November-Fieber oder früher war mehr Lametta

Ach, was waren das für schöne Zeiten, als noch das November-Fieber im Rathaus grassierte. Nein, nicht was ihr denkt, Grippe, Corona oder das Kribbeln in der Nase und die Unlust, ins Büro zu gehen. Nein, November-Fieber hieß vor einer Ewigkeit der Umstand, dass die Dezernate kurz vor Jahresende noch Geld in der Kasse hatten und es unbedingt ausgeben wollten, damit bloß kein Kämmerer oder Ratsmitglied auf die Idee kommt, ihren Etatansatz fürs nächste Jahr zu kürzen. Heute sind alle klamm, dieses Fieber nur noch Legende.

Das war die Zeit, als Lüneburg noch eine freie Spitze hatte. Damit wieder ist kein Mittelstürmer gemeint, sondern, haltet euch fest, ein Überschuss an frei verfügbaren Mitteln im Haushalt. Ja, das gab es, kein Scherz. Kameralistisch betrachtet müsste jetzt Kauderwelsch folgen. Die freie Spitze könnte man als Booster für zusätzliche Leistungen definieren, Leistungen die heute rigoros gekürzt und gestirchen werden. Kurz: Früher war mehr Lametta. 

Und heute? Liegt die Stadt in Fesseln. Kein November-Fieber, keine freie Spitze, sondern nur Streit um nicht vorhandene Mittel. Und alle sehen Rot. Und als Folge ist das November-Fieber dem Fördertopf-Fieber gewichen, die verzweifelte Siuche nach Landes- und Bundesprogrammen, die Kommunen noch anzuzapfen könnten, um doch noch mehr zu leisten als die Pflicht. Weil auch Bund und Land rot sehen, ist das wie die Nadel im Heuhaufen.

Dieser Zwang, Fördertöpfe auszuschöpfen, führt natürlich auch zu kuriosen Baumaßnahmen: Neue Bussehaltestellen mit 20 Meter schickem Radweg, aber die weiteren 20 Meter Pflaster bis zur nächsten Kreuzung (siehe Herderschule/Schomackerstraße) bleiben ein Schweißer Käse, weil dafür kein Fördergeld fließt und die Stadt blank ist. 

Ein eigentlich toller Ansatz des Förderprogramms Zukunftsstadt waren die Lieblingsplätze, wo heute höchstens noch mancher an die Provisorien auf dem Marienparkplatz denkt und schlechte Laune bekommt. 

Drittes Beispiel wären die neuen digitalen Radfahrer-Hinweistafeln an der Schießgrabenstraße. Sie zeigen, ob an der nächsten Kreuzung, die in Sichtweite ist, noch Grün ist für Radler oder doch schon Rot oder ob ich ordentlich strampeln muss, um vielleicht doch noch über die Kreuzung zu huschen. Selten wurden digitale Hinweise, dick gefördert, so ignoriert und weiter dem eigenen Augenschein vertraut. Die Tafeln ließen sich bestimmt umprogrammieren und an der neuen Radstraßen-Konjunktion Wall-/Haagestraße aufstellen. Was wurde da gezetert, dabei ist die Verbindung gelungen und keiner quengelt mehr. 

Ganz ohne November-Fieber gelungen sind auch die neuen Radwege von Lüneburg nach Reppenstedt und nach Vögelsen und von Heiligenthal nach Lüneburg (bisher bis zur Stadtgrenze). Das ist eine Freude. 

Mal sehen, ob das neue Konzept für Lüneburgs Parkhäuser und -plätze gefördert wird. Ich fürchte, es wird erstmal von Kommunalpolitikern bis zur Unkenntlichkeit zerredet und deformiert und von Kassandren unter den selbsternannten Verkehrsexperten zu unrecht bekrittelt wie die neuen Radwege an der Soltauer oder Uelzener Straße, über die heute kein Schwein mehr redet.

Klar, für gravierende Eingriffe wie viel höhere Gebühren für Anwohner-Parkausweise oder höhere Gebühren für Parkplätze am Straßenrand oder auf den Sülzwiesen ist nie der richtige Zeitpunkt, es sei denn jetzt. 

Hans-Herbert Jenckel

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Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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10 Responses to November-Fieber oder früher war mehr Lametta

  1. Avatar von Anderas Janowitz Anderas Janowitz sagt:

    Als unbeteiligter Dritter, der gerade diesen Kratertichter namens Ochtmissener Kirchsteig hochfuhr frug ich mich „Was machen nur die armen Sc****ne hier?“ deren Spekulationsblase ist längst geplatzt? Und rutscht derzeit der unbewohnbaren Bruchkantenscholle entgegen? Da helfen auch die ganzen Solarpanele wenig? Die sind gekniffen? Bei dem ganzen Regen, der jetzt gerade noch dazukommmt, gleitet das bischen Scholle noch besser? Wird denen irgendwie geholfen?
    Oder wird mit denen verfahren wie mit den ehem. Mietern des Böllhauses?
    Ex- und hopp? Nur runter die Kante; Hauptsache kein Aufleben?

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  2. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    es ist so peinlich und durchschaubar. Erneute Trecker-Demo in Lüneburg: Protest der Landwirte hält an. der größte subventionsposten in der eu ist der agrarsektor. die mittelschicht -politiker bekommen angst, das ihnen die bauern den nazis in die arme laufen, wie in der vergangenheit schon einmal. der teufel hat schließlich immer auf den größten haufen zu scheißen. die besserverdiener bekommen doch auch für ihre kinder mehr geld als der ärmere. hat bestimmt was mit logik zu tun. schwesig singt doch schon ihr lied.

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  3. Matrosenaufstand 1918, neu aufgelegt im November 2023, ein Matrose in Lüneburg?
    Magenta gemischt mit Gelb ergibt Rot. Aus Gelb gemischt mit Cyan entsteht Grün. Mischt man Cyan, Magenta und Gelb in voller Intensität und in gleichen Anteilen zusammen, dann erhält man Schwarz, d.h., es wird kein Licht mehr reflektiert.
    Das Engelhaar ist ausgegangen Freie Haushaltsmittel gibt es bereits am 02.01. schon nicht mehr. Verteilungen sind vorbei. Die Heizung im Rathaus wird abgestellt! Familie Hoppenstedt, mit gespitzter oder spitzer Feder…. früher war definitiv mehr Lametta.

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    • Avatar von Andreas Janowitz Andreas Janowitz sagt:

      Immernoch besser als die volltrunkenen Seemänner auf dem Panzerkreuzer „Deutschland“ irgendwo zwischen Crystal Meth und selbstgebrautem Fusel breiig in der Birne mit Artillerie auf Mücken und Fieberthermometer sowieso auf Anschlag…

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  4. Avatar von sanderthomasgmxde sanderthomasgmxde sagt:

    Wie schon unser Ex-OB (SPD) anlässlich seines jüngsten Karrieresprungs „zurück in der ersten Reihe“ (LZ) als Vorsitzender des Stiftungsrates der Ostpreußischen Kulturstiftung (u.a. Trägerin des (hochsubventionierten) Ostpreußischen Landesmuseums in Lüneburg, bemerkte : Zeit eine neue Geschichte zu erzählen (LZ v.13.12.2023, S.4). Hoffentlich berichtet die LZ gebührend über die neuen Geschichtserzählungen. „Ach was waren das für schöne Zeiten“ (JJ) als uns die herrlichen Zeiten noch bevorstanden?

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    • In diesem Zusammenhang sind Planung und Finanzierung des – noch von der Mädge-Administration auf den Weg gebrachten – viergeschossigen „Kant-Baus“ in der „Baulücke“ an der Ritterstraße hinter dem „Ostpreußischen Landesmuseum“ von Interesse. Angeblich liegen Zuwendungsbescheide vonseiten des Bundes und des Landes Niedersachsen vor, die erlauben, Fördermittel in Höhe von insgesamt acht Millionen Euro „abzurufen“.

      Doch geht es wirklich um Kant?

      Dass dieser seinen Master in Verfassungsrechtsmarketingmanagement an der Leuphana gemacht haben soll, wird ja inzwischen von verschiedenen Seiten angezweifelt.

      Aber wie steht es um die hunderttausend Devotionalien aus Immanuels Königsberger Haushalt, deren Aufstellung das Vorhaben rechtfertigen, neben dem Museumsneubau an der Willy-Brandt-Straße 1, dem Audimax-Neubau an der Universitätsallee und dem Arena-Neubau am Alten Schlachthof einen weiteren „Leuchtturm mit Magnetwirkung“ zu errichten?

      Jeder, der einmal die beiden überlieferten Fassungen von Kants „Kritik der reinen Vernunft“ auswendig gelernt hat, wird wissen, dass mit den Besitztümern des frisch verstorbenen Königsbergers großes Schindluder getrieben worden ist, dass noch am Tage seines Todes am 12. Februar 1804 der Ausverkauf des Vorgefundenen begann und praktisch alles in sämtliche Himmelsrichtungen ohne Nachrichten über seinen Verbleib verschleudert worden ist.

      So darf es auch niemanden wundern, dass, als das immer ein wenig dubios anmutende „Museum Stadt Königsberg“ 2015 in Duisburg geschlossen worden war und der dortige Stadtrat am 29. Februar 2016 entschied hatte, dass dessen Bestände in das „Ostpreußische Landesmuseum“ in Lüneburg transferiert würden, nur insgesamt 14 Exponate aufgelistet wurden, von denen es im Ratsbeschluss heißt: „Das von der Stadt Duisburg dem Museum Stadt Königsberg überlassene Ausstellungsgut wird als Dauerleihgabe der Ostpreußischen Kulturstiftung, vertreten durch das Ostpreußische Landesmuseum, Lüneburg, zur Verfügung gestellt.“

      „Vierzehn Exponate“ auf vier Stockwerken für über 8 Millionen Euro?

      Darunter ist eine Silbersäule mit Bernsteineinlagen aus dem Jahre 1879, die von der Stadt Duisburg am 27. Dezember 1976 für 5000 Mark gekauft wurde und die jetzt einen geschätzten Wert von 30.000 Euro haben soll. Weitere herausragende Sammlungsstücke, die nun als Dauerleihgaben von Duisburg nach Lüneburg wandern, sind eine Kant-Büste (Guss von 1924), die 1972 dem Museum geschenkt wurde und deren Wert heute mit 5000 Euro angegeben wird, eine weitere, 1962 gegossene Kant-Büste (3000 Euro), eine Kupferstichkarte (Plan) von Königsberg aus dem Jahr 1730 (4000 Euro), ein Porträt der Hitler-Verehrerin Agnes Miegel, ebenfalls ein Geschenk ans Museum (3000 Euro), oder auch eine „Vereinsfahne Heimattreuer Ost- und Westpreußen“, die 1908 in Krefeld gestickt wurde und die als Dauerleihgabe dem Museum in Lüneburg zur Verfügung gestellt wird (2500 Euro).

      Als großer Knaller in dieser Liste gilt ein Ölgemälde, das Immanuel Kant (1724 bis 1804) darstellen soll und angeblich noch zu dessen Lebzeiten, von einem Gottlieb Döbler, den die Kunstgeschichte ansonsten nicht kennt, gemalt wurde.

      Um einige Wochen mehr als 62 Jahre nach Kants Ableben berichtet der ostpreußische Gutsbesitzer David Minden („Vortrag über Porträts und Abbildungen Kants. In: Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg (Königsberg) 9, 1868, S. 24-34“) in Fußnote „h“ auf Seite 29:

      „Döbler, in Berlin geboren, war ein Schüler des Schotten Edmund Francis Cuningham, welchen Friedrich Wilhelm II. 1788 an seinen Hof zog, um mehre Portraits der königl. Familie zu malen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Cuningham persönlich zu einer Aufnahme Kant´s nach Königsberg aufgefordert war, indessen die weite Reise scheute und seinen Schüler entsendete. Das in Rede stehende Bild ist 1791 gemalt, und Döbler schenkte es der ‚Todtenkopf-Loge‘. Selbiges zeigt unverkennbar die damals in England beliebte Manier der Auffassung und des Eckigen in den Gesichtsflächen. – Döblers Aufenthalt in Königsberg kann nur von kurzer Dauer gewesen sein, da keiner der Zeitgenossen seiner weiter erwähnt. Er ging nach Berlin zurück und entleibte sich daselbst 1795.“ – Nachweis: https://www.kant.uni-mainz.de/ikonographie/Ikont.PDF/T015.pdf

      1963 wurden für dieses Bild 10.000 Mark bezahlt, eine damals stolze Summe. Doch aus heutiger Sicht war der damalige Kaufpreis günstig. Denn das 37 mal 31 Zentimeter große Ölgemälde umstrittener Provenienz soll heute viel mehr wert sein. Warum, ist schwer zu sagen. Aber vor dem Jahre 2015 soll es einmal gar von Duisburg nach Paris ausgeliehen und mit sage und schreibe 350.000 Euro versichert worden sein!

      Im Hinblick auf die 14 Preziosen wurden zwischen Duisburg und Lüneburg besondere Vereinbarungen getroffen; zum Beispiel, dass die Stadt Duisburg ein Vetorecht hat, wenn bestimmte Objekte für Ausstellungen außerhalb des Lüneburger Ostpreußischen Landesmuseums bereit gestellt werden sollen. Auch sieht der Dauerleihvertrag, der bis zum Jahr 2046 gilt, die Möglichkeit der vorzeitigen Rückforderung der Objekte bei „Eigenbedarf“ der Stadt Duisburg vor.

      Weitere Einzelheiten, also Genaueres sind der Beschlussvorlage (Drucksache) DS 16-0087 inklusive tabellarischem Anhang der verliehenen Objekte zu entnehmen.

      Die Dokumente finden sich im Ratsinformationssystem der Stadt Duisburg: https://www.duisburg.de/rathaus/rathausundpolitik/ratgremien/ratsinformationssystem.php

      Dort im Sitzungskalender: https://sessionnet.krz.de/duisburg/bi/si0040.asp

      Wo die Sitzung des Rates der Stadt Duisburg (Duisburg-Mitte, Rathaus Duisburg, Ratssaal, Zi. 100) vom Montag, 29. Februar 2016 (15:00-21:17 Uhr) leicht zu finden ist und dort unter TOP Ö 28, PDF der Beschlussvorlage (Drucksache) DS 16-0087 plus Anhang ebenfalls als PDF.

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  5. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    ich bekomme immer fieber, wenn die spielzeugvertreter der sogenannten mittelschicht (politiker) mit geld um sich werfen, was ihnen in der wirklichkeit überhaupt nicht gehört.

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  6. Avatar von Björn Schusda Björn Schusda sagt:

    Was soll das Riesengootmischee an den roten Radhaus vorne dranne? Wessen seiner ist das? Gehts drinne immer nur um die Frage rum wer den größten hat?

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