarbeiten usw. nicht gesperrt sind.

    Zwei Wermutstropfen gibt es: Die Überfahrt mit den Autofähren kostet Geld. Die Einwohnerinnen des eigenen Landkreises subventioniert der Landkreis LG für Jahreskarten mit ca. Zweidrittel der Kosten für eine Jahreskarte. Ca. ein Euro pro Arbeitstag kostet die zur Arbeit Pendelnden die Überfahrt. Die Karten können auch im Urlaub oder am Wochenende verwendet werden.
    Die Fähren fahren abends/nachts nur eingeschränkt: Die Neu Darchauer Fähre fährt bis 21 Uhr, die Bleckeder bis 23 Uhr. Jede im standardisierten Schichtdienst Arbeitende (6, 14, 22 Uhr) kann zu Beginn der Nachtschicht / Ende der Spätschicht mit der Bleckeder Fähre fahren und muss nicht den evtl. weiteren Umweg über eine der Elbbrücken fahren.
    Verbesserungsmöglichkeiten: Die Fährzeiten am Wochenende z. B. können ausgeweitet warden (für die Neu Darchauer Fähre wochentags bis 23 Uhr), die Fährkosten für Nutzerinnen des ÖPNV entfallen, … Es muss nur der politische Wille vorhanden sein.
    Hinsichtlich der Schülerinnenbeförderung sowie sicherheitsrelevanter Themen ist es notwendig und sinnvoll, mit dem Nachbarlandkreis Ludwigslust-Parchim zusammenzuarbeiten (wie es jetzt schon in einigen Fällen gehandhabt wird). So besuchen einige Gymnasiastinnen schon die Gymnasien in Dömitz oder Boizenburg und Berufsschülerinnen die Berufsschulen in Hagenow oder Ludwigslust.
    Bei medizinischen Notfällen könnten die entsprechenden Kliniken auf der rechten Elbseite aufgesucht werden oder auch der Hubschrauber, der in dieser Region linkselbisch zum Einsatz kommt.
    Auch Feuerwehren sind auf der rechten Elbseite näher und früher am Geschehen als die von der anderen Elbseite. Zwischen den Landkreisen/Bundesländern müssten entsprechende Vereinbarungen geschlossen werden.
    Auch durch eine Elbbrücke rückt die Gemeinde Amt Neuhaus kein Stück näher an das Oberzentrum Lüneburg und an den eigenen Landkreis heran.

    Die Wirtschaft in der Gemeinde Amt Neuhaus basiert im wesentlichen auf der Land- und Forstwirtschaft, dem Handel und dem Tourismus. Die geplante Elbbrücke würde der Gemeinde wenig wirtschaftlichen Aufschwung bringen, eventuell sogar dem Tourismus schaden. Das bescheinigt auch das 2016 im Auftrag des Landkreises Lüneburg erstellte Gutachten „Potenzialanalyse und Entwicklungschancen der Gemeinde Amt Neuhaus“.
    Diese Untersuchung kommt darüber hinaus auch zu dem Schluss, dass die Brücke die Gemeinde Amt Neuhaus nicht in die demographiefeste Zone bringen würde.
    Als vordringliche Ziele der Gemeindeentwicklung sah sie 2016 in wirtschaftlicher Hinsicht die Ausweisung weiterer Gewerbeflächen im Ort Neuhaus, die Ausstattung aller Orte der Gemeinde mit einem Breitbandanschluss, um zum Beispiel IT Firmen aus dem Hamburger Bereich anzuziehen, und einen ÖPNV, der von der reinen Schülerbeförderung abgekoppelt ist.
    Was nützt den Einwohnerinnen der Gemeinde Amt Neuhaus eine Brücke, die den durchgehenden Verkehr nach Neu Darchau herstellt, wenn der ÖPNV so unzureichend wie jetzt ist. Es müsste weiter auf den privaten PKW zurückgegriffen warden. Die Verkehrsuntersuchung zeigt: Der Privatverkehr würde zulegen statt zurückzugehen.

    Private Interessen an der Elbbrücke

    Was ich auf der Veranstaltung der Gemeinden Bleckede und Amt Neuhaus zur geplanten Änderung des LROP am 24.10.2023 an Gründen für die in Planung befindliche Elbbrücke gehört habe, spielt sich im Wesentlichen auf der Ebene privater Interessen ab. Die kann ich im Kern nachvollziehen (wenn auch deutlich zu dick aufgetragen wurde) und hätte als einer der drei- bis vierhundert Betroffenen wahrscheinlich auch den Wunsch nach dieser festen Elbquerung. So wurden als Gründe zum Beispiel vorgetragen: höhere Kosten der Forstwirtschaft wegen Fährgebühren oder “Umwegfahrten”, Gewinneinbußen eines Handwerksunternehmens durch Wartezeiten vor den Fähren, Zeitverlust durch die Elbquerung mit der Fähre, längere Fahrten bei Ausfall beider Elbfähren, Ängste der Schulkinder vor der Fahrt mit der Fähre, Fährkosten.
    Nachvollziehbar ja, aber dürfen öffentliche Gelder zur Befriedung einer überschaubaren Anzahl privater Interessen ausgegeben warden? Es fällt auf, dass die Befürwortenden des Brückenbaus ohne genaue Zahlenangaben argumentieren und stattdessen mit übertreibenden unbestimmten Mengenangaben arbeiten: viele, oft, … Für eine Begründung dieses Projekts sind belastbare, nachpüfbare Zahlen notwendig.

    Ideologisches Beiwerk

    Weil die Brücke mit den Fakten allein so nackt daherkommt, muss sie mit ideologischem Anstrich kräftig aufgebrezelt werden, damit Entscheidende wie Geldgebende von ihrer Notwendigkeit überzeugt sind. Und da geht es ins Volle:

    Die Elbbrücke vollende die deutsche Einheit (in der Region).

    Die Elbbrücke solle als Kompensation für die durch das DDR-Regime herbeigeführte gewaltsame Trennung der Bevölkerung dieser Region gebaut werden. In der Vorbemerkung der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der Landtagsabgeordneten Staudte/Schulz-Hendel (Bündnis 90/Die Grünen) 2019 heißt es in der Antwort der Landesregierung vom 23.07.2019 (Drucksache 18/4227):
    “Für Minister Dr. Althusmann hat die geplante Elbbrücke bei Darchau/Neu Darchau einen besonderen Wert für das Zusammenwachsen der Region, die rund vier Jahrzehnte gegen den Willen der Menschen getrennt worden war durch den „Eisernen Vorhang“ einer sozialistischen Gewaltherrschaft im Osten Deutschlands. Diese Trennung gilt es nach Vollendung der Deutschen Einheit endgültig zu überwinden. Dazu möchte das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Landkreis Lüneburg seinen Beitrag leisten.”

    Verbindung zwischen den Menschen beiderseits der Elbe sei nur durch eine Brücke (an dieser Stelle!) möglich.

    Die Brücke solle gebaut werden, um die Gemeinde Amt Neuhaus direkt mit dem Land Niedersachsen, zu dem sie gehört, zu verbinden. Anfangs hieß es noch, sie solle direkt mit ihrem Heimatlandkreis Lüneburg verbunden werden. Mittlerweile haben auch die Brückenbefürwortenden erkannt, dass die Brücke die Gemeinde Amt Neuhaus mit dem Landkreis Lüchow-Dannenberg verbindet. Zum Bundesland Niedersachsen hat die Gemeinde Amt Neuhaus vor dem 01.07.1993 nie gehört. Zum Landkreis Lüneburg gehörte sie von 1932 bis 1946, zum Landkreis Bleckede gehörte sie von 1885 bis1932 (zu diesem Zeitpunkt wurde der Landkreis Bleckede in den Landkreis Lüneburg eingegliedert).
    Dass die Einwohnerinnen der Gemeinde Amt Neuhaus von ihrem Heimatlandkreis durch die Elbe getrennt sind, stimmt zwar, aber das wussten die politisch Verantwortlichen, bevor sie die Orte der jetzigen Gemeinde Amt Neuhaus in den Landkreis Lüneburg und das Bundesland Niedersachsen eingliederten und nachdem schon eine verkehrspolitisch notwendige Elbbrücke in der Region bei Dömitz gebaut wurde. Das wussten schon die Engländer, die sich 1946 u. a. wegen der natürlichen Grenze Elbe dafür entschieden, die rechts der Elbe gelegenen Anteile des Landkreises Lüneburg gegen einen Gebietstausch im Harz an die sowjetische Besatzungszone abzugeben.
    Ulrich Mädge schreibt in seinem Buch “Grenzerfahrung – Die deutsch-deutsche Elbgrenze im Amt Neuhaus, Hannover: Wehrhahn Verlag 2021” auf Seite 427: “Diese Elbbrücke ist für die Einwohner des Untersuchungsgebietes mehr als nur ein Bauwerk aus Stahl und Beton. Es ist ein emotional stark aufgeladenes symbolisches Bindeglied (…)“.

    Zeitfaktor und konkrete Lage der Elbbrücke

    Wir befinden uns zu Beginn des Jahres 2024. Das letzte Jahr hat uns wieder deutliche Zeichen des Klimawandels und seiner Folgen gesendet. 2023 war das wärmste Jahr seit Aufzeichnung. An vielen Stellen der Erde waren Waldbrände Folge der großen Hitze. Zum Jahresende und -anfang 2024 haben wir in Deutschland, insbesondere im Norden, mit klimawandelbedingtem Hochwasser zu tun.
    Es sollte eigentlich alles getan werden, um den CO2-Ausstoß als Ursache weiterer Klimaerwärmung zu reduzieren. Die Bodenversiegelung, das Zerschneiden sensibler Naturräume sollte nur in dringend notwendigen Fällen vorgenommen werden. Die Brücke liegt im Biosphärenreservat niedersächsische Elbtalaue. Die Umweltverträglichkeitsuntersuchungen haben die deutliche Überschreitung von Grenzwerten ergeben.
    Damit die Brücke trotzdem gebaut werden kann, müsste u. a. nachgewiesen werden, dass sie nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern im überwiegenden öffentlichen Interesse sein muss (d. h., das Interesse an der Brücke muss das Interesse am schützenswerten Naturraum überwiegen). Bei den jetzt vorliegenden Daten der Verkehrsuntersuchung dürfte es dem Landkreis Lüneburg schon schwer fallen, substantiiert nachzuweisen, dass diese Brücke im öffentlichen Interesse ist. Umso schwerer dürfte es sein, den Nachweis zu erbringen, dass sie im überwiegenden öffentlichen Interesse ist.

    Das mit der Umweltverträglichkeitsuntersuchung betraute Ingenieurbüro EGL hat dem Landkreis Lüneburg schon 2007 empfohlen, prüfen zu lassen, ob dieser Brückenbau im überwiegenden öffentlichen Interesse ist, weil sich schon bei der kursorischen Prüfung abzeichnete, dass der Brückenbau in einem sehr empfindlichen Naturraum stattfinden wird. Wenn der Landkreis Lüneburg das zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gemacht hat, wäre das aus meiner Sicht eine sträfliche Versäumnis der zuständigen Verantwortlichen. Vor allem, wenn jetzt dieses “überwiegende öffentliche Interesse” nicht nachgewiesen werden könnte.
    Das Ingenieurbüro EGL zieht in seinem Bericht “Ortsumgehung Neu Darchau/ Naturschutzfachliche Einschätzung” am 13.09.2007 folgendes Fazit:
    “Der Konfliktschwerpunkt einer Ortsumgehung für Neu Darchau liegt im Bereich des Kateminer Mühlenbachs und der angrenzenden Flächen. Zurzeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Erheblichkeitsschwelle hinsichtlich der FFH-Richtline überschritten wird. Es gibt aber auf der anderen Seite auch keine Anzeichen dafür, dass mit der Trassenvariante automatisch eine Erheblichkeit ausgelöst wird, wie es beispielsweise der Fall wäre, wenn der Kateminer Mühlenbach an anderer Stelle nochmals gequert werden würde. Durch die Durchführung gezielter Schadensbegrenzungsmaßnahmen könnte evtl, die Erheblichkeitsschwelle unterschritten werden. Nichtsdestotrotz ist zu empfehlen, im Vorwege zu prüfen, ob für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen, um bei einer evtl. Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle die Ausnahme begründen zu können. (…).”

    Wenn man diesen Brückenbau ohne private Interessen distanziert und objektiv betrachtet, dann spricht vieles dagegen, öffentliche Gelder dafür auszugeben. Vieles spricht dafür, Gelder für die Entwicklung eines schülerunabhängigen ÖPNV, für den umfassenden Breitbandausbau der Gemeinde Amt Neuhaus und die Sicherung / Ausweitung der Nahversorgung auszugeben.

    In diesem Sinne: Datenautobahn statt Kreisstraßenbrücke für die Gemeinde Amt Neuhaus!

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  4. Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

    Lieber Herr Jenckel,

    bitte sehen Sie es mir nach, dass ich Ihnen noch nicht zu allen Punkten Ihrer negativistischen Brückenbau-Gedanken-Komposition geantwortet habe.
    Auf jeden Fall gibt es noch etwas zu den „Mageren Flachland-Mähwiesen“ zu erläutern. Das werde ich im neuen Jahr nachholen.

    Aufmunternde Weihnachtspost von lieben Menschen und Bloglesern (manche habe ich noch nie in meinem Leben getroffen) hat mich jetzt in den Weihnachtsmodus versetzt und warme Zeilen haben mich zuversichtlich gemacht, dass es eine glückliche Auflösung geben wird. Auf diesem Wege: Herzlichen Dank! Ich wünsche allen eine zauberhafte Weihnachtszeit.

    Zum Thema „Weihnachten“ erschien im Feuilleton der Neuen Züricher Zeitung am Heiligabend des letzten Jahres dieser groovy Artikel des Literaturkritikers Roman Bucheli:
    „Schriftsteller sind Weihnachtsmuffel. Doch wenn sie über Weihnachten schreiben, wird’s gefährlich und zwielichtig
    Ingeborg Bachmann schreibt an Heiligabend einen bizarren Brief an Max Frisch, Gustave Flaubert tanzt in Frauenkleidern, und Else Lasker-Schüler weiß von einem, der mit der Tanne in der Badewanne liegt.“
    weiter: https://www.nzz.ch/feuilleton/weihnachten-und-schriftsteller-das-ist-keine-liebesaffaere-ld.1717825

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  5. Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

    Lieber Herr Jenckel,
    bevor ich weiter auf Ihre Ausführungen eingehen werde, hier ein wichtiges Up Date in einer anderen Frage.

    In seinem Kommentar vom 4. November 2023 (22:11 Uhr) wies Herr Berg auf eine kleine Anfrage der Landatgsabgeordneten Anna Bauseneick und Uwe Dorendorf an die Landesregierung hin (dort Pkt. 3).

    Aus dieser Anfrage interessierte hauptsächlich Frage Nr. 20, Herr Berg schrieb:

    „Frage 20 lautet: „Inwiefern ist die geplante Zieländerung im LROP mit § 6 Abs. 1 NROG vereinbar, und inwiefern hat sich die Sachlage für einen solchen Änderungsbedarf grundlegend geändert?“
    § 6 Abs. 1 NROG enthält drei Sätze: 1) Die Raumordnungspläne sind bei Bedarf zu ändern. 2) Dies kann auch in sachlichen oder räumlichen Teilabschnitten geschehen. 3) Für Änderungen der Raumordnungspläne gelten die Vorschriften über die Planaufstellung entsprechend.
    Hätte nicht gefragt werden müssen, inwiefern es BEDARF gibt, das Ziel unter Ziffer 04 in Abschnitt 4.1.3 („Straßenverkehr“) der derzeit geltenden Fassung des Landes-Raumordnungsprogramms (LROP) zu ändern? Kurz: Mit welchem Inhalt lässt sich das Wort „Bedarf“ füllen? Noch kürzer: Was heißt hier „Bedarf“?“

    Die Antwort auf diese Frage des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung namens der Landesregierung vom 6. Dezember 2023 lautet so:

    „§ 6 Abs. 1 NROG Satz 1 besagt, dass die Raumordnungspläne bei Bedarf zu ändern sind. Laut Koalitionsvertag (S. 35) favorisiert die Landesregierung ein zukunftsorientiertes Fährkonzept anstatt des Brückenbaus. Da das derzeitige Ziel in Abschnitt 4.1.3 Ziffer 04 des LROP für die Verwirklichung der Flussquerung der Elbe bei Darchau / Neu Darchau eine Brücke festlegt, ist damit der Bedarf für eine Änderung der bisherigen Festlegung gegeben.“

    Das ist einmal eine Ansage! Wünsche begründen also einen Bedarf? Rechtsstaatlichkeit (Gesetze einhalten und Erlasse beachten)? Ade!

    Das Landes-Raumordnungsprogramm muss nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 13 ROG und § 6 Abs. 1 NROG zukunftsgerichtet weiterentwickelt werden, WENN dies aufgrund NEUER RAUMBEDEUTSAMER Entwicklungen fachlicher oder rechtlicher Art geboten ist. Ganz offensichtlich liegen NEUE, und darüber hinaus auch noch RAUMBEDEUTSAME Entwicklungen (und damit ein Bedarf) zur Änderung des bisher im LROP verbindlich verankerten Ziels „Brücke“ NICHT vor!
    Schon bei der LROP-Zielsetzung 1994 ist zwischen Fähre (oder Fährkonzept) und der festen Elbquerung / Brücke die gebotene und rechtlich erforderliche Abwägung vorgenommen worden. Zur Erfüllung der Vorschriften des ROG und NROG wurde in der Abwägung das Ziel Brücke bestimmt.

    Das einzig „Neue“ in dieser Angelegenheit ist das Bekenntnis, welche Art der Elbquerung die Koalitionspartner favorisieren, nämlich mit Fähre statt über eine Brücke. Diese Betrachtung allein stellt keinen sachlichen Grund dar, im Rahmen des Raumordnungsgesetzes (ROG) oder des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) tätig zu werden und das genannte Ziel im LROP dann ändern oder tilgen zu können!

    Darüber hinaus werden Hinweise und Erläuterungen zum Niedersächsischen Gesetz
    über Raumordnung und Landesplanung (NROG) NROG-Arbeitshilfe (Stand: September 2008) aus dem Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft,Verbraucherschutz und Landesentwicklung (ML) entweder ignoriert oder – mit Kenntnis – komplett über den Haufen geworfen:

    Seite 15 – Auszug: „Da Ziele der Raumordnung abschließend abgewogen sind, sind sie in nachfolgenden Planungen keiner Modifizierung oder Ausgestaltung zugänglich, sofern der Raumordnungsplan nicht selbst eine solche Möglichkeit zur Ausgestaltung oder auch zur „kanalisierten“ Öffnung/ Abweichung vorsieht.“

    Quelle:
    https://www.heidekreis.de/PortalData/2/Resources/bauen_und_planen/regional-_und_bauleitplanung/rechtsgrundlagen_-_formulare/NROG-Arbeitshilfe,_2008.pdf#page15 

    Und völlig unbeachtet blieb bisher offensichtlich, dass der Landkreis Lüneburg als zuständige Landesplanungsbehörde ein Raumordnungsverfahren gem. §15 Abs.1 Bundesraumordnungsgesetz (ROG) sowie § 9 Niedersächsisches Raumordnungsgesetz (NROG) durchgeführt hat, das mit der landesplanerischen Feststellung im Juni 2016 abgeschlossen wurde. Danach stimmt das Vorhaben mit der Raumordnung überein; die Geltungsdauer der landesplanerischen Feststellung beträgt 10 Jahre. Die öffentlichen Stellen haben sich daran zu halten.
    Quelle: https://bruecken-bauen-ev.de/wp-content/uploads/2022/07/Landesplanerische_Feststellung_opt.pdf

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    • Avatar von Anne König Anne König sagt:

      Sehr geehrte Frau Dreyer,

      Sie liegen richtig. Den Autoren der Antworten auf die „Kleine Anfrage“ der Abgeordneten Anna Bauseneick und Uwe Dorendorf (CDU) vom 1. November 2023 (Drs. 19/277), die das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung – „namens der Landesregierung“ [!] – am 6. Dezember 2023 (Drs. 19/3079) öffentlich gemacht hat (alle folgenden Zitate aus diesem Papier: https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_19_05000/03001-03500/19-03079.pdf), lassen sich diverse sprachliche Schludereien nachweisen.

      Zwei gravierendere Beispiele:

      Zu Antw. 2, S. 2: Die „Grundsätze“ des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) sind, anders als angegeben, keine „Leitvorstellungen“! Sie sind besonders wichtige, grundlegende Rechtssätze, die als rechtsverbindliche Aussagen des Sollens anzusehen sind. Demgegenüber ist „Leitvorstellung“ eine schwammige Vokabel aus dem notorisch präzisionsscheuen Marketingpidgin. Dass die in in § 2 Nr. 2 des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes (NROG) genannten Grundsätze der Raumordnung „untereinander nicht widerspruchsfrei“ sind, wird behauptet, aber nicht ausgeführt.

      Zu Antw. 20, S. 6: Die Autoren verwechseln die Wörter „Bedarf“ und „Bedürfnis“. Letzteres entspricht einer meist unspezifischen prä-planerischen Nachfrage, bestimmten Wünschen, Vorlieben (Präferenzen), Interessen und/oder daraus folgenden Absichten. Dagegen ist „Bedarf“ ein normativer Rechtsbegriff, der, weil er als verbindliche Regelung verstanden werden soll, die eine Rechtsfolge an einen Tatbestand knüpft, des Rückgriffs auf Rechtsverordnungen bedarf. Ein „Bedarf“ ist also eine nach Maßgabe von Zielen anerkannte und auf festgestellten und beschriebenen Sachverhalten objektivierte und kodifizierte Anforderung. Bedarfsprüfungen haben den Zweck, sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob ein Vorhaben (gemäß der Zielsetzung des jeweiligen Fachgesetzes, das die Bedarfsprüfung vorschreibt) benötigt wird. Die Tatsache, dass in einem Koalitionsvertrag etwas (kaum oder gar nicht zu Fassendes) „favorisiert“ wurde, instanziiert keinen Bedarf. (Zu den juristisch relevanten begrifflichen Grundlagen der Bedarfsplanung und zu den rechtlichen Grundlagen administrativer Bedarfsplanungen siehe vor allem die Seiten 64 bis 82 der insgesamt instruktiven Studie: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2017-09-05_texte_55-2017_bedarfsplanung_v2.pdf)

      Verwirrender als die verbalen Malheure sind allerdings die gedanklichen Ungereimtheiten.

      So findet sich in der „Vorbemerkung der Landesregierung“ (S. 1) die zutreffende Feststellung:

      — „Bei dem vom Landkreis Lüneburg geplanten Brückenneubau über die Elbe handelt es sich um ein kommunales Projekt. Planung und Bau erfolgen im eigenen kommunalen Wirkungskreis und nicht in der Verantwortung des Landes.“

      Aber auch das Interesse der vier regionalen Vertragspartner vom 9. Januar 2009 (Brückenvereinbarung), den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Lüneburg sowie der Samtgemeinde Elbtalaue und der Gemeinde Neu Darchau spiegelt sich dort in einem klaren Bekenntnis der Landesregierung:

      — „Eine leistungsfähige Elbquerung ist für die Landesregierung ein nachvollziehbares und bedeutsames Anliegen.“

      Ja, dass ein weiteres Ausbleiben einer solchen „leistungsfähigen Elbquerung“ zum Beispiel die Freiheit der Schulwahl und damit die Bildungsgerechtigkeit einschränkt, welche die Gleichheit der Bildungschancen für alle schulpflichtigen gewährleisten soll, ist „der Niedersächsischen Landesregierung“ bewusst. Sie muss den Missstand (und seine Hauptgründe) einräumen:

      — „Nach vorliegenden Informationen entscheiden sich viele Eltern aufgrund der unsicheren Fährsituation (Hochwasser, Niedrigwasser, technische Probleme der Fähre) für den Besuch des Gymnasiums Boizenburg im benachbarten Landkreis Ludwigslust-Parchim.“ (Antw. 21, S. 6)

      Zutreffend ist auch die Darstellung der bis heute gültigen Finanzierungszusagen für das Brückenprojekt durch das Land Niedersachsen, welche das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung – „namens der Landesregierung“ in seiner Antwort auf Frage 4 so zusammenfasst:

      — „Bereits im Jahr 2008 hat Ministerpräsident a. D. Christian Wulff eine 75 %-Förderzusage aus Landesmitteln und eine Mitfinanzierung von Planungskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro bestätigt. Die darauffolgende Landesregierung aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen hat die Förderung des Landes nach Kostensteigerungen auf 46 Millionen Euro gedeckelt. In der vergangenen Legislaturperiode wurde eine 75 % Förderung mit Landesmitteln des NGVFG in Aussicht gestellt, die durch zusätzliche 6 Millionen Euro aufgestockt würden, wenn der Bau der Brücke tatsächlich beginnt. Darüber hinaus hat das Land die zugesagten Planungskosten in Höhe von 1,3 Millionen Euro vollständig an den Landkreis Lüneburg ausgezahlt. Das Projekt wurde vom Landkreis Lüneburg für die Aufnahme in das Mehrjahresprogramm der NGVFG angemeldet und ist dort aufgenommen.“ (Antw. 4, S. 3)

      Bei so viel tatsachengesättigter Nüchternheit erstaunt es umso mehr, wenn am Ende der „Vorbemerkung der Landesregierung“ der feste Boden gesicherter Kenntnisse verlassen und der wabernde Morast nebulösen Spekulierens und haltlos schwankenden Meinens betreten wird:

      == „Angesichts der weiter steigenden Kosten sowie der massiven Eingriffe in Natur und Landschaft fehlt es für die Errichtung einer Brücke aus Sicht der Landesregierung jedoch an einer realistischen Umsetzungsperspektive. Demgegenüber lässt ein technisch optimiertes Fährkonzept zeitnah reale Verbesserungen für die Elbquerung erwarten.“ (Vorbemerkung, S. 1)

      Wie „die Landesregierung“ zu ihrer „Sicht“ vom „Fehlen einer realistischen Umsetzungsperspektive“ für die Errichtung einer Brücke gelangt, hat sie bis zu dieser Sekunde ebensowenig sagen können, wie sie in der Lage ist, ihre „Erwartung“ an die „zeitnah realen Verbesserungen der Elbquerung“ durch „ein technisch optimiertes Fährkonzept“ auch nur im Ansatz zu begründen.

      Es nützt der Landesregierung auch nichts, wenn sie die Hohlformen ihrer Annahmen und Mutmaßungen immer mal wieder einstreut:

      == „Für die Landesregierung erscheint angesichts der weiter steigenden Kosten sowie der massiven Eingriffe in Natur und Landschaft nicht die Brücke, sondern vielmehr die Lösung mittels eines Fährkonzeptes die sachgerechte und machbare Lösung.“ (Antw. 10, S. 4)

      Das Wähnen aufgrund eines Scheinens wird auch dadurch nicht zu einem politischen Argument (zu einem fachlichen ohnehin nicht), dass die „favorisierte Lösung“ sechs Wörter weiter als „sachgerechte und machbare Lösung“ firmiert.

      Eine Landesregierung, die zudem betont: „Die Fährverbindungen einschließlich eines modifizierten Konzepts liegen […] nicht im Verantwortungsbereich des Landes, sondern bei den zuständigen Kommunen.“ (Vorbemerkung, S. 1), die bekundet zwar, ein Faktum erkannt zu haben, verrät aber im selben Atemzug, dass sie nicht nur nicht weiß, was das von ihr „favorisierte zukunftsorientierte Fährkonzept“ eigentlich sein soll, sondern ebenfalls, dass sie den Grund gar nicht kennt, warum sie das Ziel unter Ziffer 04 in Abschnitt 4.1.3 („Straßenverkehr“) der derzeit geltenden Fassung des Landesraumordnungsprogramms (LROP) ändern will.

      Das (subjektive) „Bedürfnis der Landesregierung“, den Elbbrückenbau aus dem Raumordnungsprogramm zu kegeln, gründet nicht auf einem geänderten (objektiven) „Bedarf“. Jenes „Bedürfnis“ gründet auf der vermeinten Vorliebe für „ein Konzept“, von dem „die Landesregierung“ weder sagen kann, was es beinhaltet, noch, was es überhaupt beinhalten könnte.

      Weitere – zutreffende – Einlassungen, die die Ahnungslosigkeit belegen und die „favorisierte“ These „der Landesregierung“ entwerten:

      — „Untersuchungen der Umweltauswirkungen eines Fährbetriebs sind der Landesregierung ebenso wenig bekannt wie die Auswirkungen des Brückenbaus.“ (Antw. 14, S. 4)

      — „Hierzu [zu dem voraussichtlichen Investitionsvolumen für die Umsetzung eines Fährkonzepts, und zu den kurz-, mittel- und langfristigen Kosten jener Umsetzung] liegen der Landesregierung keine Kostenschätzungen vor.“ (Antw. 15 S. 4)

      — „Für die aktuell bestehenden Fährverbindungen erfolgt keine Förderung durch das Land. Hierfür gibt es im Land derzeit keine Rechtsgrundlage.“ (Antw. 17, S. 5)

      — „Die Änderung des LROP hat keine Auswirkungen auf Fördermöglichkeiten.“ (Antw. 18, S. 5) (Also auch nicht die, dass gehofft werden dürfte, für künftige Fährverbindungen werde eine Förderung durch das Land erfolgen.)

      — „Eine Abwägung aller von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander gemäß § 7 Abs. 2 ROG ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht möglich, da bislang nur allgemeine Planungsabsichten bekannt gemacht wurden, und aktuell noch kein Entwurf für eine LROP-Änderung vorliegt.“ (Antw. 19, S. 5)

      Übrigens gilt, was für „alle öffentlichen Stellen“ gilt, zuallererst für „das Land“:

      — „Alle öffentlichen Stellen, einschließlich der Kommunen, haben nach § 4 ROG die in Raumordnungsplänen festgelegten Ziele der Raumordnung bei ihren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen.“ (Antw. 19, S. 5)

      Das heißt, bis zu einer – vielleicht – im Jahre 2027 kommenden, das Landesraumordnungsprogramm betreffenden neuen Verordnung schafft das derzeitige Landesraumordnungsprogramm Rechts- und Planungssicherheit auch für Kommunen und Kommunalverbände.

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  6. Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

    Lieber Herr Jenckel,
    ich werde stufenweise auf die verschiedenen Themen Ihres Beitrags eingehen.

    Eigentlich wollte ich mich nicht zu Vorgängen aus der Podiumsdiskussion in Neuhaus äußern. Ein Artikel der LZ über die Landwirtschaftsministerin Staudte vom 6. Dezember und die durch den Ausdruck „Systemsprenger“ hervorgerufene Erinnerung an die unprofessionellen Ausführungen des Staatssekretärs Doods in der Veranstaltung haben meine Meinung geändert.

    Zwei Bemerkungen der Ministerin Staudte an diesem Abend, authentisch durch den Mitschnitt NDR-Fernsehen:
    1.) Den Hinweis einer Schülerin, ihr Schul- bzw. Heimweg würde bei Fährausfall drei Stunden dauern, beantwortete Frau Staudte sinngemäß so: „Mir geht es auch so, mein Arbeitsweg nach Hannover und nach Hause dauert doch genau so lange“.

    Am 6. Dezember konnte dann in der Landeszeitung überraschenderweise gelesen werden:
    „Montags nach Hannover, freitags nach Hause
    Auch für den Menschen Miriam Staudte hat sich einiges verändert: Viel Verantwortung bedeutet auch lange Arbeitstage. Bekannte sprächen sie darauf an, dass bei ihr spät Abends im Büro noch Licht brennt, erzählt sie. „Aber es macht ja wirklich Spaß und ich mag auch diese Zeit, wenn es ruhig ist und man alles nochmal durcharbeiten kann.“
    Zu Hause im Landkreis Lüchow-Dannenberg ist die zweifache Mutter nur noch am Wochenende.“
    (Quelle: https://www.landeszeitung.de/politik/lueneburghannover-ein-jahr-im-amt-landwirtschaftsministerin-miriam-staudte-zieht-bilanz)

    Wie glaubwürdig kann eine Ministerin sein, wenn von ihr Antworten nach Beliebigkeit gegeben werden?

    2.) Als über Kosten des Brückenbaus gesprochen wurde, warf Frau Staudte ein, dass die Höhe der Aufwendungen in keiner Relation für das dünn besiedelte Gebiet an der Elbe stehen würde.

    Man möchte der Ministerin empfehlen, die ruhigen und störungsfreien Abende im Dienstzimmer mit dem Studium des Raumordnungsgesetzes und des Niedersächsischen Raumordnungsgesetzes zu verbringen, denn dann könnte ihr bewusst werden, dass hierin explizit dünn besiedelte Räume behandelt werden und ihre Schlussfolgerung unüberlegt war:

    § 2 Abs. 2 ROG (Auszüge):
    Im Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben.
    Die Versorgung mit Dienstleistungen und Infrastrukturen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Angeboten der Grundversorgung für alle Bevölkerungsgruppen, ist zur Sicherung von Chancengerechtigkeit in den Teilräumen in angemessener Weise zu gewährleisten; dies gilt auch in dünn besiedelten Regionen.
    Es sind die räumlichen Voraussetzungen für nachhaltige Mobilität und ein integriertes Verkehrssystem zu schaffen. Auf eine gute Erreichbarkeit der Teilräume untereinander durch schnellen und reibungslosen Personen- und Güterverkehr ist hinzuwirken.
    Raumstrukturen sind so zu gestalten, dass die Verkehrsbelastung verringert und zusätzlicher Verkehr vermieden wird.
    Insbesondere in Räumen, in denen die Lebensverhältnisse in ihrer Gesamtheit im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt wesentlich zurückgeblieben sind oder ein solches Zurückbleiben zu befürchten ist (strukturschwache Räume), sind die Entwicklungsvoraussetzungen zu verbessern.
    § 2 NROG – Grundsätze der Raumordnung (Auszug):
    Die verdichteten und die ländlichen Regionen sollen gleichrangig zur Entwicklung des ganzen Landes beitragen.
    Die Verflechtung zwischen diesen Regionen soll verbessert und gefördert werden.
    Dabei sind für alle Teile des Landes dauerhaft gleichwertige Lebensverhältnisse anzustreben.

    Aber auch die Äußerungen des hochdotierten Staatssekretärs Doods zeugten nicht von Spezialwissen.
    Analysiert man in dieser Angelegenheit den von Herrn Doods benutzten Ausdruck „Systemsprenger“ wird man feststellen, dass – bildlich gesehen – nirgendwo ein System gesprengt werden würde, würde man das Vorhaben umsetzen.

    1. Wird schon im Niedersächsischen Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (NGVFG) der förderfähige Straßenbau (§ 2 Nr. 1 NGVFG) und ein förderfähiger Brückenbau (§ 2 Nr. 6 NGVFG) getrennt aufgeführt, denn jedem denkenden Menschen dürfte klar sein, dass sich Baukosten pro Meter nicht vergleichen lassen; ein Brückenbau verursacht höhere Kosten.

    2. Die Landesfördergelder würden in drei Jahresscheiben ausgezahlt werden. Da dem Landkreis Lüneburg durch den Landkreis Lüchow-Dannenberg die Brücken-Planungshoheit übertragen wurde, tritt der LK Lüneburg nur allein beim Land als Antragsteller der Fördergelder auf; in Wirklichkeit sind jedoch zwei Landkreise (Lüneburg und Lüchow-Dannenberg) betroffen.

    In der Konsequenz bedeutet das, dass in abstracto aus dem NGVFG-Topf drei Jahre lang jeweils 10,6 Mio € an zwei Landkreise auszahlt werden, was – von der Förderhöhe her betrachtet – absolut nicht als ungewöhnlich betrachtet werden kann (Tabellen über ausgezahlte NGVFG-Förderungen der Vorjahre lassen sich bei Interesse im Internet abrufen); Empfänger der Fördermittel ist wegen der Übertragung der Planungshoheit aber der Landkreis Lüneburg mit 21,21 Mio € (Tabelle über mögliche Förderungen s. https://bruecken-bauen-ev.de/finanzierung/).

    Seit 2019 ist das gesamte Vorhaben (Brückenbau, Vorlandbrücken, Ortsumfahrung um die Ortschaft Neu Darchau, Rad- und Gehweg) im Mehrjahresprogramm zum NGVFG angemeldet und auch angenommen worden. Ein „Systemsprenger“ kann sich hieraus auch deshalb schon nicht ableiten lassen.

    3. Herr Doods sprach auch die Folgekosten der Landkreise an, die von ihm ebenso als Systemsprenger ausgemacht wurden.

    Zu den Auswirkungen im Haushalt der Folgekosten hatte ich im Blog im Laufe der Jahre geschrieben, deshalb jetzt nur kurz:
    würde die Brücke gebaut sein, würden beim Landkreis Lüneburg die indirekten Subventionen für aus dem Landkreis Lüneburg stammenden Nutzer der Fähre entfallen, die zurzeit jährlich etwa 200.000,- € ausmachen.
    Die Haushalte der Landkreise Lüneburg bzw. Lüchow-Dannenberg werden in Höhe der Landesfördermittel (75 v. H. der zuwendungsfähigen Baukosten plus 6 Mio aus dem Landesstraßenbauplafond) effektiv nicht belastet, weil diese Fördermittel – verteilt auf die „Lebensdauer“ der Baumaßnahmen) als „Einnahmen gegen gebucht werden müssen (s.https://de.wikipedia.org/wiki/Sonderposten_(Kommunalfinanzen).

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    • Avatar von jj jj sagt:

      Liebe Frau Dreyer, über die Veranstaltung in Neuhaus haben die Medien sehr unterschiedlich berichtet, die Schweriner Volkszeitung ganz anders als die Landeszeitung oder der NDR. Das wird am Ende auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.

      In der Sache ignorieren Sie die Umwelt-Aspekte, die dazu führen, dass der Zeitplan für das Planfeststellungsverfahren sich zieht, in der Sache ignorieren Sie, dass es bei einer neuerlichen Befragung der Bürger im Landkreis Lüneburg und vermutlich um die 30 Millionen Euro, die der Landkreis Lüneburg als Bauherr selber schultern müsste, es keine Mehrheit mehr gäbe, in der Sache ignorieren Sie aber vor allem, dass der Landkreis Lüchow-Dannenberg keine Last tragen will. Die Beschlüsse des Kreistages und die rechtlichen Bedenken im Wendland sind Ihnen ja hinlänglich bekannt. LG Ihr Hans-Herbert Jenckel

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      • Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

        Lieber Herre Jenckel,
        1.) ich habe versäumt, in dem eben abgesandten Kommentar den Link zu der Antwort der Landesregierung vom 6.12.2023 anzugeben, hier kann diese nachgelesen werden:

        Klicke, um auf 19-03079.pdf zuzugreifen

        2.) Ja, die Glaubwürdigkeit der Medien! Lesen Sie bitte heute mal den FB-Kommentar des Herrn Tollmann zu dem LZ-Artikel über den Atom-Experten.
        Ich war live in Neuhaus dabei und jetzt geht es doch auch nur um die Glaubwürdigkeit der Ministerin und nicht um die der Medien. Zwischen den Zeilen konnte man allerdings sehr viel aus den Artikeln herauslesen, ich schätze, dass den Redakteuren es einfach nur peinlich war, Einzelheiten über die vor Ort gebotenen „Merkwürdigkeiten“ zu schreiben. Fragen Sie doch einfach mal Ihre Ex-Kollegen; Sie selbst waren doch auch nicht anwesend.

        3.) Ich ignoriere gar nichts, lieber Herr Jenckel. Ich erwarte nur rechtsstaatliches Handeln von allen Beteiligten. Die von immer denselben (lauten) Leuten vorgetragenen rechtlichen Bedenken im Wendland erwiesen sich bisher nach Meinung der dortigen Kreisverwaltung als nicht existent.

        4.) Ich beteilige mich nicht an Spekulationen zur Höhe der späteren Baukosten und nicht an Vermutungen über Mehrheitsmeinungen.
        Ich finde unser System prima (repräsentative Demokratie) und vertraue darauf, dass die Politiker und Kreistagsmitglieder, die über das Brückenvorhaben einmal abzustimmen haben, sich grundlegend mit der Materie beschäftigt haben und sich nicht blauäugig einer Abstimmung stellen.

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  7. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    so viel zum thema eliten und deren selbstbedienung und versagen auf der ganzen linie.
    Unpünktlichkeit, Zugausfälle und verärgerte Kunden – die Deutsche Bahn sorgt immer wieder für jede Menge Unmut. Der DB-Vorstand soll demnächst dennoch einen kräftigen Nachschlag beim Gehalt bekommen. Es geht laut einer Recherche um fast 5 Millionen Euro.

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    • So isses, Klaus Bruns. An jeder Ecke ruft einer „Huch!“, ein anderer verkündet den Weltuntergang: kein Kreisstraßeninvest von Mehdorn, Pofalla, Grube und Lutz; Elbbrücke gar keine Dame, sondern ein Kerl (Systemsprenger); Kiesinger tot und begraben, aber in Wahrheit nie US-Außenminister; Bauen nun sogar in Amelinghausen nur mit Baugenehmigung; Mädge doch nicht erster Vienenburger Oberbürgermeister von Königsberg; Zwischenbilanz des Arena-Schattels: Unpünktlichkeit, Zugausfälle und verärgerte Kunden. Einziger Lichtblick: Lüneburgs Turbo-Schulen: https://www.titanic-magazin.de/fileadmin/_processed_/8/d/csm_bologna_3480567fac.jpg

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  8. Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

    Lieber Herr Jenckel,
    könnte es nicht eher sein, dass allein Sie mit diesem Beitrag geschickt bekannte Fakten umgehen?

    Einmal abgesehen von den „Mageren Flachland-Mähwiesen“ haben wir in den vergangenen Jahren doch schon jeden einzelnen von Ihnen nun wiederbelebten Themenkomplex von allen Seiten beleuchtet.
    Mit Ihren gegenwärtigen Schlussfolgerungen lassen Sie frühere Erkenntnisse und Ergebnisse einfach unter den Tisch fallen.

    Einige Umstände schränken mich zeitlich zurzeit ein, aber in der nächsten Woche werde ich mich eingehend äußern.

    In der Zwischenzeit können die mitlesenden Brückenbefürworter gerne diese Petition zeichnen:

    https://www.navo.niedersachsen.de/navo2/portal/nipetition/0/publicviewpetition?id=98

    Ich wünsche Ihnen einen besinnlichen 2. Advent!

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