Wie ich mein Geld im Netz versenkte

Online bin ich immer auf der Hut, öffne spontan keine Anhänge, rufe lieber vorher beim Absender an, reagiere schon gar nicht auf Droh- oder Werbemails und lösche sofort, wenn mir wieder ein Winkeladvokat aus Südafrika eine Millionen-Erbschaft gegen ein paar lächerliche Tausend Euro Verwaltungsgebühr andient. Jetzt habe ich einmal gesündigt und bin postwendend gnadenlos abgestraft worden.

Beim Flanieren auf Facebook stolperte ich über eine Jacke aus „hochwertigen Materialien“, eines „Traditionsgeschäftes“, das nach sechzig Jahren schließe und deswegen Hammer-Rabatte raushaut. Das hat mich berührt, auch der Preis, und ich bin über alle roten Ampeln gefahren, um Geld zu versenken. 

Ich aktivierte also mein PayPal-Konto. Was sollte schon schief gehen bei so viel Seriosität? Kaum hatte ich auf „kaufen“ gedrückt, kam der übliche Glückwunsch und Dank. Na, dachte ich, schaue ich mir noch mal ein paar Bewertungen im Netz an. Grausam. Ich war in Aufruhr. Sofort schickte ich eine halbe Stunde nach Bestellung einen Widerruf, dann noch einen. Ich alarmierte Paypal, keine Transaktion durchzuführen. Alles zu spät. 

Dann habe ich mir die Seite des „Traditionsgeschäftes“ genauer angeschaut. Ich wollte ja schnell jemanden erreichen, anrufen oder wenigsten eine Mail schicken. Es gab kein Impressum. Da stieg schon mal der Puls. Keine Telefonnummer, keine Mailverbindungen. Die AGBs sind auf Englisch, komisch für ein Traditionshaus. Das hammerharte Widerruf-pdf dagegen auf Deutsch, vermutlich, damit ich mich besser in meine Opferrolle füge. Da konnte ich Folgendes lesen:

Rückgabe, nur weil die Farbe nicht stimmt oder die Jacke ein wenig zu lang oder zu kurz ist, mir das Material nicht passt, auch Polyester gilt manchen als „hochwertig“ – äh, äh. Und bei Rückerstattung könne ich ja eine Klitsche somewere in China, in der Stadt Yiwu shi kontaktieren. Wenn ich die Ware zurückschicken wolle, dann nur auf eigene Rechnung – natürlich nach China. Und dann würde man nach strenger Durchsicht prüfen, ob ich auch Geld zurückerhalte. Ich habe meinen Ansprechparter dort, XiaoLin, nie kontaktiert. Wahrscheinlich würden wir uns eh nicht gut verstehen.

Dann meldete sich nach einer Woche eine „Emma“ per Mail, dass mein Widerruf leider zu spät eingegangen sei. Eine halbe Stunde nach Kauf, zu spät. Aha.

Ach so,  habe ich vergessen: Rücksendung ist nur innerhalb von 30 Tagen möglich. Nach zwei Wochen ist die Ware allerdings noch nicht aus China eingetroffen, und ich vermute, das wird sie auch erst, wenn überhaupt, nach diesen 30 Tagen.

Und dann fndet sich noch folgender Absatz, den ich gar nicht verstehe: „Wenn die bestellte Ware vom Kunden nicht ordnungsgemäß zugestellt wird, wird sie von der Transportgesellschaft für 7 Tage zur Abholung bereitgehalten. Ab dem ersten Tag wird eine E-Mail an die E-Mail-Adresse des Empfängers gesendet, um ihn über die Lagerung zu informieren und Anweisungen zur Kontaktaufnahme mit dem Kurier und zur Neuorganisation der Lieferung bereitzustellen.“ Ich vermute, dass Lager ist auch in China oder Timbuktu – ist ja auch günstiger. Da war mir schon alles egal.

Doch ich zweifle in diesen Tagen, ich kränkelt etwas, an meinem Gedächtnis. Denn kurz nach diesem Desaster habe ich bei einem Hütchenspiel einer bekannten High-Tec-Firma mitgemacht und prompt ein Notebook gewonnen, für 9.90!!!!!! Euro. Ich war schon auf dem Weg zu meiner Kreditkare, als meine Frau mich kopfschüttelnd ausbremste. „Unbelehrbar.“

Ich fühle mich wie ein Idiot. Ich frage mich, wie ich den zwielichtigen Online-Händlern bisher entgehen konnte. Ich radel halt lieber in die Stadt. Dort gibt es genug Rabatte. 

Hans-Herbert Jenckel

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Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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13 Responses to Wie ich mein Geld im Netz versenkte

  1. Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

    Lieber Herr Jenckel,

    grämen Sie sich nicht. Sie haben mittlerweile ja viele gute Tipps über Facebook erhalten, damit Sie den Kauf oder zumindest die Paypal-Überweisung rückabwickeln können.

    Zum Thema „fehlendes Impressum“ kann ich aber auch eine aktuelle Story beisteuern.

    Ich erzähle sie nicht, um meine politische Überzeugung darzulegen, auch wenn das Zentralthema die vergangene Bundestags-Wahl ist. Meine Gesinnung zu dem Spektakel, das sich im Wahlkreis 37 und hier wohl konzentriert in der Stadt Lüneburg zugetragen hat, ist geprägt vom Bewusstsein sittlicher Werte, es geht es um Klarheit, Fairness und Anstand.

    Die Pressegesetze der Länder schreiben vor, dass Druckerzeugnisse, zu denen auch politische Flugblätter zählen, mit einem Impressum zu versehen sind. Jedes Flugblatt muss eine natürliche Person als Verantwortlichen und eine Postanschrift benennen. Ausreichend sind beispielhaft also folgende Angaben:

    V.i.S.d.P.: Max Mustermann, Initiative „Musterstadt ist bunt!“ Friedrich-Ebert-Straße 1, Musterstadt

    Es dürfte jedem Leser geläufig sein, dass das Weglassen von Pflichtangaben als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße – übrigens von bis zu 50.000,- € – geahndet werden kann.

    Konkret zum Geschehen : etwa zwei Tage vor der Wahl wurden Flugblätter (hauptsächlich in der Uni-Stadt Lüneburg) verteilt mit der Balkenüberschrift „Nutze Deine Erststimme gegen die CDU“; zusätzlich kursierte eine Whats-App-Rundschreiben-Nachricht mit gleicher Headline. Der oder die Verfasser oder wenigstens ein Verantwortlicher wird /werden namentlich nicht erwähnt.

    Was für Dummbatze, dachte ich mir noch am Wahltag, eine Veränderung der Anzahl der zustehenden GesamtCDU-Sitze im neuen Bundestag wird das sicher nicht bewirken, also was sollte diese offensichtliche Manipulation?

    Das Ergebnis ist bekannt.

    Der Direktkandidat der SPD, Jakob Blankenburg, ein sympathischer junger Mann, wird unseren Wahlkreis weiterhin in Berlin vertreten. Satte 8479 „Leihstimmen“, also mehr Stimmen, als seine Partei mit den Zweitstimmen erhielt, hat ihm der Aufruf eingebracht. Und er wird trotzdem nur das vertreten können, was die Koalition in Berlin vorgegeben hat.

    Herr Blankenburg hat nun in dieser Legislaturperiode noch einmal die Chance bekommen, sich mit aller Kraft und dann hoffentlich mit positiven Ergebnissen für unsere Region einzusetzen und beispielsweise jetzt endlich auch die niedersächsische Landesregierung für den Bau der A 39 oder die Notwendigkeit des dritten Gleises zu überzeugen.

    Ich persönlich hätte mir allerdings den besten Vertreter in Berlin für unseren Wahlkreis gewünscht. Auch wenn das Ergebnis einer Umfrage nach einer Podiumsdiskussion im Gymnasium Bleckede bei den Schülern der Oberstufe nicht als repräsentativ gelten kann, so spricht es doch Bände:

    Dr. Schulze (CDU) ist mit einem satten Vorsprung derjenige gewesen, durch den sich die Schüler am besten in Berlin vertreten gefühlt hätten (38 Prozent der Stimmen), Blankenburg (SPD) und Peters (Die Linke) ziemlich gleichauf mit 26 bzw. 27 Prozent. Frau Verlinden (B 90 / Die Grünen) wollte gar niemand seine Stimme geben.

    Um nun wirklich keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: natürlich kann jeder strategisch wählen und seine Kreuze auf dem Wahlzettel dort machen, wo er meint, dass der Kandidat oder die Partei ihn und seine Anliegen gut vertreten wird oder wenigstens das zu hoffen. Allerdings muss man dann auch den Tatsachen ins Gesicht schauen: mit dieser Wahl des Direktkandidaten der SPD hat man nicht einen einzigen Sitz der CDU in Berlin verhindert. Shit happens!

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    • Liebe Frau Dreyer,

      Ihr Einwurf liest sich angestrengt überkonstruiert. Darüber hinaus ist seine Botschaft unklar.

      Nutze Deine Erststimme gegen die CDU“.

      Den rechtlichen Aspekt haben Sie richtig skizziert. Doch bleibt Ihre kausale Deutung reine Luftfechterei. Was immer der Satz besagen soll, er sagt jedenfalls nicht: „Nutze Deine Erststimme für die SPD“!

      Nur drei Direktwahlkandidaten haben im Bundestagswahlkreis Lüchow-Dannenberg – Lüneburg (Wahlkreis 37) deutlich mehr Stimmen erhalten als die Partei, für die sie angetreten sind:

      • Jakob Blankenburg (SPD) + 8.479, das entspricht + 133,0 Prozent
      • Marco Schulze (CDU) + 2.836, das entspricht + 109,5 Prozent
      • Dietrich Münster (die Basis) + 792, das entspricht + 273,7 Prozent

      Worüber informieren diese Zahlen?

      1. Bestimmt nicht darüber, wem der von Ihnen genannte Aufruf waseingebracht“ hat.
      2. Falls doch, wäre Herr Münster in Relation zu seinen Mitbewerbern der Hauptprofiteur mit einem Plus von 140 % vor Herrn Blankenburg und 164,2 % vor Herrn Dr. Schulze.
      3. Da, wie Sie ganz richtig schreiben, „das Ergebnis einer Umfrage nach einer Podiumsdiskussion im Gymnasium Bleckede bei den Schülern der Oberstufe nicht als repräsentativ gelten kann“, so kann es „auch keine Bände“ sprechen. Wäre die Umfrage bei den anonymen Alkoholikern mit gleichem Ergebnis durchgeführt worden, so würden deren Zahlen auch nichts mehr (oder weniger) „Repräsentatives“ verraten haben. Sie gäben Auskunft darüber, was eine sehr kleine Gruppe von Meinenden mit speziellen Eigenschaften zu einem bestimmten Zeitpunkt wünscht.
      4. Sie „persönlich“ hätten sich „den besten Vertreter in Berlin für unseren Wahlkreis gewünscht“. Dieser Wunsch ist Ihnen erfüllt worden, insofern jede politische Wahl ja nie etwas anderes leistet, als den gewählten Vertreter als den nach allen für diese Wahl relevanten Hinsichten „besten Vertreter“ auszuzeichnen.

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      • Avatar von Helga Dreyer Helga Dreyer sagt:

        Lieber Herr Kirsche,

        O Mensch! Gib Acht! Was spricht die tiefe Mitternacht?

        Sie sollten nach Mitternacht nicht mehr auf Kommentare antworten, wenn es Sie anstrengt, die Bedeutung dahinter zu verstehen – oder was heißt für Sie „angestrengt überkonstruiert“?

        Meine Botschaft ist Ihnen unklar? Haben Sie meine Intention nicht verstanden? Oder wollten Sie sie gar nicht verstehen?

        Es ging mir ausschließlich um sittliche Werte, es geht um Klarheit, Fairness und Anstand, die ich in den geschilderten Vorgängen vermisse.

        Klarheit, die Sie mit Ihren Ausführungen nun verwässern, denn es ist absurd, aufgrund meiner Ausführungen die Stimmenzuwächse in Prozentangaben zwischen den von Ihnen genannten drei Direktkandidaten zu vergleichen und dann das Ergebnis als Quintessenz zu präsentieren und als Luftfechterei abzutun.

        Sie wollen mich vermutlich nur foppen, oder?

        Nur für den Fall, dass ich mich damit täusche, hier eine Zusammenfassung meiner Kritikpunkte, die Sie ja nicht unbedingt teilen müssen:

        1. Die Aufrufe enthalten kein Impressum. Das empfinde ich als ausgesprochen feige. Nicht von ungefähr versteht das Strafrecht ein fehlendes Impressum allgemein als Wettbewerbsverzerrung, für politische Flyer u. ä. gilt für Niedersachsen: Der Bekanntmachung zufolge unterliegt Wahlwerbung in Niedersachsen der presserechtlichen Impressumspflicht. Im genauen Wortlaut heißt es darin:„14.2 Veröffentlichungen, die von den Wahlvorschlagsträgerinnen und Wahlvorschlagsträgern im Zusammenhang mit Wahlen herausgegeben werden (Plakate, Flyer, Wurfsendungen etc.), sind Druckerzeugnisse i.S. des NPresseG. Sie unterliegen der Impressumspflicht des § 8 NPresseG. Die Ausnahmetatbestände kommen nicht in Betracht. Der Impressumspflicht wird insbesondere nicht Genüge geleistet, wenn lediglich eine E-Mail-Adresse angegeben wird. Ein Verstoß gegen die Impressumspflicht stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Die Wahlvorschlagsträgerinnen und Wahlvorschlagsträger sollten rechtzeitig in geeigneter Weise auf die Impressumspflicht hingewiesen werden.“
        1. Die Headline „Nutze Deine Erststimme gegen die CDU“ gaukelt vielen Lesern vor, Sitze der CDU im Parlament dezimieren zu können. Nicht alle kennen sich mit den Auswirkungen der Wahlrechtsreform aus. Der Satz in den Aufrufen: „Links der CDU zusammenhalten und Jakob die Erststimme geben und die weiteren Erläuterungen verstärken diese (Falsch-)Aussage meiner Meinung nach, weil dadurch impliziert wird, dass „Jakobs“ Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag gewichtiger wäre, als die Zugehörigkeit des CDU-Direkt-Kandidaten Dr. Schulze.
        2. Und einmal vorab, lieber Herr Kirsche, schauen Sie, welches für den Wahlkreis 37 ärgerliche Ergebnis durch die „unerwartete“ Erststimmenvermehrung des SPD-Direktkandidaten gebracht hat: EJZ vom 24.02.2025Blankenburg gerade so reingerutscht – Entwicklungen im Wahlkreis 37: Sozialdemokrat holt das schlechteste Erststimmenergebnis der niedersächsischen SPD-Wahlkreisgewinner, Auszug: „Am Montagmorgen stand es fest: Jakob Blankenburg (SPD) bleibt Bundestagsabgeordneter. Wegen des neuen Wahlrechts war lange nicht klar, ob sein Ergebnis von 27,8 Prozent reichen würde. Schlussendlich ist die SPD mit 17 niedersächsischen Abgeordneten im Bundestag vertreten. 15 gewannen ein Direktmandat, zwei zogen über die Landesliste ein. Blankenburg profitierte von dem relativ guten SPD-Ergebnis in Niedersachsen. „Es war ein wildes Hin- und Hergerechne“, sagte Blankenburg am Montagmorgen der EJZ. „Aber es ist ja alles gut gegangen.“ Der 27-Jährige bekommt sein Bundestagsmandat als 15. und Letzter der Liste der niedersächsischen Wahlkreisgewinner der SPD. Über die SPD-Landesliste hätte es auch für ihn gereicht, sein 13. Platz hätte gerade für den Einzug ins Parlament gezogen. Wenn Blankenburg den Wahlkreis nicht gewonnen hätte, würden drei statt nur zwei SPD-Kandidaten aus Niedersachsen über die Landesliste in den Bundestag kommen,  darunter als Dritter der 27-Jährige.
        3. Verstehen Sie, Herr Kirsche? Mit Dr. Schulze hätten wir – neben Jakob Blankenburg und Frau Verlinden – einen weiteren BTA in Berlin für unseren Wahlkreis entsenden können! Das wäre für unsere Region bestimmt nicht nachteilig gewesen.
        4. Hier finden sich aussagekräftig in Tabellenform die Zahlen zur wundersamen Vermehrung der Erststimmen des SPD-Kandidaten und zur wundersamen Reduzierung der Erststimmen der Grünen-Kandidatin im Vergleich zur vorherigen Wahl und in Relation zu den Zweitstimmen.
        5. Ich fühle mich sehr wohl und in guter Gesellschaft damit und darüber, meine Einschätzung über Fähigkeiten und Dynamiken der Direkt-Kandidaten mit der kleinen Gruppe der Oberstufenschüler eines Gymnasiums teilen zu können, lieber Herr Kirsche.

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      • Liebe Frau Dreyer,

        Sie fragen, was ich mit „angestrengt überkonstruiert“ meine. Ich gebe zu, die Vokabel „gesucht“ – im Sinne von „weit hergeholt“ oder „an den Haaren herbeigezogen“ – hätte weniger gekünstelt geklungen.

        Ihnen geht es „ausschließlich um sittliche Werte, um Klarheit, Fairness und Anstand“, die Sie „in den geschilderten Vorgängen vermissen“. Das hatte ich verstanden, und nehme es Ihnen auch ab. Welchen Grund hätte ich denn, das nicht zu tun? Wie schon geschrieben, halte ich Ihre rechtliche Einordnung für korrekt und Ihre moralische Bewertung für nachvollziehbar. Sachlich halbwahre, doch „negativ werbende“ Wurfsendungen dieser Art (die es, soweit mir bekannt, mit lokal angepassten Inhalten in Hamburg und Berlin wenige Tage vor dem Wahlsonntag ebenso gegeben hat wie in weiteren Städten Niedersachsens, aber auch Nordrhein-Westfalens, Hessens und des Saarlendes) bringen auf abstoßende, weil auf namentlich erwähnte Einzelpersonen betreffende Weise ganz nahe, was sonst gesichtslose Subjekte (Drangsalierte, Illegale, Fremdarbeiter, Arbeitslose, Migranten, Entgleiste beispielsweise) pauschal und aus der Distanz zu ertragen haben: Herabsetzung, Ablehnung und Ausschluss aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Kollektiv (das hier durch Herkunft und Hautfarbe, dort durch Parteizugehörikeit und Propagandagequatsche identifiziert wird).

        Weder „verwässere“ ich die „Klarheit Ihrer Ausführungen“ durch meinen Vergleich der „Stimmenzuwächse in Prozentangaben zwischen den drei Direktkandidaten“ noch tue ich sie in Bausch und Bogen „als Luftfechterei ab“.

        Es scheint mir nur (anders als offensichtlich Ihnen) selbst dann, wenn wir uns auf die Verhältnisbetrachtung der absoluten Zahlen beschränken, kein nachweisbar gerader Weg von der ungezogenen Briefkastenattacke zu dem hauchdünnen Vorsprung des einen Direktkandidaten oder zu dem hauchdünnen Nachsehen des anderen im Wahlkreis 037 zu führen.

        Die 299 Bundestagswahlkreise verteilen sich gemäß Einwohnerzahl auf die 16 Länder. In 6 Ländern (Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg) hat die SPD nicht einen einzigen Wahlkreis gewonnen, in Schleswig-Holstein einen von elf, in Hamburg 3/6, Niedersachsen 15/30 Bremen 2/2, Brandenburg 1/10, Berlin 1/12, Nordrhein-Westfalen 17/64, Hessen 2/22, in Rheinland-Pfalz 1/15 und im Saarland 2/4. Insgesamt sind das SPD-Erststimmensiege in 45 von 299 Wahlkreisen (≈ 15 %). Im Wahlkreis 037 Lüchow-Dannenberg–Lüneburg gewinnt Jakob Blankenburg (SPD) das Direktmandat mit 42.817 Stimmen. Das enstpricht 27,8 % der Wählenden. Erstunterlegen ist Dr. Marco Schulze (CDU) mit einem Abstand von 2.276 Stimmen, was 1,5 % der Wählenden entspricht. Was die SPD angeht, wäre das Wort „Untergang“ noch sehr milde gewählt. Was Herrn Blankenburg angeht, erkenne ich keine Auffälligkeiten.

        Meiner Ansicht nach spielen vier Faktoren eine wesentlich größere Rolle für das Unterliegen des CDU-Mannes Dr. Marco Schulze:

        Erstens ist Herr Blankenburg als amtierender Abgeordneter bekannter als sein Herausforderer und profitiert (wohl vor allem in der Hansestadt) von größeren Bonus- oder Sympathiewerten. Zweitens hat die SPD an Olaf Scholz (21,8 % im Wahlkreis 061) festgehalten, obgleich die Beliebtheitswerte von Boris Pistorius (36,2 % im Wahlkreis 042) seit Monaten nach einem Wechsel des Spitzenkandidaten geradezu schrien. Diese Halsstarrigkeit dürfte die SPD bundesweit 5 Prozent und könnte Herrn Blankenburg einen deutlicheren Sieg gekostet haben. Drittens hat Herr Dr. Schulze, anstatt sich von der niederschmetternden AfD-Anbiederei des CDU-Kanzlerkandidaten am 29. und 31. Januar 2025 zu distanzieren, in dieselbe, von unkontrollierten Affekten und unverzeihlichen Gedankenwirrnissen zeugende Kerbe geschlagen. (Herr Dr. Schulze besaß die makabre Geschmacklosigkeit, vor dem Hintergrund der Morde von Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg das leibliche Wohlergehen seiner Kinder zum Zwecke der politischen Agitation ins Spiel zu bringen.) Dieses Merz-Manöver dürfte – viertens – die CDU bundesweit gut und gerne 7 Prozent gekostet und damit auch den Start des Neetzer Newcomers beeinträchtigt haben. (Im Jahr 2024 sind in Deutschland 2.780 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr ums Leben gekommen. Die Zahl der Verletzten insgesamt betrug rund 363.000 Personen. Die Zahl der Schwer- und Schwerstverletzten allein betrug 50.300. Insgesamt gab es laut Europäischer Umweltagentur, European Environment Agency, EEA, im Jahr 2022 in Deutschland 69.865 Todesfälle durch Luftverschmutzung aufgrund von PM2,5-Feinstaub, und 28.464 aufgrund des Dieselabgasgifts NO2. Sind Verkehrssicherheit und Umweltschutz keine Konzepte, die einen politisch aktiven Familienvater beschäftigen sollten?)

        Zu Ihrem Punkt 1) Hier stimme ich Ihnen ohne Einschränkung zu.

        Zu Ihrem Punkt 2) Ja, die auf dem Reklamezettel enthaltenen Informationen sind irreführend.

        Zu Ihrem Punkt 3) Sie gehen davon aus, dass der Aufruf einen Effekt hatte. Ich meine, falls ja, ist schwer zu sagen, welchen.

        Zu Ihrem Punkt 4) Ich verstehe, was Sie meinen. Andererseits gibt es keine imperativen Mandate.

        Zu Ihrem Punkt 5) Ich erkenne daran nichts „Wundersames“ und schon gar nichts „Herbeigeführtes“.

        Zu Ihrem Punkt 6) Würden Sie sich auch „sehr wohl und in guter Gesellschaft mit der kleinen Gruppe der Oberstufenschüler eines Gymnasiums“ fühlen, wenn die Ihre „Einschätzung über Fähigkeiten und Dynamiken der Direkt-Kandidaten“ nicht teilen könnte, liebe Frau Dreyer? Es ist ja einfach, die zu mögen, die einer Meinung mit uns sind. Viel schwieriger ist es, die zu schätzen, die gute Gründe für abweichende Überzeugungen vortragen. Fragen Sie bloß mal bei Donald und seiner Entourage nach.

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      • Avatar von D. Deckers D. Deckers sagt:

        … Sollte die Union aus dem seit Jahren schwindenden Zuspruch unter jungen Wählern einen Schluss gezogen haben, dann offenkundig den, dass man sie auch fürderhin nicht ins Kalkül ziehen muss. Dabei müssen sie als Steuerzahler für die schwindelerregenden Schuldenberge geradestehen, die jetzt nicht zuletzt unter dem schönfärberischen Namen „Sondervermögen“ am Horizont auftauchen – und nicht die Alten.

        Das macht es natürlich auch der SPD leicht, mit hohen dreistelligen Milliardenbeträgen zu jonglieren. Auch ihr scheint das Schicksal der Jungen mittlerweile herzlich egal zu sein.

        Nun ist beiden potentiellen Koalitionspartnern kein Vorwurf daraus zu machen, dass der amerikanische Präsident Trump binnen weniger Wochen eine transatlantische Ordnung zerstört, die jahrzehntelang Bestand hatte. Eine Ausnahme von den Schuldenregeln für die Not leidende Bundeswehr ist daher unabweisbar. Anders verhält es sich mit dem dreistelligen Milliardenbetrag für Infrastruktur, den auch Merz mit einem Mal nicht missen will.

        Noch im Wahlkampf hatte er alle Zweifel an der Finanzierbarkeit der Sanierung von Straßen, Brücken und Bahntrassen mit dem Hinweis auf Wirtschaftswachstum und Reformen im Sozialetat abgetan.

        Sollte er es bis zum 23. Februar nicht besser gewusst haben, hat er den Ernst der Lage bis zuletzt nicht begriffen. Wusste er doch, was nach der Wahl blühen würde, haben er und seine Mitstreiter auch im Wahlkreis 37 das Wahlvolk monatelang an der Nase herumgeführt.

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    • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

      tja frau dreyer

      sich schon mal die wahl 2021 in bleckede angesehen? der apfel fällt nicht weit vom stamm. zitat: nach einer Podiumsdiskussion im Gymnasium Bleckede bei den Schülern der Oberstufe nicht als repräsentativ gelten kann, so spricht es doch Bände. welche bände meinen sie? die eltern -kind bande?

      https://www.bleckede.de/home/rathaus/stadtportraet/wahlen/kommunalwahl-2021.aspx

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  2. Avatar von Werner Mellentin Werner Mellentin sagt:

    Hallo, Herr Jenckel.Die Vorbehalte gegenüber Herrn Xiao Lin sind für micht nicht nachvollziehbar. Ich habe gerade in der letzten Woche eine Jacke problemlos retournieren können. Bzw. es wurde auf die Rücksendung verzichtet, mir das Geld aber anstandslos zurückerstattet.

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  3. Avatar von Otto Berg Otto Berg sagt:

    Das ist ja einmal eine süße Think global, buy local-Geschichte mit knalliger Reklame-Pointe zugunsten der örtlichen Lüneburger Ladengeschäfte, lieber Herr Jenckel.

    Könnte auch von Zappel-Fiddi Merz, Heiko Meyer, Patrick Pietruck bzw. von Dr. Marco Schulze oder Michael Zeinert stammen.

    Das böse, böse Inter-Netz! Der liebe, liebe Shopper von der Bäckerstraße!

    Es gibt allerdings mächtige Stimmen, die wollen das genaue Gegenteil.

    Amazon-Gründer und Washington Post-Eigentümer Jeff Bezos hat die vielen hundert Mitarbeiter seiner Zeitungsredaktion gerade angewiesen, derartige Besonderheiten (wie konkrete Fälle von Betrug und individuell zuordbaren verbrecherischem Missbrauch) nicht länger zu kommentieren. „Der Mensch“ (dazu gehört der Käufer ebenso wie der Verkäufer – und natürlich „der Amerikaner“) sei „frei“ zu tun und zu lassen, was er möchte, und folgerichtig gelte es, „die freien Märkte“ weltweit zu verteidigen, und n i c h t, sie durch manipulative Meinungsmache oder nostalgisch-dirigistisches „Vor-Ort-Sentiment“ einzuschränken oder gar durch angstschürende „Gefahrenhinweise“ zu kujonieren. Das Recht auf grenzenlose Stupidität ist ein „persönliches Freiheitsgut“.

    „Wir werden jeden Tag schreiben, um zwei Säulen zu unterstützen und zu verteidigen: persönliche Freiheiten und freie Märkte. Natürlich werden wir auch andere Themen behandeln, aber gegensätzliche Standpunkte überlassen wir der Veröffentlichung durch andere.“

    Könnte auch von Zappel-Fiddi Merz, von Heiko Meyer, Patrick Pietruck bzw. von Dr. Marco Schulze oder Michael Zeinert stammen.

    Doch egal, denn wie lautet das Motto von Conrad Ferdinand Meyers Verserzählung „Huttens letzte Tage“?

    … ich bin kein ausgeklügelt Buch, / Ich bin ein Mensch mit seinem Widerspruch …

    Und was Ihre halbhumoristischen Insinuationen über die maskuline Dummheit und die feminine Intelligenz in haushalterischen Angelegenheiten betrifft, Herr Jenckel, so könnten Herr Bezos, Herr Pietruck, Herr Pols und Herr Schulze Ihnen leicht deren vormoderne Spießigkeit entgegenhalten oder aber Ihnen – in weit entspannterer Gemütsverfassung am Tresen – mit einem abgeschaut verschmitzten sauerländischen Augenzwinkern antworten.

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  4. Avatar von KLaus Bruns KLaus Bruns sagt:

    tja, schnäppchenjäger leben online nicht gesund. bei amazon wäre es ihnen nicht passiert. schmunzeln. dafür geht aber schon mal eine lieferung kaputt, oder der liefer-bote hatte zu viel durst. sowas kommt schon mal bei hochwertigen spirituosen vor. das geld kam aber bis jetzt immer wieder zurück. warum nach lüneburg fahren, wenn doch nur der spruch zu hören ist: das müssen wir bestellen? die lagerhaltung der firmen tendiert gegen null. provinz eben.

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    • Avatar von Georg Wüstenhagen Georg Wüstenhagen sagt:

      Sie sind und bleiben ein Snob, Herr Bruns!

      Leben denn Ihrer Ansicht nach Dam-, Rot- oder Schwarzwildjäger online gesünder?

      Und Schnäppchenjägerei bei Amazon, ja? Aber eben nicht online? Gerade hat in Mailand der erste physische Amazon Store auf europäischem Festland eröffnet, außerdem der erste und einzige Laden weltweit, der nur Schönheits- und Körperpflegeprodukte, rezeptfreie Medikamente und Parapharmazeutika anbietet.

      Nicht unelegant: der neue Amazon Parafarmacia & Beauty -Laden in Mailand

      Erzählen Sie uns oben zwischen den Zeilen etwa, dass Sie sich hier Ihre Beauty-Essentials an den Wochenenden analog beschaffen? Dass Sie körperlich anwesend in der lombardischen Mode-Metropole an der Piazzale Luigi Cadorna 4, nur wenige Meter vom gleichnamigen Regionalbahnhof entfernt, Ihre Parfum- und Badeseifen-Must-Haves nach Beratung durch Giorgio Busnelli, dem Vizepräsidenten von Amazons Consumer Goods Categories in Europa, aussuchen, bezahlen und von dort in einer großen Designer-Tüte nach Hause tragen?

      „Günstige Flüge von Hamburg International nach Mailand Malpensa und zurück. Schon ab 44,99 € bringt Eurowings dich deinem Traumziel näher“, Herr Bruns?

      Für ein reiferes Publikum ist sicherlich der Raum gedacht, der sich „Derm Bar“ nennt. Er hat an einer Seite einen Tresen, die übrigen sind mit Regalen ausgekleidet. Die Produktpalette ist exklusiver. Das Herzstück des Raums sind drei ovale Spiegel, die eigentlich Hautscanner sind: Eine KI analysiert die Poren im Gesicht des Kunden. Es dauert nur einen Wimpernschlag, und auf dem Spiegel erscheint das Ergebnis. „Learn“ heißt im Amazon-Kosmos, sich Verkaufsargumenten auszusetzen, „Liberty“, dass im Regal auch einmal nach einem Rasierwasser mit nur vier Bewertungssternchen gegriffen werden darf. Wer danach mit seinen Heiligtümern nicht direkt zur Kasse läuft, geht vorbei an Regalen, in denen sich die Amazon-Rubrik „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch …“ materialisiert.

      Jetzt verstehe ich natürlich Ihre von Herzen kommende Verächtlichkeit besser, Herr Bruns, mit der Sie über Reppenstedts Dächer gen Osten schmettern:

      warum nach lüneburg fahren, wenn doch nur der spruch zu hören ist: das müssen wir bestellen? die lagerhaltung der firmen tendiert gegen null. provinz eben.

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      • Avatar von Klaus Bruns Klaus Bruns sagt:

        Georg Wüstenhagen
         sie sind niedlich. sie wissen doch bestimmt, ein snob steht über den dingen. er kann es sich leisten. schmunzeln, aber warum nach lüneburg? soltau und ihr outlet sind doch auch sehr verlockend. wäre doch was für herrn jenckel, oder? die jacke ist vor ort und ein schnäppchen. und mit dem fahrrad auch zu erreichen, oder nicht?

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      • 55 Kilometer die B 209 entlang, Hötzinger Aue auf die B 71, unter der A3 hindurch, dann ist es nur noch ein Katzensprung zu den Designer-Herrlichkeiten. Das schafft Herr Jenckel auf seinem Trekking Bike hin unter 2, zurück unter 3 Stunden, weil das Wollen und das Haben unterschiedlich stark beflügeln.

        Sie eiskalt Metropole (Milano), er eisern Provinz (Rahrsberg)? Ganz fair erscheint mir Ihr Vorschlag aber nicht, Herr Bruns.

        Außerdem dürfte der Preis in Soltau höher liegen als in Yìwū Shì, da ja das Kauferlebnis und seine sportliche Ermöglichung im Heidekreis mitbezahlt werden müssen.

        Und hinsichtlich der CO₂-Bilanz sind beide Vorgehensweisen nicht uneingeschränkt zu loben. Überlegen Sie mal. Da gibt es durchaus noch Optimierungspotenzial.

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