
12. September 2022
„Ceterum censeo Carthaginem esse delendam“, das ist Latein und heißt übersetzt: „Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Karthago zerstört werden muss.“ Mit diesem Satz soll der römische Staatsmann Cato vor gut zweitausend Jahren jede seiner Reden im Senat beendet haben. So weit will ich es nicht treiben, auch wenn der Satz auf den Bauzaun am historischen Lüneburger Hafenkai Anwendung finden könnte.
Der triste Zaun an der Kaimauer direkt hinterm Behördenzentrum steht dort seit langem, er ist ein Anschlag aufs Stadtbild und nicht nur mir ein Dorn im Auge.
Aufgestellt hat ihn die Stadt vor eineinhalb Jahren aus lauter Sorge vor Gerichtsverfahren und Schadenersatzansprüchen. Hintergrund: 2019 ist eine Frau mit dem Fahrrad aus Versehen in die Ilmenau geradelt. Ein Vorfall in 100 Jahren. Sicher ist sicher, handelte die Stadtverwaltung und verweist auf die Rechtslage..
Vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum keine Baken an Verkehrsschildern oder Straßenlampen aufgestellt werden, die unvermittelt auf alten Radwegen stehen. Warum wird an der Willy-Brandt-Straße, Höhe Lidl, nicht gewarnt, wo ein wunderbarer Radweg abrupt an einem Ampelmast endet und dahinter sogleich weitergeführt wird. Warum wird bei so einer unsicheren Rechtslage nicht das Radfahren auf löcherigem Kopfsteinpflaster mit Mega-Fugen, namentlich am Sand oder der Salzstraße am Wasser, generell untersagt, zumindest für Räder mit superschmalem Rennradprofil? Gerade hat es einen Radfahrer an einem Bahnübergang erwischt, weil die Rundum-Warnung fehlte. Aber vermutlich verstehe ich nicht, wo welche Maßstäbe angelegt werden.

Dass der Bauzaun am historischen Kai schon Dellen hat, weil er schon zu lange dort steht und dass die Lokalpolitik schon zu lange über Geländer-Varianten disputiert, darin sind sich die Lüneburg-Liebhaber einig in vielen Kommentaren auf Facebook. Dazu muss gesagt sein, dass dort eh nur radelt, wer es auf Gehirnerschütterung anlegt oder einfach mal ordentlich durchgerüttelt werden will bei Verstopfung.
Im April 2021 war in der LZ zu lesen: „Laut Aussage des Kommunalen Schadenausgleichs, der Städten und Gemeinden Versicherungsschutz bietet, sei das (gemeint ist der Zaun) nicht zwingend nötig. Dennoch habe man eine Bestandsaufnahme der Geländer vom Stint bis zur Reichenbachbrücke gemacht und drei Varianten für mögliche Geländer an der Kaimauer entwickelt. Je nach Varianten beliefen sich die Kosten zwischen 100.000 Euro bis 150.000 Euro.“ Heute würde das Geländer auf vielleicht 300 Metern vermutlich doppelt so viel kosten.
Ich habe einmal bei der Stadt nachgefragt, was der Sachstand ist. Die Antwort lautet: „Nach den Beratungen im Bauausschuss schloss sich eine Diskussion im Verwaltungsausschuss an. Die Politik hat an die Verwaltung die Prüfbitte herangetragen, ob mit anderen Maßnahmen als dem Geländer die Anforderungen der Verkehrssicherungspflicht erfüllt werden können, beispielsweise durch die gezielte Verlagerung der Radwegeführung in Richtung ehemaliger Bezirksregierung bei gleichzeitiger Herstellung eines fahrradfreundlichen Belages.“ Die Stadt habe Fachfirmen kontaktiert, die Gefährdungsanalysen erstellen könnten. Die Fortführung des Zaunes vom Stint in Richtung Regierungsvertretung werde seitens der Politik wegen der hohen Kosten kritisch gesehen.
Aha, die hohen Kosten. Ich unterlasse es jetzt, aufzuzählen, wo weit mehr Geld in Lüneburg verdampft. Um das Thema bloß nicht fallen zu lassen, empfehle ich dringend erstmal eine Enquete-Kommission einzusetzen aus Ratsmitgliedern, Arbeitskreis Lüneburger Altstadt, Baudenkmalpflege des Landesamtes (schauen immer auf den Zaun), Stadtmarketing, Lüneburg City-Management, Polizei, ASB, THW und DRK, um auch wirklich alle Eventualitäten abzudecken. Die Kommission kommt zweimal im Jahr zusammen und legt 2024 einen Bericht vor, der dann zu einer europaweiten Ausschreibung führen könnte, wenn der Rat denn nach einer Stadtkonferenz im Audimax im Etat eine Summe berücksichtigt. Ansonsten wird über Sponsoring nachgedacht. Claassen, Sallier, Porth oder Havemann? Oder doch städtische Stiftungen?

Nun will ich mal wieder runterkommen. Schließlich ist der Gang der Dinge am Bauzaun typisch deutsch. Unsere Freunde in Übersee und der Europäische Union sprechen von „the German Angst“, wenn wir wieder den Kopf einziehen. Und wir haben natürlich Wichtigeres zu bewältigen: Corona, Krieg und Inflation. Da können vielleicht 300 Meter historische Kaimauer warten. Schließlich haben wir sie bis vor drei Jahren eigentlich komplett ausgeblendet. Sie war ja schon immer da – bis diese eine Radlerin kam und das Bauzaunfieber auslöste. Typisch deutsch, und darum so traurig. In diesem Sinne: Ceterum censeo sepem esse delendam.
Hans-Herbert Jenckel
Kämpfen im Wahlkreis Elbe eigentlich nur die Grüne Miriam Staudte und der Christdemokrat Uwe Dorendorf um das Direktmandat für den Landtag?
Was ist mit den Kandidierenden Sabine Römer (die Basis), Viktor Linsel (Die Linke), Florian Beck (FDP) und Gregor Szorec (SPD)?
Haben die kein Interesse, den Wählenden ihre Ansichten zu Autobahn, Arena und Artensterben mittels Antworten zum Blog.jj-Fragebogen bekannt zu machen?
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Lieber Herr Wallstein, ich hatte auch an zwei weitere Kandidaten die Fragen verschickt, die allerdings kommen aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg und haben nicht geantwortet. lg jj
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Es wird hier natürlich nicht die Tiefe und Breite wie bei Jenckel geboten, aber beim «NDR Kandidaten-Check zur Landtagswahl 2022» bekommt man wenigstens ein paar Infos zu den Herren Beck (FDP), Linsel (Die Linke) und Szorec (SPD). Frau Römer (Die Basis) hat die Auskunft auch dort verweigert:
https://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/landtagswahl_2022/kandidatencheck/wahlkreis-elbe,elbe878.html
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https://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article107425934/Jede-Woche-gibts-neuen-Unmut.html
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Offenbar ist es die aktuell vorherrschende Strategie der Stadtverwaltung erstmal alles mit Bauzäunen abzusperren,zu diskutieren, abzuwarten oder erstmal Arbeitsgruppen zu bilden und vielleicht darauf zu hoffen ,dass es am Ende ein ja Gottesurteil gibt, welches einem eine aktive Entscheidung abnimmt. Ähnliches ist ja auch beim Lüneburger Gradierwerk zu beobachten, wo auch schon seit nahezu einem Jahr abgesperrt wird und ebenso nichts passiert.
Natürlich kann man auch so lange warten, bis letztlich der Zahn der Zeit die Entscheidung trifft und letztlich nur noch die Abrisskosten zu tragen sind.
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Offenbar ist es die aktuell vorherrschende Strategie der Kritikusse der Stadtverwaltung erstmal alles mit kruden Behauptungen vollzupflastern, ergebnisorientierte Diskussionen zu vermeiden, abzuwarten oder erstmal Lärm- und Zetergruppen zu bilden und vielleicht darauf zu hoffen, dass es am Ende ja ein Volkssurteil gibt, welches einem die Verantwortung für seine stichelnden Obstruktionsaktivitäten abnimmt. Ähnliches ist ja auch beim Lüneburger Gradierwerk zu beobachten, wo auch schon seit nahezu einem Jahr Unsinn gestreut und aufgewiegelt, aber ebenso so breitbeinig darauf verzichtet wird, die fachlichen Gründe für die herausgestellten Misslichkeiten im Dialog mit den zuständigen Stellen zu suchen und sich im Übrigen darauf zu besinnen, wie man selbst als christdemokratischer Ex-Ratsherr vermieden hat, in den beiden genannten (und manchen ungenannten) Angelegenheiten etwas Sinnvolles auf den Weg zu bringen, als man das noch hätte tun können, ja, das sogar hätte tun sollen!
Wer im Glashaus sitzt, braucht sich natürlich nicht den Rest seines Lebens zu schämen, aber er sollte auch nicht schon wenige Monate nach seiner Demission mit Steinen werfen!
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Nachdem die menschliche Dummheit zumindest in Lüneburg als grenzenlos anzusehen ist, sollte dort um ganz sicher zu gehen ein 3 Meter hoher Stacheldrahtzaun mit Selbstschussanlage errichtet werden.
Die Stadtoberen von Kopenhagen haben anscheinend grenzenloses Vertrauen in die Vernunft ihrer Bürger und die der Touristen:
https://www.baunetzwissen.de/boden/objekte/aussenanlagen-verkehr/kalvebod-waves-in-kopenhagen-4151547/gallery-1/4
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Der Vereinsvorstand präsentierte jetzt die Ergebnisse der Analyse des Lüneburger Beratungsunternehmens LPC Lüneburg burg Port Consulting und warb in der Politik um Unterstützung für das Projekt.
»Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wie Kreuzfahrt in Lüneburg moderat, umweltverträglich und eingebunden in ein bestehendes Tourismus-Konzept aussehen könnte. Unser Ziel ist es, die notwendige Infrastruktur durch private Investitionen zu finanzieren. Wir bringen unsere Vorschläge zur Weiterentwicklung des Tourismus- und insbesondere innovativen Verkehrskonzepts gern in die zuständigen Gremien der Stadt ein«, sagte der Vorsitzender von Lüneburg Cruise. Der Verein hat auf Basis des LPC-Gutachtens sowie einer bereits 2013 im Auftrag der IHK zu Lüneburg-Wolfsburg erstellten Machbarkeitsstudie eine »Impuls für die Entwicklung der Hansestadt Lüneburg« erarbeitet.
Nach Ansicht der Gutachter ist die Realisierung eines Terminals in Höhe der Kaimauer ohne Bauzaun zu empfehlen. »Unser Vorschlag basiert auf Gesprächen mit Vertretern von Kreuzfahrtreedereien und Erkenntnissen zur Entwicklung der Schiffsgröße«, sagte LPC-Projektleiter.
»Das Wachstum des Kreuzfahrtmarktes ist so dynamisch, dass eine stärkere Angebotspolitik in Lüneburg ergänzend zum Angebot in Wilhelmshaven positive Effekte für das gesamte Land Niedersachsen haben würde«, betonte der Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lüneburg-Wolfsburg und geschäftsführendes Vorstandsmitglied von Lüneburg Cruise. »Wir setzen auf innovative Verkehrs- und Mobilitätskonzepte sowie ein multifunktionales Terminal, dessen Funktion deutlich über die Nutzung als Anleger hinausgeht.«
Lüneburg könnte vom Bau eines derartigen Kreuzfahrtterminals deutlich profitieren. »Es ist erforderlich, das Thema Kreuzfahrt für unsere Destination als Impulsgeber für Lüneburg für die kommenden Jahre und Jahrzehnte im Zuge der geplanten Fortschreibung des Touristischen Entwicklungskonzepts abzuprüfen«, so Vereinsvorstand und Geschäftsführer der Marketing GmbH (LCM).
»Wir erwarten eine hohe Wertschöpfung für die lokalen Unternehmen dank der Zuwächse im Tourismus. Lüneburg sei bereits jetzt gut angebunden an die Autobahn, das Schienennetz, den Flughafen und über die Ilmenau auch an die Lüneburger Altstadt. Vom Anleger könnten die Touristen zu Fuß ins Zentrum von Lüneburg gehen, zugleich würde es dort einen neuen Anziehungspunkt für »Sehleute« geben. »Ein derartiges Konzept bietet immer die Chance, völlig neue Überlegungen in das ohnehin noch zu erstellende Verkehrskonzept miteinzubringen, zum Beispiel Elektro-Shuttle-Lösungen zu entwickeln und zusätzlich die Ilmenau als Verkehrsweg einzubinden.«
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