Lüneburgs (Bei)-Räterepublik

Der Vamp Marlene Dietrich sang im Film „Der blaue Engel“: Männer umschwirr′n mich wie Motten das Licht. In Lüneburg trällern Ratspolitiker: Beiräte umschwirr’n mich wie Motten das Licht. 

Es gibt den Behindertenbeirat, den Bürgerrat, den Zukunftsrat, den Seniorenbeirat, den Beirat Verfügungsfonds Kultur in der Innenstadt, den Integrationsbeirat oder den NUMP-Beirat. Ach, der sagt Ihnen nichts: NUMP steht für Nachhaltiger Urbaner Mobilitätsplan. Nicht zu vergessen ist der Energiebeirat oder der Sportbeirat und demnächst die Jugendversammlung und natürlich die Sprachrohre des Radentscheids und des Klimaentscheids, denen der Rat beigetreten ist, und die ihm kritisch auf die die To-do-Liste schauen. Ich hoffe, ich habe keinen vergessen. 

Die Beiräte sind eine großartige Einrichtung, solange die Hansestadt einen starken Rat hat, der entscheidet, der mutig ist, der sich dem Grundsatz, der Stadt Bestes zu wollen, verschrieben hat und der den Sachverstand der Beiräte in den Ausschüssen aufsaugt und daraus eine bessere Lösung destilliert. 

Je schwächer ein Rat jedoch ist, desto größer ist die Gefahr, dass die Beiräte Enttäuschungen erleben, weil sie hingehalten und eigentlich nur beschäftigt werden, weil man sich mit Beiräten nur schmücken will, die die eigene Indisponiertheit bemänteln. So pestet der Radentscheid aktuell scharf gegen den Rat, weil zu wenig passiert pro Rad. Und was sagt der Beirat NUMP dazu? Und was macht eigentlich der Zukunftsrat? Fragen über Fragen.

Beiräte erfüllen gerade in Kitas, Schulen oder Sportvereinen segensreiche Arbeit. Umschwirren sie in großer Zahl gewählte Räte, häufen sich Schnittmengen zum Beispiel beim Senioren- und Behindertenbeirat und bei beiden mit dem NUMP-Beirat. Kurz: Es wird vertrakt. Neben die Ratsfraktionen treten sozusagen Schatten-Fraktionen. Das kann durchaus zu Lähmungserscheinungen führen. Viele Köche verderben ja bekanntlich den Brei.

In der Samtgemeinde Ilmenau zum Beispiel kommt Bürgermeister Peter Rowohlt, einer aus der Riege der Besten im Kreis, ganz ohne Beiräte aus und schätzt die Arbeit zum Beispiel des Sozialverbandes für Alte und Schwache wo auch immer. Ich schaue immer gerne nach Reppenstdt, wo Steffen Gärtner, der Xabi Alonso unter den Samtgemeindebürgermeistern des Landkreises, mit ruhiger Hand seine Bahnen zieht: Kitas baut, Feuerwachen, Radwege und Flächen kauft für Gemeinde-Entwicklung. Und der bunt gemischte Rat an seiner Seite geht mit. Alles ziemlich lautlos, aber effetkiv. Ich weiß jetzt gar nicht, ob es in Gellersen außer einem Seniorenbeauftragten überhaupt einen Beirat gibt. Fehlanzeige, höre ich.

Alt-Kanzler Helmut Kohl wusste: Entscheidend ist, was hinten rauskommt. Oder wahlweise Goethes Wilhelm Meister: Es ist nicht genug, zu wollen, man muss auch tun. Dabei fällt mir siedend heiß ein, ich muss noch mein Kreuz bei der Wahl der Delegierten für den neuen Seniorenbeirat machen, heute läuft die Frist ab…

Hans-Herbert Jenckel  

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Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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4 Responses to Lüneburgs (Bei)-Räterepublik

  1. Wenn man irgendwann eine Revolution auslösen möchte, sollte man den Leuten die Parkplätze wegnehmen.

    Wie weit ist es vom Beirat bis zur Weltherrschaft?

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    • Avatar von Regina Semmelbecker Regina Semmelbecker sagt:

      Detlef, Detlef,

      nennen Sie mir bitte mal ein paar Leute, die Parkplätze haben, welche Sie und Ihr Beirat denen wegnehmen könnten.

      Die Chancen, dass die nackten Oberschenkel von Ratspolitikern wie Lukas Bieber, Eike Freitag, Wolfgang Goralczyk, Kai Herzog, Jörg Kohlstedt, Dirk Neuman, Eckhard Pols und Alexander Schwake eine Revolution im Traubensaal auslösen könnten, sind bestimmt größer.

      Wie weit ist es vom Seniorenapplaus in der Ritterakademie bis zu einer weltweit erfolgreichen Nummernrevue unter der Leitung von Ralf Gros und Frank Soldan im Moulin Rouge am Boulevard de Clichy Nr. 82 im Pariser Vergnügungsviertel Pigalle?

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  2. Avatar von Andreas Janowitz Andreas Janowitz sagt:

    Wo wir wieder bei den „Visionen“ wären? Denn wer keine Vorstellung davon hat wo es hingehen soll, der kann auch nicht erklären was er zu machen gedenkt um dahin zu kommen. Nur ein „das haben wir schon immer so und so gemacht“ von den Altvorderen bremsern und blockierern. Da kommen höchstgewiss Stagnation und Resignation Hand in Hand daherspaziert und es wird sich wohlmöglich noch über das Abstellgleis echaufiert, auf das einem das Gewinnerteam von Vorgestern unversehens manövrierte…

    Die Zeichen der Zeit können die Alten, wenn sie sie überhaupt noch sehen können gar nicht mehr verstehen. VW kommt nurnoch mit XPeng überhaupt aus den Startlöchern gekrochen, den Verhinderern und Saboteuren sei`s Gedankt! Die deutsche Solarindustrie haben sie ja schon erfolgreich hingerichtet.

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  3. Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

    Wenn du nicht mehr weiter weißt, gründe einen Arbeitskreis.
    Passt dir sein Ergebnis nicht, dann mach ihn wieder dicht. ob das für die beiräte auch zutrifft? schmunzeln , übrigens. die parteien werfen sich gegenseitig unfähigkeit vor. wer hat denn nun recht?

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