
Es ist beschämend, in Lüneburg stehen Plätze in Parkhäusern rund um die Innenstadt leer. Zur besseren Auslastung ist künftig die erste Stunde kostenlos. Doch Lokalpolitiker reden sich trotzdem eine Parkplatz-Schwund-Phobie an den Hals. Die Preise für Parkplätze sind selbst nach einer Erhöhung eher Provinz, das Denken scheinbar auch.
Die Politik in der historischen Stadt Lüneburg streitet um ein paar Parkplätze während in Hamburg oder Hannover Tausende wegfallen. In Paris sollen 70.000 gestrichen werden. Oh Gott, oh Gott! So schlimm muss es ja nicht kommen. Vielleicht aber sollten Lüneburger Lokalpolitiker sich einmal Rat in den Niederlanden oder bei den historischen Städten in der Toskana holen, ob Siena. San Gimignano oder Volterra, wo die Autos längst draußen bleiben müssen. Mit Erfolg.
Oder sie erinnern sich daran, wie Lüneburg so wurde, wie es ist. Ein Gesamtkunstwerk „Kaufhaus“. Dafür fielen die Parkplätze in der Bäckerstraße, der Grapengießerstraße, später in der Heiligengeiststraße, der Schröderstraße, An der Münze, Am Berge, An den Brodbänken oder an der Rosenstraße und natürlich am Sand weg. Aber die Zeiten ändern sich
Heute geht es nicht darum, Plätze für Behinderte im Stadtkern zu streichen, sondern die ganz bequemen nah dran für jedermann – auch zugunsten anderer Verkehrsmittel und einer veränderten Sicht auf die Innenstadt, die weiter Geschäfte verlieren wird – zumindest, solange die Mieten so wuchern – und die mehr Alternativen wie Kultur und ja Bänke zum Ausruhen bieten muss und vor allem mehr schattiges Grün.
Nun beklagen Schwarzmaler, dass die Kunden dann nach Winsen oder Uelzen ausweichen. Dann frage ich mich, warum ich in Lüneburg kein Autokennzeichen neben LG häufiger auf Parkplätzen finde wie WL neben UE, HH und DAN. Und nah dran parken, ist kein Erfolgsgarant, bescheinigte jüngst ein Verkehrsexperte Lüneburg.
Ist natürlich klasse, direkt am Rathaus zu parken, wenn Markt ist, aber das Parkhaus am Rathaus macht es doch auch – oder? Und die Preise sind selbst nach der kostenlosen Stunde immer noch nichts zum Beispiel gegenüber Hamburg.
Tatsächlich aber schwächelt die gepriesene Verkehrswende in Lüneburg merklich, der Mobilitätsplan wurde in der Politik ausgebremst, der Radring um die Innenstadt ist immer noch ein Stummel, der Ausbau des Netzes – Fehlanzeige. Im Rat ist Sand im Getriebe.
Fast 8000 Lüneburger unterschrieben vor einigen Jahren den sogenannten Radentscheid. Und bei dem satten Votum stimmte auch der Rat für die Forderungen. Seither, beklagen die damals glücklichen Initiatoren, gäbe es mehr Leerlauf als Fortschritt. Sie sind speziell von den Bremsern in der SPD enttäuscht.
Man könnte natürlich auch argumentieren, der Wandel bringe schon jetzt ungeahnte Probleme durch E-Bikes und E-Roller, die schwer in Mode gekommen, mit sich wie mehr schwere Unfälle. Stimmt. Aber es stimmt auch: Ohne durchgreifende Veränderungen, die ja immer weh tun, wird es schwer für Lüneburg.
In Berlin startet ein Volksbegehren, private Autofahrten in die City sollen nur noch zwölfmal im Jahr erlaubt sein. Feuerwehr, Taxis und die Müllabfuhr dürfen weiter rollen. So hart muss es in Lüneburg nicht kommen. Aber „a isserl was geht immer“ würde der legendäre Monaco Franze sagen.
Hans-Herbert Jenckel
Foto jj: Wenn Sonnabend und Mittwoch, hier eine aktuelles Foto, Markt ist vorm Rathaus, dann wird auch gerne ganz bequem am Platz geparkt. Und das sind nicht nur Menschen, die nicht mehr gut zu Fuß sind.
tja, wenn man die autos auf dem foto austauschen würde und zwar durch elektroautos, ob die dann keine parkplätze in anspruch nehmen würden? und dazu noch die lastenfahrräder? alles schwebt dann in der luft und müssen dann aber angebunden werden. schmunzel, wer sieht dann noch die sonne? ob die politik schon mal was bis zum ende durchdacht hat? bald fahren die autos selbstständig, dazu noch die, die fliegen können. ob es bald behördenfahrzeuge für jeden gibt, die automatisch nur parkhäuser zum parken ansteuern, was nicht umzuprogrammieren geht, wie heizungen an den schulen, die man nicht drosseln kann?
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die einzige politik, die schon mal was bis zum ende durchdacht hat, heißt schmunzel-bruns. alles schwebt dann in der luft und müssen dann aber nicht angebunden werden.
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Wo auf dem Foto sehen Sie Lastenfahrräder, Klaus Bruns? Wieso sollte es bald Behördenfahrzeuge für jeden geben? Gibt es heute schon welche für Reppenstedter? Apropos, über die Doppeldeutigkeit von imposant/im Po Sand hat als Kind vermutlich jeder mal gekichert. Was mir jetzt erst auffiel: Mit imponieren würde das Wortspiel an sich ebenso gut funktionieren. Es wäre dann aber um einiges abstoßender.
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https://www.luenepedia.de/wiki/L%C3%BCnebahn
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Das Parkplatzangebot soll wunschwidrig schrumpfen, aber ein Stadtfest darf sich nicht von der Stadtbevölkerung entfernen?
Das hat es doch längst. In den 70ern stellten die Ladeninhaber Tapeziertische vor ihre Schaufenster. Der Chef schenkte Kaffee und Köm aus, die Mutti und die Omi verteilten selbstgebackenen Kuchen und der jüngere, adrett gescheitelte Lurchi-Nachwuchs spendierte eigenhändig geschmierte Mett- und Scheibenkäsebrötchen. Schokoladenpudding für die Kleinsten. Alles frei, soviel man wollte. Die Lüneburger kamen, um andere Lüneburger zu treffen, um Kontakte zu pflegen, über die Qualität von Sofahussen zu philosophieren oder um Geschäfte anzubahnen. Es gab, verteilt über Bäckerstraße und Grapengießer auch zwei, drei Bratwurstverkäufer. Doch niemand hatte, wenn sie oder er gegen zehn nach dem Freilufttanz am Markt oder Musischwof im Kurpark beseelt nach Hause taumelte, mehr als vier Mark fuchzich ausgegeben.
Dann kamen die 90er. Jeder machte plötzlich auf dicke Hose. Die Stadt wurde zum „Kaufhaus“ umgetauft und Marketingclowns gingen mit den Vokabeln „Vision“ und „Mission“ hausieren, als hätte die Stimme Gottes sie aus dem brennenden Dornbusch heraus beauftragt, die erlösende Botschaft vom weltenrettenden Konsumismus zu verkünden. Die biedere „Werbe- und Parkgemeinschaft“ (WuP) wurde 42 Jahre nach ihrer Gründung (1965) in ein hipp tönendes „Lüneburger Citymanagement“ (LCM) umbenannt. Mit Talmi-Glamour und Swarovski-Strass aufgebrezelter Klingklang trat an die Stelle von Sinn, Gemeinwohl und nachbarschaftlicher Lebensfreude. Von da an standen an verregneten „Feiertagen“ mehr Schnellfressbuden und hölzerne Biertränken als Besucher in der Stadt herum. Jeder Schritt kostete nun Geld. Schon beim Gedanken an die Parkkosten sah man sein Erspartes wegschmelzen. Um gar nicht an die warmen „Kaltgetränke“ und an die Fleischwasserwürste zu denken, außen heiß, innen Eis, aber ein Heiermann knisternder Euronen pro Stück mindestens.
Heute muss das beturnschuhte Sippenoberhaupt bereit sein, für seine vierköpfige T-Shirt-Familie gut und gerne fünfhundert Euro zu investieren, wenn es sich und sie einen Tag lang verköstigt und verschwitzt durch eng dröhnenden Massenklamauk möchte quetschen, psychisch betäuben und physisch auslaugen lassen.
Lüneburgs Verkehrswende ist soft und vorgestrig, Lüneburgs Festivitätswende hart, aber modern.
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Die Verkehrswende ist möglich, aber sie kostet Geld
„SZ-Gipfel-Salon“ unter dem Motto „Mobilitätswende ausgebremst“ bei der Süddeutschen Zeitung
Es wurde deutlich, dass es bereits enormer Anstrengungen bedarf, um Versäumnisse der Vergangenheit zu beseitigen und den Status quo zu erhalten. „Die Weichen, die wir bei der Münchner U-Bahn haben, sind teilweise 50 Jahre alt“, sagt Wortmann. „Das ist ein enormer Sanierungsstau.“ Dass dies kein exklusives Problem des ÖPNV in Deutschland sei, erläuterte Jan Schilling, Vorstand Marketing der DB Regio: „Das passiert so überall in diesem Land. Wir haben zulasten der Infrastruktur gelebt.“ Und diese verzeihe sehr lange sehr viel. „Aber irgendwann gibt es einen Tipping-Point.“ Also den Moment, an dem das System kollabiert.
SZ, 26 Juni 2025, 16:30 Uhr
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Stadt Iserlohn stellt Weichen für die Mobilitätswende –
Bürgermeister Michael Joithe unterzeichnet Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit im Zukunftsnetz Mobilität NRW
Mobilität wird für Städte und Gemeinden zunehmend zum Standortfaktor. Um neue Wege in lebenswerten Städten zu sichern und für eine verlässliche Anbindung der einzelnen Räume an die Ballungszentren zu sorgen, müssen durchgängige und übergreifende Mobilitätsketten geschaffen werden. Mit dem Beitritt zum Zukunftsnetz Mobilität NRW bekommt die Stadtverwaltung Iserlohn nun Unterstützung, um passende Möglichkeiten für Iserlohn zu erarbeiten. Bürgermeister Michael Joithe unterzeichnete die Rahmenvereinbarung über die Zusammenarbeit im Zukunftsnetz Mobilität NRW und stellt damit die Weichen für die Mobilitätswende.
Pressemitteilung der Stadt Iserlohn vom Donnerstag, 26. Juni 2025
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Mobilitätswende ausgebremst
Göttingen ignoriert den Radentscheid
Vor einem Jahr verpflichteten die Göttinger ihre Verwaltung zu vielen Verbesserungen für den Radverkehr. Aber konkrete Maßnahmen gibt es bislang kaum.
taz, 10.6.2025 18:30 Uhr
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Kommt die Mobilitätswende noch? Chancen und Widerstände in unseren Städten – 1. Juli 2025Vortrag mit Verkehrssoziologin Dr. Juliane Haus
Dienstag, 1. Juli 2025, 18:15-19:45 Uhr – Zentraler Campus, Hörsaal 5
Veranstaltung der Leuphana in Zusammenarbeit mit dem adfc Lüneburg
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Lüneburg hat eine Verkehrswende – aber anders, als gedacht. Sie steht unter dem Motto „Zurück in die 1970er-Jahre“.
Da wurde die Wilhelm-Leuschner-Straße umgebaut – aber nicht so, wie ursprünglich gedacht. Bei der Umsetzung waren offensichtlich Parkstreifen das Wichtigste, obwohl gleich um die Ecke ein mehrgeschossiges Parkdeck ziemlich leer rumsteht… Und weil die neuen Parkstreifen nicht direkt vor jedermanns Haustür sind, ist natürlich die nun verengte Fahrbahn auch mit Autos auf der Ostseite in Richtung Kreisel zugeparkt. Sehr zur „Freude“ der Busfahrer.
Der beschlossene „Fahrradstraßenring“ wird schon mal sprachlich zu „Fahrradring“ verfälscht, damit man gar nicht mehr auf die Idee kommt, Beschlossenes einzufordern. Ob er noch in diesem Jahrzehnt fertiggestellt wird, steht in den Sternen. Ende 2024 sollte er eigentlich fertig sein…
Angeblich ist nicht genügend Geld vorhanden, obwohl man bei der ADFC-Fahrrad-Kommunalbefragung 2024 die Radverkehrsstrategie als „finanziell untersetzt“ aufführt – siehe:
Klicke, um auf 03355022_Kommunal2024.pdf zuzugreifen
Dafür hat man genug Geld, um in der Dahlenburger Landstraße eine absurd überdimensionierte Fahrbahn – eine Einschätzung, die schon im NUMP-Prozeß von den Gutachtern etlichen Lüneburger Straßen zuteil wurde – zu bauen.
Was Radfahrer aktuell von Lüneburgs Verkehrspolitik halten, kann man für Lüneburg hier nachlesen:
https://lueneburg.adfc.de/neuigkeit/fahrradklimatest-2024-im-landkreis-lueneburg-die-ergebnisse
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