Die Sicherheitslücke auf dem Platz Am Sande

Lüneburg, 19. April 2018

Die Schüsse im September 2014 im und am Lüneburger Klinikum haben sich eingebrannt ins kollektive Gedächtnis der Lüneburger für Clan-Fehde in der so beschaulichen Salzstadt. An einem so sensiblen Ort trugen „Familien“ mit Schusswaffen ihren Konflikt aus.

In Kaltenmoor schießt jetzt ein 21-Jähriger aus einem Auto auf eine Gruppe am St.-Stephanus-Platz und verletzt einen 20-Jährigen schwer. Drogenhandel soll der Hintergrund sein. Täter und Opfer haben Migrationshintergrund.

Am Sande tragen sich diese Woche zwischen ausländischen Jugendlichen Prügeleien und Jagdszenen zu, zur besten „Busabfahrt-Zeit“ vor Hunderten Zuschauern. Großeinsatz der Polizei.

Und der Spiegel fragt diese Woche auf der Titelseite „Ist das noch mein Land?“ Manchem Lüneburger, der mittags über den Platz Am Sande schlendert, kommen Zweifel.

Doch wenn die Kommunen nach mehr Polizei-Präsenz, nach mehr gefühlter Sicherheit für ihre Bürger, nach mehr Streifen, mehr Kontaktbeamten rufen, die sichtbar im Stadtbild sind, wie es Niedersachsens Städtetagspräsident und Lüneburgs Oberbürgermeister Urlich Mädge tut, dann bekommt er vom Innenminister und Genossen Boris Pistorius eine freundliche Abfuhr. Alles fein, alles im Fluss.

Nein, Herr Pistorius, Sie verlassen einmal ihren gepanzerten Dienstwagen, und wir stellen uns einen Tag zum Beispiel auf den schönsten Platz Norddeutschland und danach, wenn Sie nicht ganz blind und taub sind, ändern Sie Ihre Strategie. Die Polizei vor Ort ist bereit, aber zu mehr Präsenz im Stadtbild personell nicht in der Lage. Das können nur Sie ändern.

Hans-Herbert Jenckel

 (PS: Der Blog ist um einen Absatz gekürzt, um eine missverständliche Passage, die gehörte nicht rein. Vielen Dank für den Hinweis.)

Über jj

Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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7 Antworten zu Die Sicherheitslücke auf dem Platz Am Sande

  1. Stefan schreibt:

    Es führt, fürchte ich, auch an diesem Sonntag kein Weg vorbei an dieser Debatte um diesen in Gelsenkirchen geborenen, mit deutschen Bürgerrechten ausgestatteten, aber u.a. türkischsprachigen Fußballspieler; und „Debatte“, also den rhetorischen Schlagabtausch nach festen Regeln, darf man’s spätestens seit Mittwoch nennen, als im Morgenblatt die türkischstämmige Buchautorin der türkischen Community empfahl, sich nicht in der Opferrolle zu gefallen, sondern sich lieber zu integrieren und aufzusteigen; also gegen den Hunger nach Anerkennung einfach mehr zu spachteln.

    Dass sich in der Causa fast alle idiotisch aufgeführt haben, ist vielleicht als Ergebnis völlig ausreichend, und die zuletzt drängende Frage, welche Sätze des Rassismus-Tweets nun vom Fußballer selbst stammten (der doch als Stiller galt und, so die SZ in einem wirklich restlos korrupten Satz, schon zu Schulzeiten „massiv vor sich hin träumte“) und welche von seinem ausgefuchsten Berater, mag meinetwegen so im Sommerloch verschwinden wie der ganze Unsinn insgesamt; denn dass der durchschnittliche Fußballer von Politik weder Ahnung hat, noch sich für sie interessiert, ist doch genauso klar wie die Tatsache, dass hier Rassismus, der offene wie der latente, die Gelegenheit ergriffen hat. Und dass die „Zivilgesellschaft“ längst keine so zivilisierte ist, wie es etwa die FAZ („Özil wurde nicht für seine Herkunft kritisiert – sondern für sein Verhalten“) gern hätte: Ein argloser SPD-Stadtrat aus dem Osthessischen schreibt auf Facebook unter ein Foto des deutschen WM-Kaders: „25 Deutsche und zwei Ziegenficker“, entschuldigt sich dann und sagt der DPA, ihm seien da „die Pferde durchgegangen“, er habe „vielleicht nicht gleich überlegt“, aber er sei „nicht ausländerfeindlich“, seine Wortwahl bloß „nicht gut“ gewesen. Wo doch die bessere nun wirklich auf der Hand lag: 25 Deutsche und zwei Undeutsche.

    Rassismus ist halt immer das, was drin ist und raus will, und es oblag, natürlich, der „Bild“-Zeitung, hier Öl ins Feuer zu schütten, indem sie, das Volksempfinden sowohl bedienend als auch schürend, von des Fußballers „Jammer-Rücktritt“ zeterte und seinem „wirren“ Angriff aufs Vaterland, und Patrick Bahners, der in der FAZ die „Kampagne“ beschrieb, war noch viel zu freundlich: „Spielverderber, Heulsuse, Memme: Özil einen Jammerlappen zu nennen ist die Logik der Schulhofkämpfe, mit denen eine deutsche Tageszeitung sonst vor dem Ende der multikulturellen Gesellschaft warnt.“ Das Schwache, Weibische, Querulantische als undeutsch zu qualifizieren ist nämlich Nazi-Logik, wie das Gebarme von „Experten“ (Basler, Matthäus, Hoeneß) wegen des Fußballers fehlender/falscher „Körpersprache“ wiederum faschistische Männerscheiße ist (und auch fachlich völlig fehlgeht: „Warum die Kritik an Özils Körpersprache schwachsinnig ist“, „Elf Freunde“, 20.6.2018). Im übrigen hat jeder Spieler, der in Russland angetreten ist, Werbung für die dortige Autokratie gemacht, und wird jeder, der 2022 in Katar dabei ist, Werbung für den dortigen „Sklavenstaat“ („Tagesspiegel“) machen. Mag sein, zeitgenössischer Fußball ist eine Werbung für Freiheit und Demokratie; allerdings im Sinne Springers.

    Und dann wär’s ja geradezu inkonsequent, wenn er nicht, kommt es drauf an, rassistisch wäre.

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  2. Scheintl eine selektive Wahrnehmung zu sein? Desinteresse oder völlige Gleichgültigkeit. Leichtes Spiel für Herrscher und Machtbesessene. Null Widerstand. Bis die Kleinen sich alle aufgefressen haben. St. Florian Prinzip….

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  3. Klaus Bruns schreibt:

    es ist kein allheilmittel immer nach mehr polizei zu rufen, aber nicht bereit zu sein ,mehr steuern zu bezahlen. es geht preiswerter. zivilcourage von jedem einzelnen in verbindung mit passenden entschädigungsgesetzen, wenn etwas schief gehen sollte.wenn bei uns die feiglinge das sagen bekommen und wir sind auf den besten weg dahin, dann gute nacht deutschland.

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  4. Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muß sich bewußt sein, daß er wohl als Verräter in die SPD Geschichte eingehen wird. Unterläßt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen.

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  5. Andrea Henkel schreibt:

    Erinnert mich irgendwie an einen Artikel, den ich letzte Woche im Freitag gelesen habe. Der hieß ‚Opa erzählt vom Krieg‘. Die meisten jungen Leute fühlen sich von diesem Reproduzieren rassistischer Stereotypen doch eher abgeschreckt. Sie verstehen diese Wut, dieses Gefühl, nicht mehr im eigenen Land zu leben nicht. Weil sie Diversität als etwas Positives wahrnehmen

    Vielleicht beim nächsten Mal die Straftaten von weißen Lüneburgern der letzten drei Jahre aufuzählen. Wäre auch ein interessantes Bild.

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    • jj schreibt:

      Liebe Frau Henkel, vielen Dank für den Hinweis.
      Ich habe extra vorher bei der Polizei einmal nachgefragt, wer denn noch so rumgeballert bei Auseinandersetzungen in Lüneburg. Fehlanzeige, es gibt nur diese beiden gewalttätigen Übergriffe in Lüneburg mit dem Einsatz von echten Schusswaffen. Davor gab es vor Jahren eine Schießerei in der Rotehahnstraße. Da waren aber leider auch keine „weißen Lüneburger“ beteiligt.
      Bleiben sie kritisch. „Rassistische Stereotypen“ finde ich natürlich heftig.In einem Punkt bin ich tatsächlich unscharf geblieben. Ich hoffe, ich habe das klarer ausgedrückt.lg hhjenckel

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  6. Andreas Janowitz schreibt:

    Es wäre ja schonmal ein Schritt doppelt und dreifach Abeiten zu unterbinden?
    Warum wird der „interaktive Funkstreifenwagen“ immernoch „getestet“? Er funktionert doch offensichtlich in anderen Bundesländern? Wesshalb gibt es diese doch erhebliche Arbeitserleichterung nicht auch in Niedersachsen?

    https://polizei.brandenburg.de/seite/interaktiver-funkstreifenwagen/562116

    Nein, da soll der Wehretat mit Geld geflutet werden, obwohl die Herrn Staatssekretäre es nicht auf die Kette kriegen einen vernünftigen Vertrag für ein Flugzeug aufzusetzten?! Der grösste Kostenposten dort ist der nicht funktionierende A300M!

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