
Eine Plagiats-Affäre erschüttert Lüneburg und trifft den Bürgerverein in seinen Grundfesten. In einem aktuellen Grußwort der Stadt zu 60 Jahre Bürgerverein ist eine Passage aus einem älteren Grußwort per Copy & Paste übernommen worden. Eigentlich beginnt das mediale Sommertheater nicht gleich zu Beginn der großen Ferien, sondern meistens eher so zur Mitte hin, wenn gar nichts mehr läuft außer Fan-Meile, Feiern und fatalen Fahrfehlern.
Sommertheater ist, wenn Nachkommen von Nessie aus dem schottischen Loch Ness niederdeutsche Seen bevölkern und daheim gebliebene Lokalpolitiker in der Hitze des Tages der Hafer sticht, sie Bäume in der Kleinen Bäckerstraße pflanzen wollen als Schattenspender oder wahlweise auch im Innenstadt-Karree doch wieder schmale Parkstreifen fordern und natürlich der Konkurrenz vorwerfen, Ideen abgeschrieben zu haben.
Plagiatsjäger ist in diesem Fall der Marathon-Chef des 140 Köpfe zählenden Bürgervereins, Rüdiger Schulz. Der ärgert sich doll: In einem Grußwort der Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch hat er zehn Jahre alte lobende Passagen von Alt-Oberbürgermeister Ulrich Mädge ausgemacht. Mädge oder sein Büro hatten die Rot-Blau-Weiße Mappe des Bürgervereins, die Lob und Tadel für die Stadt verteilt, bildlich mit der Spannung bei der Zeugnisübergabe verglichen. Was für ein schönes Lob. Aber für Schulz unter aller Kanone. Dagegen bläute uns Volos schon unser legendärer LZ-Chefredakteur Helmuth Pless ein: Gut abkupfern geht immer. Im Ergebnis bleibt: Die Stadt bauchpinselt den Bürgerverein, dessen Rot-Blaue-Weiße Mappe über die Jahre allerdings auch ihren Grenznutzen überschritten hat.
Ich durfte fünf Jahre in der Pressestelle des Rathauses unter Alt-OB Mädge seine Meinung verbreiten. Und ich bin froh, dass es zu der Zeit noch keine Plagiatsjäger gab, ich wäre ein willkommenes Opfer geworden. Denn in den vielen guten Worten für den Tag war natürlich auch mal Copy&Paste. In diesem Sinne, lasst die Sommer-Theaterspiele beginnen. Oder um mit dem geschätzten Werner Kolbe von der LZ zu antworten: Wir haben andere Probleme. Oder wie es einige Foristen der LZ formulieren: Wo ist das Problem?
Hans-Herbert Jenckel
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte.
Das ist ja auch so eine saudumme Phrase, die allein in diesem Jahr schon wieder von hundertmillionen Usern eingespeichelt worden ist.
Wenn ich mir aber das Foto von Hajo Boldt oben so anschaue, dann, finde ich, trifft der Satz. Alles an kleinkrämerisch biedersinniger Rechhaberitis mit schaudern machendem Expressionsdrang ist darauf dargestellt.
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Rechthaberitis
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Sehr geehrter Herr Rüdiger Schulz,
þeir sem búa í glerhúsi ættu ekki að kasta grjóti
Für Nicht-Isländer: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!
Ich grüße Sie herzlich, wünsche Ihnen Gesundheit und uns allen Frieden auf dieser Welt – oder[,] wie es bei unseren Altvorderen hieß (für Nichtlateiner: Gib uns Frieden, Herr, in diesen unseren Zeiten):
„Da pacem Domine in [d]iebus nostris“
Lüneburg im Juli 2004 bis 2024
PS: Ich habe mir gestattet, Ihre in Ihrem Dauerplagiat sich über zwei Dekaden forterbenden Schreibfehler [in eckigen Klammern] zu korrigieren.
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Lieber Herr Jenckel,
in diesem Blog-Thread geht es Ihnen offenbar um spießige Engstirnigkeit, der Sie intrinsisch motivierte satirische Qualitäten zuschreiben, indem Sie diese bloß präsentieren. Da habe ich auch etwas Passendes:
Giovanni di Lorenzo hatte bei der Europawahl am 25. Mai 2014 gleich doppelt abgestimmt. In der ARD-Sendung „Günther Jauch“ berichtete der Zeit-Chefredakteur Ende Mai, er habe zweimal gewählt – einmal als italienischer Staatsbürger im Konsulat des Landes in Hamburg, und ein zweites Mal als Bundesbürger in einer Grundschule der Hansestadt. Sein Verhalten begründete di Lorenzo, einer der 500 führenden Medienintellektuellen unserer Republik, damit, dass er eine Wahlbenachrichtigung sowohl als deutscher als auch als italienischer Staatsbürger erhalten habe und es ihm nicht bewusst gewesen sei, nur in einem Land wählen zu dürfen.
Ähnlich erging es nun der Niedersächsischen Landesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei der Europawahl am 9. Juni 2024 vor knapp einem Monat. Chefredakteur (V.i.S.d.P.) Dr. Klaus Wallbaum schreibt im „Rundblick – Politikjournal für Niedersachsen“ (einem Produkt der „Drei Quellen-Mediengruppe GmbH“ im Eigentum des Arbeitgeberverbandes Niedersachsen-Metall) am 3. Juli 2024, Nr. 122 auf Seite 9: Auch Miriam Staudte habe vergessen gehabt, wo sie hoffen konnte, ihre Wahlkabine zu finden. In Waddeweitz (Kreis Lüchow-Dannenberg) oder in Hannover, wo sie seit anderthalb Jahren einen weiteren Wohnsitz unterhält. Nach eigenen Angaben hatte sie aber nicht zwei, sondern gar keine Wahlbenachrichtigungskarte bekommen. Und im Unterschied zu Herrn di Lorenzo wählte das B90/GRÜNE Regierungsmitglied nicht gleich mehrmals, sondern einfach überhaupt nicht.
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Eine würdige Urkunde zum 60-jährigen Bestehen des Bürgervereins Lüneburg e. V. sollte auf handgeschöpftem Bütten im Format DIN A0 (84,1 × 118,9 cm) gedruckt, in altgold hinter entspiegeltem Museumsglas gerahmt sein und ein Foto-Triptychon von Bundesverdienstkreuträger A. D. 2024 sowie Generalstadtmarschall h. c. Ulrich Mädge mit seinen medialen Flügeladjutanten Carlo Eggeling (links) und Ulf Stüwe (rechts) enthalten!
Alles andere ist respektlos.
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da muss auch eine(r) wirklich erst mal drauf kommen, dass sich JJ als Satiriker betätigt…
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Chat GPT liefert auf die Aufforderung: Schreibe ein Grußwort der Stadt Lüneburg zu 60 Jahre Bürgerverein Lüneburg und der Überreichung der Rot-Blau-Weiße Mappe des Bürgervereins an die Stadt Lüneburg.
folgenden Text
„Grußwort der Stadt Lüneburg anlässlich des 60-jährigen Jubiläums des Bürgervereins Lüneburg und der Überreichung der Rot-Blau-Weißen Mappe
Liebe Mitglieder des Bürgervereins Lüneburg, sehr geehrte Damen und Herren,
es ist mir eine große Freude und Ehre, heute im Namen der Stadt Lüneburg zu Ihnen zu sprechen. Der Bürgerverein Lüneburg feiert sein 60-jähriges Bestehen – ein beeindruckendes Jubiläum, zu dem ich Ihnen allen herzlich gratuliere!
Seit sechs Jahrzehnten setzt sich der Bürgerverein mit großem Engagement und Herzblut für das Wohl unserer Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger ein. Ihre Arbeit und Ihr Einsatz sind ein wesentlicher Bestandteil dessen, was Lüneburg zu einem so lebenswerten Ort macht. Sie haben in diesen Jahren unzählige Projekte initiiert und unterstützt, die das Gemeinschaftsgefühl stärken, die Stadtentwicklung fördern und das kulturelle Leben bereichern.
Ein besonderer Höhepunkt dieses Jubiläums ist die Überreichung der Rot-Blau-Weißen Mappe des Bürgervereins an die Stadt Lüneburg. Diese Mappe symbolisiert nicht nur die lange Geschichte und die zahlreichen Erfolge des Bürgervereins, sondern auch die enge Verbundenheit zwischen dem Verein und unserer Stadtverwaltung. Sie ist ein Zeichen der Wertschätzung und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit, die über viele Jahre gewachsen ist.
Im Namen der Stadt Lüneburg möchte ich Ihnen, liebe Mitglieder des Bürgervereins, für Ihre unermüdliche Arbeit und Ihren unerschütterlichen Einsatz danken. Ihre Hingabe und Ihre Leidenschaft sind inspirierend und motivierend für uns alle. Sie zeigen uns, wie wichtig das Engagement jedes Einzelnen für das Gemeinwohl ist und welche großen Veränderungen durch gemeinschaftliches Handeln möglich sind.
Möge der Bürgerverein Lüneburg auch in den kommenden Jahrzehnten weiterhin so erfolgreich und tatkräftig wirken. Mögen Ihre Projekte und Initiativen auch in Zukunft das Leben in unserer Stadt bereichern und unser Lüneburg zu einem noch schöneren Ort machen.
Noch einmal herzlichen Glückwunsch zum 60-jährigen Jubiläum und vielen Dank für die Übergabe der Rot-Blau-Weißen Mappe. Auf viele weitere erfolgreiche Jahre des Bürgervereins Lüneburg!
Mit den besten Grüßen“
Da bin ich doch sehr froh, dass im Rathaus noch eigenständig an Texten gearbeitet wird.
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Lieber Claus-Cornelius,
unsere Salz-, Hanse- und Kneipenzentrale hat 79.561 Einwohner:innen (Stand 31. Dezember 2023). Wenn jedes einzelne Mitglied des 140 Köpfe zählenden Bürgervereins (inklusive seines Marathon-Chefs und Plagiatsjägerhauptmanns Rüdiger Schulz an der Spitze) auch nur 568 Verwandte, Freunde und Follower im Lüneburger Stadtkreis besitzt, dann bleiben maximal 41 Personen übrig, denen ein frisches, originelles, von mehligen Standardfloskeln und verantwortungslos abgekupferten, zuweilen sogenannten „Allerweltspassagen“ freies Gruß- und Dankesschreiben gleichgültig sein könnte.
Ja, froh zu sein, bedarf es wenig, doch darf eine schweigende, aber lautstarke Minderheit, eine sabbelgewohnte, aber unhörbare Mehrheit mit Hinweis auf Maschinengeneriertes in ihren Ansprüchen auf geniedichterisch ausgeschwitztes Herzenslob beschneiden? Heißt das nicht ungefähr so viel, wie:
Oder sollen „die Menschen“ sich an Ministerin Miriam halten, die (hier ab min:sek 16:18) einfach – von Tatsachen ungedeckt, doch im Brustton der Überzeugung – behauptet:
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Aber ganz bestimmt ist das der Fall, wenn Hans-Herbert Jenckel einen Blog.jj-Beitrag über eine Plagiats-Nichtigkeit beim Lüneburger Bürgerverein veröffentlicht und nicht über einen veritablen, seit Jahren wegen Nichthandelns schwelenden Plagiatsskandal an der Leuphana, der seit ein paar Tagen durch einen Vertuschungsskandal an der Lüneburger Universität noch überboten wird.
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Das eine wie das andere, das Sie anführen, eignet sich nicht für Satire, sondern ist bedauerlich. Vor allem der taz-Artikel fasst gut nach.
Schon Zuchtmeister Wolf Schneider hat ja gewarnt, das 80 Prozent der Deutschen Ironie und Satire gar nicht als solche wahrnehmen. Ich habe Sie immer bei den anderen 20 Prozent gesehen. lg Ihr jj
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Ich stehe eben lange auf dem Schlauch, Herr Jenckel, und wenn ich dann doch einen Einfall habe, ist der Witz meist nur schwer zu fassen.
Wie wir von Gertrud Hölscher wissen, hat Kurt Tucholsky zwar nie gesagt, hätte aber trotzdem richtig damit gelegen:
Vergeben Sie mir also bitte.
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Schönes Zitat
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