Der Major und seine Besatzungskinder – Happy Birthday LZ

Lüneburg, 15. Januar 2021

John Caloner kurvte im beschlagnahmten Roadster des NS-Ministers Ribbentrop durch Niedersachsen.
Ausriss: LZ, eine freundliche Jubiläums-Leihgabe des „Spiegel“.

Ohne diesen Engländer wäre die Landeszeitung am 15. Januar 1946 nicht erschienen, ohne ihn hätte auch die Geschichte des „Spiegel“ eine andere Wendung genommen. Der britische Presse-Offizier John Chaloner ist im grauen Nachkriegsdeutschland eine Lichtgestalt unter Journalisten. Zum 75. Geburtstag „meiner“ Landeszeitung müssen ein paar Zeilen mehr über die Anfänge und diesen Offizier sein.

Chaloner gründet nach dem Krieg ein Dutzend Zeitungen im Norden. Eines dieser Besatzungskinder ist die Landeszeitung. Wie schwer es damals aber ist, unbelastete Redakteure zu finden, wie schnell es zum Fehlgriff kommt, auch das zeigt sich in Lüneburg.

Ein Mann vom Fach
Chaloner ist der Spross einer britischen Verlegerfamilie, Absolvent der Elite-Militärakademie Sandhurst. Schon mit fünfzehn Jahren verfasst er seinen ersten Artikel für „The Boy‘s Own Paper“. Im Nordwesten Deutschlands wird John Seymour Chaloner als „Vater der Pressefreiheit“ gerühmt, ein Hoffnungsträger für alle, die nach dem Krieg wieder Zeitung machen und lesen wollen.

Unweit von Lüneburg, im Zelt von Generalfeldmarschall Montgomery auf dem Timeloberg, unterzeichnet am 4. Mai 1945 der deutsche Admiral Hans- Georg von Friedeburg die Teilkapitulation für Norddeutschland, Dänemark, Norwegen und die nördlichen Niederlande. Lüneburg ist in der Hand der Briten. Und Major Chaloner, erst Anfang zwanzig, ist ohne Frage eine der Schaltstellen für den Aufbau der freien Presse in der britischen Zone.

Wiedergeburt der freien Presse
Der Presse-Offizier hat in der Public Relations and Information Services Control (PRISC) die Aufgabe, nach Jahren der Gleichschaltung und Propaganda eine Zeitungslandschaft in Niedersachsen zu verwurzeln, die sich der Meinungsfreiheit, der Tren- nung von Nachricht und Kommentar verpflichtet fühlt. „Mit einer Schachtel Büroklammern, einem Jeep und zwei Sergeanten“ macht er sich an die Arbeit, wie er sich später erinnert. Er beweist guten Instinkt. Zu den ersten zarten Presse-Pflänzchen, die er setzt, gehört im Januar 1946 die Lüneburger Landeszeitung.

Screenshot der ersten Ausgabe der Landeszeitung.

Der britische Presse-Missionar und Frauenschwarm residiert in Lüneburg in einer requirierten Vorstadt-Villa. Die erste Zeitung, die er in Lüneburg herausgibt, mit seinem Freund Ralph Kingsley, ist nicht die LZ, sondern schon am 7. August 1945 im beschlagnahmten Druckhaus der Familie von Stern die „Lüneburger Post“. Ein Blatt der alliierten Militärregierung. Für die Zeitungsproduktion spürt Chaloner vergessene Papierrollen auf, absolute Mangelware, lässt Rotationsmaschi- nen flottmachen oder beschlagnahmt Fahrzeuge für den Vertrieb.

Der Blick in bleiche Hungergesichter
Wie Chaloner das Nachkriegsdeutschland empfindet, zitiert Leo Brawand in seinem Buch „Der Spiegel – Ein Besatzungskind“: „Meine Uniform trennte mich von den Deutschen, die es vermieden, mir offen in die Augen zu sehen. Die wenigen, die es doch wagten, blickten vorwurfsvoll aus ihren bleichen Hungergesichtern. Jeder schleppte irgendetwas – einen Sack, ein Bündel Holz, schob einen Kinderwagen oder Handkarren, beladen mit verstaubtem, gerettetem Hausrat. In ihren Ruinen mussten sie von knapp tausend Kalorien am Tag leben, weniger als im nicht sehr weit gelegenen Konzentrationslager Bergen–Belsen, und ihnen dämmerte, dass Propagandaminister Goebbels ihnen nicht die Wahrheit gesagt hatte.“

Die Odyssee des ersten Chefredakteurs
In diesem Umfeld gute und unbelastete Journalisten für einen Neustart der freien Presse zu finden, erweist sich im Nachkriegsdeutschland als schwierig. Für Chaloner bleiben im Grunde nur die sehr Alten übrig sowie Überlebende aus Konzentrationslagern und die ganz Jungen, die direkt von der Schule in den Krieg ziehen mussten. Zudem sind Zeitungen nach angelsächsischem Vorbild in Deutschland per se keine Selbstgänger. Die Edelfedern lieben bisher die Nabelschau, die Melange aus Leitartikeln und Feuilletons und nicht die harten Nachrichten mit lästigen W-Fragen: Wer hat wann, was, wo, wie und warum getan? Ehemalige Schreiber mit NSDAP- oder SS-Vita sind tabu.

Der erste Chefredakteur
Chaloner schlägt für die LZ als Chefredakteur und einen von fünf Lizenzträgern Christoph Ernst Riggert vor. Er kommt aus der Wandervogel-Bewegung, hatte vor dem Krieg in der linken „Reformschmiede“ Harburg als Junglehrer gearbeitet, war Gewerkschaftssekretär, Sozialdemokrat und bis zur Flucht aus Nazi-Deutschland Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volksschullehrer“.

Riggert warnte früh vor dem Krieg vor der Anfälligkeit gerade der Volksschullehrer für die NS-Ideologie, forderte in seiner Zeitschrift eine anti-faschistische Initiative. Die Gestapo verfolgte Riggert wie einen Kommunisten, er war mehrfach in Haft. Seine Zeitschrift wurde verboten, Lehrer dufte er nicht mehr sein. Deutschland war für ihn lebensgefährlich. Er wurde in der Not zum Nomaden: Über das Saargebiet floh er erst nach Straßburg, lebte kurz auch in der Schweiz.

Einen Journalisten mit so einer Biografie heuern die Briten gleich nach dem Krieg als politischen Redakteur für die „Lüneburger Post“ an. Und Riggert wird auch LZ-Lizenznehmer und Chefredakteur, bleibt aber nur bis 1949. Er zieht nach Hamburg und wandelt sich publizistisch zum Kalten Krieger, der für die Nato und die Wiederbewaffnung wirbt, wie es auf der Seite Harburger Geschichte und Geschichten heißt.

Der Fehlgriff
Neben Riggert sind Ernst Wiesemann, Walter Bergmann und Harald Buhmann als Lizenznehmer für die LZ an Bord. Und als zweiten Redakteur empfiehlt Chaloner einen hochgewachsenen, rothaarigen Journalisten: Heinz Diestelmann. Der besitzt eine Contax-Fotokamera, aber, was Chaloner nicht ahnt, auch eine fingierte Biografie. So unterläuft ihm gerade in Lüneburg bei seinen Befragungen und Prüfungen ein kapitaler Irrtum. Das wurmt ihn lange.

Leo Brawand schreibt in seinem Spiegel-Buch ein Kapitel über Chaloner und Lüneburg, über die LZ und über diesen Redakteur: Diestelmann war Angehöriger der SS-Leibstandarte Adolf Hitler, einige Zeit Offizier eines Erschießungskommandos in Frank- reich gewesen und wurde seit Monaten als Kriegsverbrecher gesucht. „Er hat mich total zum Narren gehalten“, ärgert sich Chaloner noch beim Interview mit Brawand. „Sein Fragebogen war ein Sack voller Lügen.“ Dabei haben gerade Diestelmann und Chaloner auch privat Kontakt, sie reiten zusammmen, spielen Eishockey. Diestelmann wird, als alles auffliegt, nach Frankreich ausgeliefert.

(Anm. Otto Berg hat im Pressearchiv geforscht und entgegen der Annahme von Spiegel-Redakteur und -Autor Leo Brawand im Spiegel herausgefunden, dass Diestelmann, anders als hier beschrieben, nach Lüneburg doch noch als Chefredakteur Karriere gemacht hat und sogar kurz im Bundespresseamt gearbeitet hat, bevor er fristlos entlassen wurde, als seine Vergangenheit aufflog. Das ist wiederum auch ein Beleg für alte braune Seilschaften, die nach dem Krieg aktiv waren. Danke für die Recherche. Hier geht es zu dem Zeitungsausschnitt.)

Die Geburtsstunde
Zur Lizenzvergabe für die LZ am 14. Januar kommt Genralmajor Bishop, Chef der britischen Informationskon- trolle, höchstpersönlich gegen 14.30 Uhr in den Traubensaal des Lüneburger Rathauses, zitiert Goethes Faust: „Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag“ und verleiht Lizenz Nr. 3.

Bishop: „Solche Lizenzen zeigen die unwiderrufliche Absicht der britischen Militärregierung, dem deutschen Volke zum frühestmöglichen Zeitpunkt eine eigene freie Presse zu geben.“ Und was steht dort geschrieben? 1. Dass alle Gesetze, Verordnungen, Vorschriften und Anweisungen der Militärregierung befolgt werden. So frei ist die Presse in den Kinderjahren nach dem Krieg denn doch nicht. Das erinnert in Grundzügen doch eher ans zensierte Amtsblatt aus dem 19. Jahrhundert. Doch die LZ schwimmt sich schnell frei, so wie der forsche Rudolf Augstein mit dem Magazin „Diese Woche“ in Hannover, dem Vorläufer des „Spiegel“.

Der Brite und Lüneburg
Lüneburg schätzt Chaloner noch aus einem weiteren Grund: Hier hat er das erste Treffen von Chefredakteuren, Lizenzträgern und anderen Print- und Funk-Machern aus allen drei west- lichen Besatzungszonen organisiert. Der spätere Spiegel-Chef Rudolf Augstein sei ebenso in Lüneburg gewesen wie der große Axel Eggebrecht, wie Peter von Zahn oder der Nestor der deutschen Literaturwissenschaft, Hans Mayer.

Magazin mit Lüneburger Wurzeln
Die Zusammenkunft mit „markenfreiem“ guten Essens im Lüneburger Gasthaus „Zur Krone“ wollte „die Grundzüge einer neuen, demokratischen Medienpolitik aufzeigen und diskutieren“, schreibt Brawand. Und der unvergessene Lüneburg-45-Autor und LZ-Chefredakteur Helmut C. Pless erinnert, Chaloner habe beim Treffen „das Zeichen für den Start eines deutschen Nachrichtenmagazins nach angelsächsischem Muster gegeben“. In Lüneburg habe er über das Projekt mit Literatur-Papst Mayer und Augstein gesprochen, ein Markstein auf dem Weg zum „Spiegel“.

Nach seiner Ablösung als Pressechef in Hannover wird Chaloner PR- Berater des legendären Generalfeldmarschalls Montgomery im britischen Hauptquartier in Bad Oeynhausen. Später baut Chaloner in England einen Presseimport auf, schreibt Kinderbücher, verfasst Romane und züchtet Rinder. Medienkarriere wie Augstein, der ganz oben auf der Leiter steht, macht er nicht – er habe eher „am anderen Ende der Leiter“ gestanden, resümiert er einmal wehmütig.

Ein Verdienstkreuz als Dank
Seine Leistung im Nachkiegs-Deutschland schmälert das nicht. Für seine Verdienste als Geburtshelfer der Presse im Norden wird er 1990 in der Botschaft in London mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Er habe sich „um die Demokratisierung der deutschen Presse“ verdient gemacht. Die LZ schätzt Chaloner noch als Pensionär, sie sei eines seiner „kleinen Babys“, jenes Dutzend Zeitungen, die mit seiner Hilfe entstanden sind. Chaloner stirbt am 9. Februar 2007 im Alter von 82 Jahren in London im Stadtteil Borough of Wandsworth.

Hans-Herbert Jenckel

Quellen: LZ, jj-Artikel, Helmut Pless „Lüneburg 45“, Der Spiegel, Leo Brawand: „Der Spiegel – ein Besatzungskind“, Harburger Geschichte und Geschichten „harbuch.de

Über jj

Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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18 Antworten zu Der Major und seine Besatzungskinder – Happy Birthday LZ

  1. Klaus Bruns schreibt:

    Willi Banse aus sparsamkeitsgründen soll man heutzutage das toilettenpapier von beiden seiten benutzen. schmunzeln. tja willi ,wenn man so als link rumläuft bleibt man bestimmt gesund,hm hm. was herrn jenckel betrifft, da hat die cdu doch schon zum schlag ausgeholt.

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  2. Otto Berg schreibt:

    »Dinge zu bezweifeln, die ganz ohne weitere Untersuchung jetzt geglaubt werden, das ist die Hauptsache überall!«

    Georg Christoph Lichtenberg, von dem diese These stammt, geboren 1742, gestorben 1799, war höchstens 1,45 m groß und auch noch mit einem sehr überflüssigen Buckel behaftet. Doch seinen Zeitgenossen galt er als einer der bedeutendsten Physiker seines Jahrhunderts.

    Zu seinen Vorlesungen drängten sich in den Göttinger »Hörsaal« (lange das Wohnzimmer des Professors) nicht nur die Studenten (Frauen an deutschen Universitäten, von zwei, drei Ausnahmen abgesehen, gab es noch nicht). Der junge Gauß oder die Brüder Humboldt zählten zum Auditorium, aber keineswegs allein Naturwissenschaftler, sondern ebenso Gäste mit bereits großem Namen und von weither, – Goethe unter ihnen.

    Albert Einstein nannte den Göttinger einen »Wie-wäre-es, wenn­-Denker«, ein »Original mit wahrhaft genialen Anwandlungen, die sich in unsterbliche Gedankensplitter verdichteten« und meinte: »Ich kenne keinen, der mit solcher Deutlichkeit das Gras wachsen hörte«, also Einsichten antizipierte, die erst Jahre, Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte später zu beweisbaren Erkenntnissen reifen sollten.

    Als Alexander von Humboldt (bald schon einer der größten Universalgelehrten der »neuesten« Naturwissenschaften) 21­jährig die Göttinger Universität verließ (im Alter also, in dem John Chaloner die Lüneburger Landeszeitung mit aus der Taufe hob), schrieb er dem Hofrat Lichtenberg in einem Dankesbrief: »Ich achte nicht bloß auf die Summe positiver Kenntnisse, die ich Ihrem Vortrage entlehnte – mehr aber auf die allgemeine Richtung, die mein Ideengang unter Ihrer Leitung nahm. Wahrheit an sich ist kostbar, kostbarer aber noch die Fertigkeit, sie zu finden.«

    Lichtenberg hatte sich in sein »Sudelbuch« notiert: »Wenn man die Men­schen lehrt, WIE sie denken sollen und nicht ewig hin, WAS sie denken sollen«, dann betreibe man »eine Art von Einweihung in die Mysteria der Menschheit.«

    Dem Lüneburger Journalisten HANS-HERBERT JENCKEL – dem jeder, der es möchte, zu seinem heutigen Geburtstag gratulieren darf – verdanken Heerscharen von Volontären, die er mit eingestellt, ausgebildet und gefördert hat, ein ähnliches Verständnis ihres Berufes. Es geht beim Zweifeln und Fragen NICHT, wie etwa ein Bonin oder ein Kamp gerne unterstellen, darum, die Möglichkeit der Wahrheit in toto zu BESTREITEN, sondern gerade darum, diese zu VERTEIDIGEN in dem Sinn, dass überhaupt alles einfach Behauptete und Geglaubte, Eingefahrene und Gängige, ungeprüft Fortgesetzte und gedankenlos Weitergewurstelte ins Säurebad des Zweifels gehört, um die Wahrheit zu finden, zu sichern und zu befestigen.

    Hinsichtlich positiver Kenntnisse, also beim »WAS man denken soll«, mögen Jenckels ehemalige Volontäre ausgelernt haben bei ihm. Anders beim »DASS und WIE gedacht werden sollte«. Dafür hat (wie Chaloner den Redakteuren seiner Tage) auch er ihnen eingeschärft: »Dinge zu bezweifeln, die ganz ohne weitere Untersuchung jetzt geglaubt werden, das ist die Hauptsache überall.«

    Ein guter Journalist braucht nicht nur die Gabe, »das Gras wachsen zu hören«, sondern die Fähigkeit zur Selbstdistanz. Zu solchem heilsamen Ausscheren, zu solchem gelegentlich angezeigten Nonkonformismus gehört Mut. Dieser Mut ist schon immer die Tugend der Freiheit gewesen und er ist auch die wichtigste Tugend für diejenigen, die für die Pressefreiheit eintreten.

    Hans-Herbert Jenckel, das hat er nicht zuletzt mit seinem »Blog.jj« bewiesen, ist ein mutiger Mann und ein Journalist, der John Chaloner gefallen hätte.

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    • jj schreibt:

      Schon wieder werde ich rot. Da kommt bestimmt noch was hinterher. 🙂 Danke. Lg jj

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    • jj schreibt:

      PS: Mein Lieblingssatz von Lichtenberg, und den haben tatsächlich alle Volontäre mehr als einmal gehört:
      „Meine Sprache ist allzeit simpel, enge und plan. Wenn man einen Ochsen schlachten will, so schlägt man ihm gerade vor den Kopf.“

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      • Klaus Bruns schreibt:

        Herr Jenckel, da ich gern um drei ecken denke, klappt das nicht mit einem geraden schlag. passen sie auf sich auf und bleiben sie gesund. nicht nur ihr enkel braucht sie noch. ich spreche da aus erfahrung. schließlich bin ich gerade 70 geworden. sie als junger hüpper sollten noch mal zwischengas geben. auf das hinterher sollten sie wirklich nicht hoffen. da können sie nur noch warten.

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      • Willi Banse schreibt:

        Herr Bruns,

        Sie wollten den armen Herrn Jenckel doch nicht schlachten und womöglich verzehrfertig Am Ochsenmarkt verkaufen? Da hat er ja ein Mordsschwein gehabt, dass Sie ihn nicht vor den Kopf stoßen, sondern lieber um drei Ecken denken.

        Ist Ihnen eigentlich schon aufgefallen, wie schnell hier Stimmen verschwinden, wenn Sie Klartext reden? Die Befürchtung, dass Sie explosives Hintergrundwissen haben, scheint berechtigt. Schmunzeln. Meine Vermutung: Höchstwahrscheinlich bekommen Sie von fünf Parteien und einer Bürgerinitiative Informationen.

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    • Jürgen Weber schreibt:

      Schöner Nachruf zu Lebzeiten.

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  3. Thomas Maruhn schreibt:

    BERND ALTHUSMANN, Niedersachsens CDU-Chef,

    …hat mit diesem fettgedruckten »Eyecatcher« im Aufmacher der heutigen Landeszeitung bestimmt nichts Falsches gesagt, Herr Jenckel.

    Wie kommt es, dass sich in so einem hervorspringenden Insel-Zitat das Objektive und die Tendenz, der Bericht und dessen Deutung, das Faktum und die Meinung bzw. das Leseangebot und die Leseregie auf derart augenfällige Weise miteinander vermischen?

    Auswahl, Seite, Layoutelemente oder Art der Präsentation, textliche Umgebung und illustrierende Bilder: Wo sind die Grenzen von Chaloners und Ihrem Ideal der »Trennung von Nachricht und Kommentar«? Wo beginnt die Unvermeidlichkeit der »Melange von Leitartikel und Feuilleton«, Herr Jenckel?

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    • jj schreibt:

      Das Zitat ist hier erstmal ein Stilmittel, um einen bleilastigen Text auf der Zeitungsseite aufzulockern. Das steht so auch im Stil-Buch, das speziell für die LZ aufgelegt wurde. Und das ist ein weit verbreitetes Stilmittel. Und dann wir in diesem Zitat die Meinung eines Protagonisten aus dem Text wiedergegeben.

      In dem Moment hat sich der Journalist entschieden, in diesem Fall der Journalist einer Lokalzeitung für einen Politiker aus der Region, der als stellvertretender Ministerpräsident und CDU-Landeschef Gewicht hat. Ist das deswegen schon ein tendenzieller Bericht. Nein, das erwarte ich geradezu in einem Bericht über die CDU. Überraschend und ein Knaller wäre es gewesen, wenn Althusmann gesagt hätte: „Laschet kann NRW, jetzt müssen wir nur noch einen Kanzlerkandidaten finden.“ Oder: „Wenn wir einen Parteichef haben, sollten wir in jedem Fall eine Kanzler-Kandidatin haben.“ Hat er aber nicht. Nein, das ist noch keine Melange. Die aber, das muss auch gesagt werden, schon längst wieder Einzug gehalten hat in deutschen Tageszeitungen. Nur Bericht und die saubere Trennung haben schon fast Seltenheitswert. lg jj

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  4. Otto Berg schreibt:

    Sehr geehrte Herren Bruns, Scholz und Wagner,

    ich halte Felix Petersen für einen klugen, engagierten und aufrichtigen Christdemokraten und für ein kommunalparteiliches Führungstalent ersten Ranges. Dass er sich am 4. November letzten Jahres von seinen Affekten zu einer verbalen Entgleisung hat hinreißen lassen, indem er einen wehrlosen, – weil abwesenden – Kritiker seines Handelns im Schummerlicht eines halböffentlichen Echoraums diskreditierte, begründet meiner Überzeugung nach NICHT das Verdikt, der junge CDU-Kreisvorsitzende habe „nichts mehr in der Politik verloren“ und rechtfertigt schon überhaupt GAR NICHT die Andeutung einer Nähe zum Umgang mit Journalisten durch mörderische Unholde wie Ribbentrop und Goebbels.

    Mir ging es um den Hinweis darauf, dass Kommunalpolitiker UND Lokaljournalisten die strengen Maßstäbe ihres Urteilens ÜBER ANDERE nicht vergessen sollten, wenn es um DAS EIGENE Verhalten geht.

    Armin Laschet, der gestern gekürte neue CDU-Bundesvorsitzende, hatte in seiner eindrucksvollen Bewerbungsansprache vor der Wahl gesagt, dass „Reden und Tun zusammenpassen müssen“, wenn VERTRAUEN geschenkt werden soll, und hatte hinzugefügt:

    „Ich höre immer wieder den Satz: Man muss auch polarisieren können. Und ich sage: Nein, muss man nicht! Polarisieren ist einfach, das kann jeder. Die Rezepte sind bekannt, das Gift schnell in der Hand, digital schnell zu verbreiten. — Wir müssen Klartext sprechen, aber nicht polarisieren!“

    DAS ist der Punkt! Wenn Hans-Herbert Jenckel eine pointierte Überschrift für einen aktuellen Kommentar in seinem Blog.jj wählt, dann geschieht das mit offenem Visier, vor aller Augen und ist als Einladung zum Nachdenken bzw. zu einer öffentlichen Debatte zu verstehen. Petersen, der durchaus eine scharfe Klinge zu führen weiß, wenn es ums Austeilen geht, sollte das Einstecken lernen, sollte sich schütteln und seinem Opponenten am Ort der Herausforderung – mit Argumenten – entgegnen. Ohne dass der Betroffene es mitbekommt, schlecht über ihn zu reden, ist dagegen mieser Stil.

    Kommunikation ist KEINE „Top down“-Angelegenheit. „Klartext sprechen“ gelingt niemals auf einer Einbahnstraße. Wer sich dem Austausch nicht stellt, um klarzustellen, sondern in Online-Foren (dem Kontrahenten nicht wahrnehmbar) „Gift“ in fremde Ohren träufelt, der POLARISIERT. Der ZERSTÖRT VERTRAUEN. Der will NICHT wahrhaben, was Norbert Röttgen gestern beschwor: „Unser Land verdient den Konsens der Demokraten ohne Populisten und ohne Extremisten von rechts und von links.“ KONSENS muss man sich erarbeiten, ergänzte Laschet. Jeden Tag. Das ist mühsam. Demokratie ist mühsam! Aber in großer Runde z. B. über einen nichteingeladenen Journalisten zu hecheln, erzeugt nur SCHEINKONSENS unter meist ohnehin Einverstandenen und IST damit eine (armselige) Form des extremen Populismus – und zwar ganz gleich, ob von rechts oder von links (oder aus einer vermeinten Mitte)!

    Friedrich Merz betonte gestern: „Ich bin mit 16 Jahren in die CDU eingetreten – ich bin nicht in eine Vermittlungsagentur für Regierungsämter eingetreten, sondern ich bin in eine Partei eingetreten, die Grundsätze hat.“ RICHTIG! Grundsätze haben. Darum geht es! Und nicht darum, das eine zu sagen und das andere zu tun! (Woran festzuhalten Merz allerdings nicht länger als zwei Stunden gelang, denn dass er das mit der „Vermittlungsagentur“ gesagt hatte, hatte er nach der Wahl von Laschet schon wieder vergessen und beanspruchte – per sofort – das Regierungsamt von Peter Altmaier.)

    Laschet, der neue CDU-Vorsitzende warb gestern für den Zusammenhalt der Gesellschaft, den er in den USA bereits verloren und in Deutschland gefährdet sieht.

    Mit Gründen streiten, Mut haben, miteinander reden, Fakten und Meinungen auseinanderhalten, DAS schafft Zusammenhalt. „Die Wahrheit ist wesentlich!“ Das ist das Motto der New York Times. Das ist das Motto jedes echten Journalisten. Das ist das, was ein Lüneburger Politiker von einem LZ-Redakteur (w/m) lernen kann.

    Felix Petersen, ein guter, ein redlicher Mann, der weiß das alles. Und er weiß, da bin ich zuversichtlich, dass es nicht nur in diesem Wahljahr auch in Lüneburg um sehr viel geht. In den Worten von Laschet:

    „Es geht um die für die Demokratie wichtigste Frage: WEM VERTRAUEN?“

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    • Klaus Bruns schreibt:

      Mein lieber Herr Berg, sie müssen mir politik nicht erklären. eine innere überzeugung kann man auf die dauer aber nicht verheimlichen. und das cdu-vertreter probleme mit einer apo haben, ist nicht neu. bürgerbefragungen waren noch nie deren ding. und wenn ein journalist dabei auch noch mitspielt, erst recht nicht. der klassische hofberichterstatter der cdu ist die springer-presse. die cdu wird da sehr verwöhnt. deswegen eben auch die reaktion von herrn petersen. er könnte sich ja dazu hier gern äußern. das er hier gegenstand einer diskussion geworden ist, wird er bestimmt erfahren, meinen sie nicht?

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  5. Otto Berg schreibt:

    Lieber Herr Jenckel,

    zum 75. Jahrestag Ihrer journalistischen Heimat erinnern Sie an den britischen Major John Chaloner, der gut zwei Monate zuvor 21 Jahre alt und damit volljährig (erst 1967 sank die Schwelle in England auf 18 Jahre: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46462469.html) geworden war, als am Dienstag, den 15. Januar 1946 die erste Nummer der Lüneburger Landeszeitung zum Preis von zwanzig Pfennigen erschien.

    In solider hagiographischer Tradition (etwa: https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/50578171) präsentieren Sie zunächst die heroisierenden Weichzeichnungen vergangener Tage, denen es um eine „Lichtgestalt“ der freien Presse zu tun war, welcher erzengelähnliche Erlöserqualitäten im verquasten Gründungsmythos der prä-republikanischen Zeitungslandschaft zugesprochen werden konnten. Dabei reden wir über einen Lausbuben-Offizier der britischen Zensurbehörde beim Außenministerium des noch „Vereinigten“, bald darauf aber implodierenden „Königreichs“, wir reden über einen Luftikus und „Frauenschwarm“, der „in einer requirierten Vorstadt-Villa residierte“, „im beschlagnahmten Roadster des NS-Ministers Ribbentrop durch die Lande kurvte“ und seinen jungen Sauf- und Feierfreunden, unter denen auch einige Deutsche waren, einflussreiche Medien-Positionen verschaffte, — nicht weil er außergewöhnliches Urteilsvermögen, sondern schlicht die Macht besaß, genau dies zu tun.

    Ob „ohne diesen Engländer die Landeszeitung am 15. Januar 1946 nicht erschienen wäre“, woher nehmen Sie, diese Information, Herr Jenckel? Gilt für Sie nicht, was der junge Propaganda-Offizier – angeblich – für Lüneburg wollte? Sind Sie kein Autor, der auch im Jubiläumsrausch „sich der Meinungsfreiheit, der Trennung von Nachricht und Kommentar verpflichtet fühlt“?

    Wer hat aus dem SPIEGEL, wie es der 40jährige Herausgeber am 16. Januar 1963 formulierte, das „Sturmgeschütz der Demokratie“ (https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/45141914) gemacht? War das Chaloner oder war das Augstein? Besaß der 22jährige Chaloner hellseherische Fähigkeiten, als er dem 23jährigen Augstein die Lizenz verschaffte, so dass der am 4. Januar 1947 die Erstausgabe seines Nachrichtenmagazins unter dem Titel DER SPIEGEL im Verlagshaus des Anzeiger-Hochhauses in Hannover herausbringen konnte?

    Immerhin erwähnen Sie einen von Chaloners vielen „Missgriffen“ (es gibt zahlreiche), einen „hochgewachsenen, rothaarigen Journalisten: Heinz Diestelmann“, der später das „Bundesalpenglühen“ genannt wurde, und mit dem lebenslustigen Spross einer englischen Verlegerfamilie, feste Feste feierte, in jeder Hinsicht dem Reitsport frönte und „Eishockey spielte“ – aber NICHT, als seine SS- und Standrichterkarriere an der Seine aufflog, „nach Frankreich ausgeliefert“, sondern Chefredakteur des niedersächsischen Zeitungsringes im Hause Girardet wurde und nach 1949 im Bonner Bundespresseamt Karriere machte (vgl. DER SPIEGEL von Mittwoch, 22. Dezember 1954: https://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/28958093)

    Lieber Herr Jenckel, „ehemalige Schreiber mit NSDAP- oder SS-Vita sind tabu“ gewesen? Auch bei der Landeszeitung?

    Es ist bedauerlich, dass Sie darauf verzichten, begreifbar zu machen, wie ein Was-kost-die-Welt-Jugendlicher à la Chaloner, der im Grunde nur die Beachtung von ganz elementaren medienpolitischen Selbstverständlichkeiten sicherzustellen hatte, im Rückblick zu einer solchen Heiligenfigur werden konnte.

    Dazu hätte gehört, an die „avantgardistische Besinnungslosigkeit“ der Lüneburger „Zivilgesellschaft“ und ihrer „Stadtväter“ bei der Abschaffung von Zivilität und demokratischen Institutionen ab dem 30. Januar 1933 zu erinnern, aber auch an das jämmerliche Versagen der Lüneburger Zeitungen schon lange davor und an die mehr als zweifelhafte Rolle des von Sternschen Verlagshauses in den grausamen Zeiten blutrünstigen Massenirrsinns.

    Elogen sind eine feine Sache. Aber was kam nach Chaloner? Dass Christoph Ernst Riggert sich ab 1949, nach seinem Weggang aus Lüneburg „publizistisch zum Kalten Krieger“ wandelte, haben Sie notiert. Doch wie steht es um die Vorgeschichte, „das Naturell“ und die Voreingenommenheiten des „unvergessenen langjährigen LZ-Chefredakteurs Helmut C. Pless“?

    Liebte nicht Pless und liebten nicht auch dessen Nachfolger die politisch kommentierende, ja, manipulierende Intervention, die sich als „wertneutral“ bloß maskierte? War nicht die Mär von „den harten Nachrichten mit lästigen W-Fragen: Wer hat wann, was, wo, wie und warum getan?“ das, was man den Volontären eintrichterte, während die „Schriftleiter alter Schule“ weiterhin „Melanges aus Leitartikeln und Feuilletons“ als „Berichte“ verkauften?

    Hat nicht eigentlich erst mit dem Eintritt von Marc Rath, dem (u. a. durch Sie) von außen in die LZ-Chefredaktion Gelangten, der Versuch begonnen, bei der Landeszeitung die personelle Verquickung von „Presse“ und „Politik“, von journalistischen „Subjekten“ und journalistischen „Objekten“ im Sinne der Ideale von John Chaloner langsam, aber stetig zu entwirren (und diesen Prozess nicht nur zu simulieren)?

    Meinungsfreiheit, Unabhängigkeit, Überparteilichkeit, Faktenorientierung, Transparenz der Urteilskriterien, Richtigstellungs- und Fehlerkultur: „Für stabile Demokratien sind freie und unabhängige Medien wichtige Indikatoren: Sie sollen die Menschen informieren, durch Kritik und Diskussion zur Meinungsbildung beitragen und damit Partizipation ermöglichen“ (Volker Lilienthal). Kurz: Verantwortungsbewusste Professionalität der Information ist ein notwendiges Lebensmittel.

    Das ist das Pfund, mit dem die LZ wuchern kann, um dem Wirrwarr, der in den sogenannten „Sozialen Medien“ herrscht, etwas entgegenzusetzen. So etwas aber wirklich zu wollen, wird nicht von jedem geschätzt. Besonders dann nicht, wenn sie/er der Gegenstand der Berichterstattung oder des Meinungskommentars ist.

    Die verärgert polternden Redaktionsanrufe des scheidenden Oberbürgermeisters sind legendär. Aber auch CDU-Vorsitzende wenden sich an Chefredakteure, wenn ihnen nicht gefällt, was in der Zeitung steht oder worüber bei Blog.jj debattiert wird. Landräte platzieren deftige Medienkritik in Beschlussvorlagen, welche sich ihrerseits wenige Wochen später als kunstvolle Fabrikate voller Unwahrheiten zur Irreführung des Kreistages erweisen. Sozialdemokratische Kreisfraktionsvorsitzende diskreditieren Chefredakteure in wolkigen Haushaltsreden, ohne sich darum zu scheren, dass sie damit Lügen verbreiten.

    Am 4. November vorigen Jahres habe ich als Zuhörer an einer Onlineveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung teilgenommen. Der Titel war: „Wieviel Macht haben die Medien? Eine Veranstaltung aus dem Projekt Gemeinsam.Demokratie.Gestalten.“ (4. November 2020, 18:30 – 20:00 Uhr: https://www.kas.de/de/web/niedersachsen/veranstaltungsberichte/detail/-/content/wie-viel-macht-haben-die-medien-in-deutschland). Der Hauptredner, Professor Volker Lilienthal, Inhaber der Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur (!) für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg (https://www.wiso.uni-hamburg.de/fachbereich-sowi/professuren/lilienthal/team/lilienthal-volker.html), warnte, „der Mensch neige dazu, kognitive oder auch emotionale Dissonanz möglichst zu vermeiden. Er suche also nach Medieninhalten, die seine schon bestehenden Ansichten bestätigen würden.“

    An der anschließenden Diskussionsrunde nahmen der Hamburger Professor selbst, die freie Lüneburger Journalistin Svana Kühn (https://www.torial.com/svana.kuehn) und der Lüneburger CDU-Kreisvorsitzende Felix Petersen teil, der von Ihnen, Herr Jenckel, am 26. Mai 2020 als „Posaune des Landrats“ bezeichnet worden war: https://blog-jj.com/2020/05/26/lueneburgs-pruegelknabe-die-posaune-des-landrats-und-warum-man-in-der-krise-besser-in-ein-horn-stoesst/

    Können Sie sich vorstellen, mit welchem abstoßenden denunziatorischen Furor sich Herr Petersen in diesem „Politischen Bildungsforum Niedersachsen“ vor hunderten von Hörern über Ihr (in meinen Augen grandioses) Blog.jj-Forum „für Lokalpolitik und Stadtkultur“ einließ, als es darum ging, „dass sich im Internet undemokratische Kräfte bündeln könnten“? Soviel beleidigte Blindwütigkeit war niederschmetternd anzuhören.

    Petersen, statt sich der Blog.jj-Debatte zu stellen, sucht offenbar „nach Medieninhalten, die seine schon bestehenden Ansichten bestätigen“. Er hat gezeigt, dass er NICHTS bei der Veranstaltung, bei der er selbst „zum Online-Podium“ gehörte, gelernt hat. Er steht damit für manche unserer Kommunalpolitiker, die „kognitive oder auch emotionale Dissonanz“ nicht ertragen.

    Professor Lilienthal bezeichnete den Journalismus als „ein wichtiges Element in der Demokratie“ und hielt fest: „Das ist eine Dienstleistung für die Allgemeinheit, auf die keine Gesellschaft, die an Selbstoptimierung interessiert ist, verzichten kann“.

    Das Bleiben und Beherzen dieser Einsicht wünsche ich den Machern und den Lesern der immer besser werdenden „Landeszeitung für die Lüneburger Heide“!

    Herzlich

    Ihr Otto Berg

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    • jj schreibt:

      Lieber Herr Berg,
      vielen Dank für den Hinweis mit Diestelmann, das werde ich gerne nachlesen und mit einem Link auf Ihren Kommentar versehen.

      Was Chaloner angeht, so bleibe ich bei meiner Meinung. Er und Augstein, das war ein Alter, die hatten einen Draht zueinander, die hatten auf dem Panzer an zwei Fronten ihre Jugend verloren. Und beide verstanden nach den Kriegsjahren zu feiern. Dem Mann tun Sie unrecht, weil Sie ihn aus dem Jetzt und nicht aus seiner Zeit beurteilen. Grobes Faul. Ohne Chaloner wäre es mit Spiegel und LZ auch was geworden, aber anders und vielleicht später. Nichts anderes habe ich geschrieben.
      PS: Auch Augstein war ein Frauenschwarm –
      https://www.bz-berlin.de/artikel-archiv/spiegel-millionaer-76-heiratet-seine-5-frau

      Was Pless angeht, sein Buch „Lüneburg 45“ war für seine Zeit grandios geschrieben, das konnte er, und es war großartig layoutet. Und er hatte damals natürlich noch viele Zuträger, Augenzeugen und Sammler. Pless hatte Macht, Medienmacht. Jeden Morgen verbrachte er mit langen Telefonaten vor allem in die Spitze der Stadtverwaltung oder ins Museum.

      Und er war hart. Ich habe erlebt, wie Leute weinend die Redaktion verließen, die bei ihm auf Granit bissen, wie Redakteure litten, die es in seinen Augen nicht brachten, ich habe als sein letzter Volontär erlebt, wie im Rat vor ihm gebuckelt wurde und jede Fraktion mit irgendwelchen Depeschen an sein Tisch kroch. Und ich habe in der Redaktion gesessen, wenn es schlecht lief. Das wollen Sie nicht wissen. Ich habe einmal die Planckstraße ohne C geschrieben. Das war fast das Ende meines Volontariats. Aber er war ein großer Chefredakteur, ein großer Schreiber.

      Sie haben vergessen, dass er Ritterkreuzträger war, aber auch Schulfreund von Helmuth und Loki Schmidt. Und ich habe nie vergessen, dass er meinen bis heute besten Freund, der in Soltau ein Buch über Nazi-Verstrickungen geschrieben und kritische Berichte über die Bundeswehr in Munster verfasst hat, und der bei der Zeitung dort deswegen rausgeflogen war, das er den einstellte, gegen den Willen der Verleger. Weil der junge Journalist recherchieren und schreiben konnte.

      Als ich Jahre nach seinem Abschied Ressortleiter Stadt bei der LZ wurde, ich hatte eigentlich bereits einen Vertrag bei der Hamburger Morgenpost unterschrieben, da war Pless noch „freier Mitarbeiter“ und macht mir mit einer Randbemerkung auf einem Manuskript klar, welche Macht man selbst als Ressortleiter in LG besaß – damals. Damals ist wichtig. So wurde man tatsächlich hofiert. Die Zeiten haben sich zum Glück geändert, die Medienlandschaft ist vielfältiger geworden, heute kann jeder Verleger sein.

      Was nun die Geschichte der Lüneburgschen Anzeigen angeht, da holen Sie weit aus, und ich empfehle da einmal das Buch von Stein zur Zeitungslandschaft in Nordostniedersachen. Ein wunderbares Werk zur Zeitungsgeschichte in der Region.

      Danke für den Hinweis mit Herrn Petersen. Das ist ja wirklich ein Ding. Letztlich aber auch irgendwie eine Wertschätzung, rückwärts betrachtet. 🙂

      Und Dank für Ihr Lob. Lg jj

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      • Michael Scholz schreibt:

        Großmütig von ihnen das rückwärts als eine Wertschätzung ,zu betrachten. Für mich hat Petersen nichts mehr in der Politik verloren. Zeitungsleute hinter rücks schlecht machen haben wir bei Göoebbels und Ribbentrop gehabt. Wofür hat Chaloner denn gekämpft als wie für die Wertschätzung einer kritischen Presse. Das ist eine Vorrraussetzung von Demokratie!!

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      • Klaus Bruns schreibt:

        herr jenckel, vorsicht. herr kohlstedt ist auch der meinung , alle cdu-kameraden sind demokraten und man sollte sie nicht im einzelnen beim namen nennen. es wäre dann nicht mehr sein niveau.

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      • Werner Mellentin schreibt:

        Herr Jenckel.

        Sie schreiben: „Ich habe einmal die Planckstraße ohne C geschrieben. Das war fast das Ende meines Volontariats.“

        Wollen wir uns an dieser Stelle gar nicht erst ausmalen, was Ihnen bei Ihrem famosen Chefredakteur Pless nach „Der Blick in bleiche Hungergesichert“ widerfahren wäre. Vermutlich wäre das Ende Ihres Volontariats da noch das kleinere Übel gewesen.

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      • jj schreibt:

        Das wäre garantiert das Ende gewesen. Aber dem Schicksal bin ich knapp entgangen durch meinen ersten längeren Artikel über die Ebstorfer Weltkarte. Den hat Helmuth komplett umgeschrieben und mir dann gesagt, das ich das doch jetzt gut getroffen hätte. Lg jj.
        PS: Die Hungergesichert ändere ich natürlich. Danke.

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    • Martin Wagner schreibt:

      Ob unseriöse Brücken-Tweets oder unsägliche Arena-Schwindeleien, mit der Wahrheit durchzudringen ist schwer 😥. Mark Twain hat es gesagt: „Es ist leichter, die Lüneburger Kreistagsabgeordneten zu täuschen, als sie zu überzeugen, daß sie getäuscht worden sind.“ Professor Lilienthal 👨‍🏫 hat recht, die Verhaltenspsychologie bestätigt das leider. Das Phänomen heißt „kognitive Dissonanz“.

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