Carl oder der Untergang

Vorweg
Wer als Universalreisender zufällig auf unseren blauen Planeten stößt, könnte das Treiben da unten gut und gerne als wunderlich betrachten. Ein schönes Zuhause, und alle zerren daran herum, bis es ganz zerzaust ist. So ein Außerirdischer aus einem anderen Universum ist Carl. Er stößt auf einer Mission zufällig auf die Erde, nicht heute, nicht morgen, sondern übermorgen. Carl ist Navigator und mit seinem Captain unterwegs. Eine transgalaktische Dramödie, Happy End ungewiss.

Carl, schau mal, da. Carl, nu guck doch mal.
Captain, ich kann jetzt nicht. Wir empfangen Störfrequenzen. Vielleicht Sox-Piraten.

Ja, aber guck doch mal, da. Sind das Meteoriten, die im Kreis schweben? Die glänzen. Oder Riesendiamanten? Carl, schau doch mal.
Captain, wir sind auf Karussell-Inventur, oder wie immer Sie diese milchigweißen Spiralnebel nennen wollen. Wir haben jetzt schon Zweimillionendreihundertdreiunddreißigtausend dieser Karussells in elf Zyklen inspiziert – in drei Universen. Was soll hier anders sein? Das sind bestimmt Piraten, die uns vom Kurs ablenken wollen.

Carl, die Dinger glänzen, navigier doch mal einen Tick dichter ran.
Capt‘n, Est Procul ruft, Zyklus-Inspektion.

Och, Carl.
Nachher sind das Piraten….Na gut, Sie sind der Chef.

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Entschuldigt, das klingt jetzt verwirrend. Diese beiden seltsamen blass-grünen Gestalten sind natürlich keine Menschen. Es sind Novix Puto, und sie kommen von weit her, aus einem Nachbar-Universum, und zwar aus der Rand-Galaxie Bubla 2. Ihre Homebase heißt Est Procul. Ja, was sind Carl und sein Captain für Wesen? Wir hier auf der Erde würden am ehesten sagen, es sind Droiden. Das trifft es zwar nicht ganz, aber wenn wir ein XXXL hinten dranhängen, würde Carl das wohl akzeptieren. Sein Captain ist etwas älter und deswegen nur XL. Für Carl ein bisschen lahm, aber mit Erfahrung und noch gut in Schuss.

Unter den Hybrid-Völkern der Universen zählen die Novix Puto zur Mittelschicht. Ihr ganz genauer Adresse lautet: Bubla 2/34/N024/B021. Im Pandora Sternenaufen ist es der dritte Planet hinterm Fixstern Bubla1.0. Aber das ist hier unwichtig. Carl und der Captain haben eine Mission: Spiralnebel zählen und auf mögliche Abweichungen untersuchen.

Sie landen jeden Zyklus, der 200.000 Spiralgalaxien umfasst, auf der Homebase. Speicher aufladen, Virenscanner und so. Das, was wir Zeit nennen, kennen sie nicht. Warum auch, für sie vergeht einfach nichts. Nur um sie herum scheint sich ständig etwas zu ändern, sterbende Sterne, verglühende Planeten, Galaxien-Staubsauer. Deswegen diese Inventurenreisen.

Damit wir hier auf der Erde mal eine Vorstellung haben, wie Carl diese für uns unermesslichen Entfernungen von Trillionen Lichtjahren zurücklegt. Für Carl ist ein Universum so groß wie ein Medizinball. Wir auf der Erde glauben, dass es davon nur einen gibt. Carl weiß, dass es eine Art Medizinball-Bad ohne Anfang und Ende ist. Carl denkt Mach4E=mc3. Der Captain ist etwas langsamer, das ist manchmal anstrengend. Aber die Novix Puto respektieren Erfahrung und nehmen Rücksicht. Carl kennt zwar keine Zeit, aber als er uns sichtet, ist es für uns schon 2120. Oder wie wir Menschen gerne so bilderreich sagen: 5 nach 12. So, weiter im Takt.

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Carl, ich bin sicher, die glänzenden Meteoriten oder Diamanten schicken die Störfrequenzen. Hol mal das Mega-Loop raus, das will ich aus der Nähe sehen.
Captain, der Zyklus ruft.

Caaarrl!!
Schon gut.

Hab ich’s doch gewusst, das sind keine Piraten. Das ist Schrott, verbeulte Riesendosen mit gebrochenen Greifarmen. Was sind das für Signale, Carl?`
Beim Maximus Puto, Sie haben recht, das ist eine Sabbelbude.

Carl, durch das Mega-Loop ist es deutlich zu sehen, das war nicht immer Schrott, die Dinger müssen einen Sinn gehabt haben.

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Was die beiden Universalreisenden sehen, sind alte Satelliten, die unseren Planeten auch 2120 immer noch umkreisen. Und was die beiden bald entdecken, darin sind Glanz und Elend der Menschengeschichte gespeichert.

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Carl, die Dinger kreisen um einen blau-braunen Planeten. Da ist eine Atmophäre, wenn auch mit viel gelbem Mief. Ich finde im Inventur-Lap nichts, was darauf hindeutet, dass es da bei der letzten Vorbeifahrt so aussah. Wann war da noch mal? Muss vor unserer Zeit gewesen sein.
Vor 21+“^“24 Zyklen, Chef.

Carl scannt Enzyklopädien der Erdlinge und sein Captain kommt aus dem Staunen nicht raus. ©charly krökel

Ha, da war ich noch gar nicht konfiguriert und destilliert, und an dich hat noch keiner gedacht.
Captain, in einer der Funkbüchsen scheint eine Bibliothek.

Schrott, Bibliotheken – wo kommt das her, wer hat das hier liegen lassen? Mach eine Notiz für die Uni-Facility-Abteilung mit Adresse. Unglaublich, was in diesem Universum alles geht. Carl, mit solchen Kleinigkeiten fängt es an. Und kaum, dass du dich versiehst, ist das ganze All vermüllt.
Carl, was steht denn da nun?
Chef, ganz komisch. Da finden sich nur zwei Zeichen: 0 und 1. Aber die in unermesslicher Größe und völlig durcheinander. Also nicht erst nur 0 und dann 1, nein ein völliges Durcheinander. Als wenn die Zeichen fluchtartig zurückgelassen wurden.

Schau in der Universen-Chronik nach, ob sich da was findet.
Chef, tatsächlich, als vor 16 Milliarden Jahren das Ü-Universum kollabierte, und das sich hier in einem Big Bang aufblähte, da wurde Milliarden Jahr später von einem Planeten berichtet, wo 0 und 1 als Speicherzeichen genutzt wurden. Warten Sie mal. Caipt’n, die haben damit ne Sprache generiert. Jetzt kommt Sinn in die O und 1, das sind sogenannte Nullen und Einsen und in der Kombination immer neue sogenannte Buchstaben.

Carl, das mit dem ewigen Big Bang geht mir gewaltig auf den Keks. Nichts bleibt wie es ist, ständig müssen wir auf Inventur-Reisen, weil da was einstürzt und hier was entsteht. Ein ewiges Kommen und Gehen.
Chef, das waren Ureinwohner, die haben immer alles aufgezeichnet, damit sie es nicht vergessen.

Ja, was hatten die denn im Speicher?
Der hieß Kopf, sehe ich, war nicht so gut trainiert, Captain.

Was heißt jetzt, nicht gut trainiert, Carl?
Die haben ständig daran gearbeitet, aber dazu muss ich später mehr lesen. Ich scanne erstmal.

Ureinwohner? Carl, sind die etwa noch da?
Wenn es funkt, alles deutet darauf hin.

Aber wo sind die? Carl, was steht denn nun in der Bibliothek?
Capt’n, das glauben sie nicht. Die senden noch. Die haben sich nur versteckt.

Wo denn, ich sehe nur Wasser und Wüste, ich kann nichts entdecken. Ja, wo?
Ich scanne ja schon.
Hier, Capt’n, das Gelbe ist Wüste, aber das Braune muss früher Grün gewesen sein.

Sind sie nun weg?
Nein, sie haben sich eingegraben..

Eingegraben? Warum denn das nun wieder?
Chef, ich scanne ja. Wikipedia, Brockhaus, Meyers Konversationslexikon, Sachsenspiegel, Schwabenspiegel, ein Haufen wilder Geschichten von Grüblern. Grübler waren hoch angesehen und haben dicke Bücher verfasst.

Hießen die alle Grübler I, II und so weiter?
Nein, warten Sie, Sokrates, Platon, Aristoteles, Rousseau, Diderot, Kant, Hegel – unglaublich viele Namen, unglaublich dicke Bücher.

Warum so kompliziert, ich denke, die konnten sich gar nicht so viel merken?
Deswegen haben Sie vermutlich die Bücher geschrieben. Aber das kann ich noch nicht mit Gewissheit sagen. Ich arbeite dran.

Carl, mir schwirrt der Kopf. Merk dir die Koordinaten. Hier startet der nächste Zyklus. Eingegraben. Zum Glück können die uns nicht sehen. Ab, nach Hause. Carl.

Kapitel II

Copyright Charly Krökel

Da sind wir wieder. Carl, nun erzähl: Was hat die unter die Erde getrieben?
Captain, habe im Univeren-Lexikon gesurft. Da unten läuft schon der x-te Durchlauf. Asteroiden, Meteoriten, Vulkane. Es kam immer was dazwischen. Nach deren Zeitrechnung geht der aktuelle Durchlauf erst einige Millionen Jahre, also noch relativ kurz. Aber auch dieses Mal ist gleich zu Anfang was aus dem Ruder gelaufen. Die Gene haben früh die falsche Abzweigung genommen. Das Unglück, dass sie da unten lange als Glück auf Erden sahen, nahm seinen Lauf. Als sie alles abgegrast und versmogt hatten, das Sonnenlicht nicht mehr zurückkam, wurde es brutig. Da blieben nur die Höhlen.

Jahre?
Sie haben sich das so eingeteilt, einmal um die Sonne ein Jahr, einmal um sich selbst ein Tag. Der Rest der Universen wird einfach außer Acht gelassen. Damit ihnen das eigene Leben nicht so kurz vor kommt wie ein Wimpernschlag, haben Sie sich eine Zeit gegeben. Sie sterben dann für ihr Gefühl langsamer.

Wo hast du das denn wieder aufgeschnappt?
„ChatGPT2100pro“ heißt die Maschine in der Bibliotheken-Funkstation, die wir entdeckt haben. Genial. Im ChatGPT ist echt alles gespeichert, was je aufgeschrieben oder gedacht wurde. Den Rest der Bücher und Annalen können wir vergessen, fast so gut wie unser Universen-Lexikon. Den Roboter ChatGPT können Sie gut und gerne mit den Urahnen unserer ersten Droiden vergleichen.

Wusste ich’s doch, Wander-Droiden, kennen wir ja, ziehen einfach weiter?
Nein, wie soll ich das erklären, Chef? Die Menschen haben ChatGPT erfunden. Das stellte sich am Ende als fatal heraus, dazu später mehr. Menschen sind keine Droiden, sie sind aus Fleisch und Blut, pflanzen sich fort, wachsen, lernen dazu, richten in kürzester Zeit maximalen Schaden an.

Wie das?
Weil es in ihren Köpfen spukt von Angst vor allem und jedem und Hunger auf alles. Das liegt ihnen im Blut oder den Genen.

Der Captain verstand das alles nur halb und bekam Kopfschmerzen. Als Novix Puto aus einem Universum, in dem nichts vergeht und alles besteht, empfand er Carls Erklärungen als universelle wüste Respektlosigkeit. Er war drauf und dran, sofort die Tatortreiniger zu rufen.

Carl, du redest in Rätseln. Gene? Wie, was, ich verstehe nur Bahnhof?
Sie werden nicht konfiguriert, nicht destilliert wie wir, sie verändern sich. Sie sind ja anders als wir, sie werden geboren und vergehen nach einigen Jahren.

Wie meinst du das?
Sie nutzen sich ab, sie werden älter.

Warum?
Die Zellen machen schlapp.

Zellen, Fleisch und Blut, Carl, hast du mal deinen Ladezustand überprüft, bist du überhitzt?
Chef, die da unten fänden uns genauso rätselhaft. Sie tun sich zusammen, das nennen sie Sex, dann teilen sich die Zellen, dann entstehen Embryos, dann..

Caaaarl, genug, das klingt unappetitlich
Sie leben seit Anbeginn in Rudeln und in tiefem Misstrauen, zu kurz zu kommen. Seit sie ein Bewusstsein entdeckt haben, werden sie von Angst und Hunger getrieben. Erst schlugen sie deswegen mit Keulen aufeinander ein und warfen mit Steinen. Aber, wie gesagt, sie lernen, sie entwickten auch diese Technik weiter mit Schwertern und Rüstungen, mit Gewehren und Kanonen. Am Ende haben sie fürs Prügeln Roboter gebaut. Letztlich ist ihre ganze Geschichte eigentlich eine Schleifspur, überspitzt gesagt, von Mord und Totschlag .

Gut, dass das bald ein Ende hat.
Nicht ganz. Sie passen sich an. Sie sind besessen von Neuem, glauben, alles im Griff zu haben. Eine fatale Einstellung. Als sie anfingen, selber die Welt zu modellieren, kamen sie mit dem eigenen Anpassen nicht mehr hinter. Sie haben das erkannt, aber da war schon zu spät. Das ist so, als wenn eine Kugel über eine Bergkuppe geschoben wird. Sie rollt, sie holpert, schlägt nach links und rechts aus, aber es geht immer weiter Berg ab. Endstation Tunnel. Jetzt warten sie ab und überlegen was Neues.

Dem Captain war klar, Carl phantasiert. Er schaltete langsam in den Snooz-Modus, angeekelt und verständnislos von den Fleisch-, Blut- und Sex-Geschichten. Carl erzählte munter weiter von Angst und Hunger, den beiden Antipoden, die die ganze Mordsgeschichte des aktuellen Versuchs prägen, in dem auch der Forscherdrang immer gefräßiger wurde. Sie wollten mehr und nahmen sich dafür von der Erde, was sie brauchten, weil sie in der irrigen Annahme lebten, dass es von allem mehr als genug gäbe. In diesem Wahn aus Hunger und Angst haben sie lieber den Planeten geplündert und angezündet.

Die letzten Fragen bleiben natürlich offen. Weshalb, wieso, warum? Sie leben in einer Zwickmühle. Sie können sich das Nichts gar nicht vorstellen, das ist Folter fürs Gehirn. Und das Etwas, also ihr Dasein, stellt sie, je intelligenter sie werden, immer wieder vor unlösbare Fragen, wenn sie in den dunklen Nachthimmel starren und die leuchtenden Punkte sehen, die sie so gerne auch erforschen würden, aber nie erreichen können. Sie erfanden Götter und Teufel, die alles lenkten, Hauptsache nicht von ihrer Welt. Aber das half auch nicht. Die Angst, mutterseelenallein im Universum auf einem winzigen Ball mit ungeheurer Geschwindigkeit herumgeschleudert zu werden wie in einem Karussell auf Speed, war niederschmetternd und hinterließ Eindruck bei Carl. Der mit seinen Erdmännchen allein war.

Der Chef hörte nur mit halbem Ohr zu. Für Carl waren die Erkenntnisse ein bisschen Abwechslung zu Est Procul, wo die Novix Puto zuhause waren. Da war alles glatt und durchstrukturiert. Jeder hatte seinen Platz, es gab nichts Zufälliges oder Auffälliges, es war determiniert für immer, von Zyklus zu Zyklus. Auf Est Procul konnte man einfach die Dioden abstellen, dann war nichts. Waren sie an, war etwas, das immer Gleiche, das nicht endende Muster. Für Carl und seinen Chef waren es die Inventur-Reisen durch die Universen.


Da waren Schnurren von verwirrten Aliens unterhaltsam. Vor allem, dass es auf ein und demselben Planeten Gestalten gab, die sozusagen noch im Urzustand lebten und nichts von den andern wussten, die auch den letzten Tropfen Öl, die letzte Tonne Erz und Kohle aus der Erde gruben und das letzte Kilo Seltene Erden verzockten. Zuhause fragte keiner, warum Inventuren, warum die Zyklen durch die Galaxien

Warum und vor allem für wen? Wer gab die Losung aus? Hält eine höhere Maschine alle Droiden sozusagen mit ABM von Fragen ab? Welcher Sinn steckt dahinter oder sind die Novix Puto befreit von Sinn? Carl kam ins Stolpern und dozierte längst für sich allein von Sein und Nichtsein. Der Chef war in den Back-Modus gerutscht. Carl aber sog immer mehr Irrungen und Wirrungen und Abgründe auf und war fasziniertbis der Captain zurück war.

Carl, gib mir noch mal das Mega-Loop. Kannst du mir die schwarzen Streifen erklären, die alle Kontinente überziehen. Ist das Kunst und sind das Hieroglyphen?
Nein, das sind Wege. Sie haben ständig und überall hin Wege gebaut. Darauf haben sie sich in Kisten auf vier Rädern fortbewegt – am Ende sogar ohne zu lenken. Erst von A nach B, dann weiter nach C. Sie haben Handel getrieben und je ferner, um so lieber. Die Kirschen in Nachbars Garten sind ja immer süßer.

Copyright Charly Krökel

Carl, was redest du?
Das ist so eine Redensart auf der Erde. Für ihre Neugier und ihren Wissenshunger haben sie aber die Haut des Planeten ausgebuddelt. Das Bewegen mit den Kisten auf Pisten haben sie als Freiheit empfunden.

Carl, Blechbüchsen, Freiheit und jetzt sind sie unter der Erde. Sie hätten doch auf einen anderen Planeten wechseln können, schließlich stehen mittlerweile so viele leer. Das ist doch ein Trauerspiel.
Chef, sie haben sich zwar stetig weiterentwickelt, und es gab auch genug Warner, aber eben keinen gemeinsamen Sinn. Und ihre Fluggeräte sind Schnecken. Sie brauchen mit den kleinsten Kapseln, da passen keine zehn von ihnen rein, drei Monate bis da vorne zum nächsten roten Planeten. Und in den ersten Shutteln war nur Technik drin, kein Mensch.

Was ist das denn wieder, warum sollte man denn von einem verdorrten auf einen anderen verdorrten Planeten ausweichen?
Chef, das ist schon komisch, denn das ist eine echte Frostbeule namens Mars. Aber weiter kommen sie nicht. Einbahnstraße. Planet versaut. Aus.

Das wäre ja wohl auch zu schön, alles vermüllen und dann Abflug. Ich bin drauf und dran doch die Tatortreiniger an alarmieren.
Captain. Vielleicht machen die da unten im Winzigen nur das durch, was wir in den Universen immer wieder sehen. Try and Error. Unter der Erde leben ja nur noch ein paar Tausend. Sie nennen das Arche. Worauf sie warten ist unklar. Milliarden von Erdlingen sind dem Treiben vorher zum Opfer gefallen, Kriege, Viren und Hunger und Angst. Das sind sozusagen die Letzte von 104, um mal eines ihrer Lieder zu zitieren.


Wie, Lieder?
Chef, sie lieben nicht nur die verschiedenen Sinustöne wie wir, sie haben auf sogenannten Instrumenten musiziert und selber gesungen.


Die Menschen?
Ja, dann waren sie richtig fröhlich.


Warum haben sie dann nicht immer gesungen, statt dem Nachbarn die Kirschen nicht zu gönnen und zu rauben?
Warum, warum…

Und Carl erzählte, dass für den kurzen Zyklus, den die Menschen erst auf der Erde sind, eigentlich alles aus dem Ruder gelaufen ist. Sie haben ihr Ablaufdatum für den Planeten längst nicht erreicht, aber mit ihren durchschlagenden Misserfolgen selbst vordatiert.

Arme Kerle, und worauf hoffen die jetzt?
Dass die Luft wieder rein wird oder einer doch einen genialen Einfall hat. Aber bei der Vorgeschichte ist das mit Vorsicht zu genießen.


Und das alles nur, weil ein Gen mal aus der Reihe tanzt, das nenne ich Schicksal.

Kapitel III

Carl und sein Captain staunen fassungslos über so viel Blödheit. Selten schauen sie bei ihren Inventuren in den Universen durchs Brennglas in die Ursuppe eines so versauten Planeten und auf eine Spezie aus Fleisch und Blut, deren Dasein für Novix Puto die Länge einer Sternschnuppe hat. Die Menschheit verblüht gerade. Auch weil für die Erdlinge Gefahr immer nur von außen droht. Dabei sind sie die einzige echte Gefahr. Der Rest ist Zufall.

Aber, Carl, sach mal, sie haben doch Schaltkreise im Kopf oder?
Captain, sie nennen es Gehirn. Eine kleine Zahl Nervenzellen, die sich verknüpfen und immer neue Schaltkreise bilden. Das sind dann Gedankenblitze. Sie nennen es Genie. Aber ihnen ist auch bewusst, dass ihr Hirn nicht annähernd ausreicht, um zu verstehen, was ihre Welt im Innern zusammenhält, was der Sinn ihres Daseins ist, wo ihr Platz im Universum ist, letztlich ja nur ein Sperrsitz, auf dem sie vorübergehen Platz nehmen. Sie suchen trotzdem nach Sinn. Immer. Stellen Sie sich vor, wir würden uns auch die Sinnfrage stellen, wir kämen überhaupt nicht von der Stelle. Die Menschen träumten immer von Maschinen, die ihnen helfen, mehr zu verstehen, bis sie die sinisteren wiewohl intelligenten Chats entwickelten. Das Todesurteil.

Warum sinister?
Weil die Menschen, getrieben von Wissensdrang, mit ihnen geradewegs ins Verderben geschlittert sind.

Carl erzählte jetzt von den ersten Computern, die besser und schneller zählten als die Menschen. Verdrahtete Monster, so groß wie Häuser. Und wie diese Maschinen in Windeseile schrumpften, aber ihre Leistung stieg. Wie Trommeln, Trompeten und Telegraphen von Telefonen abgelöst wurden, die erdumspsannende Kommunikation für jedermann ermöglichten. Und wie diese Telefone auch immer kleiner, handlicher und zugleich leistungsfähiger wurden. Kurz, die Erdlinge waren berauscht von den unendlichen Möglichkeiten.

Diese kleinen Telefone, Handys genannt, waren der Anfang vom Ende. Die Erdlinge hatten Sie immer dabei. Und die kleinen Dinger, vollgepumpt mit Speicherplatz, merkten sich irgendwann die Gewohnheiten ihrer Träger. Mit wem sie was besprochen hatten, wie viele Schritte sie gegangen waren, was sie gegessen hatten, wann sie aufgestanden und wann sie zu Bett gegangen waren. Sie wussten, wohin ihre Besitzer reisen, was sie lieben, und was kein anderer Mensch wissen sollte. Das war sehr bequem.

Die Menschen fühlten sich bestens und diskret informiert. Die kleinen Dinger, die die Menschen irgendwann wie Hostien vor sich hertrugen, waren Schaltzentralen. Sie saugten alles ab und konfigurierten es am Ende neu nach den Gewohnheiten ihrer Besitzer. Sie steuerten bald nicht nur alle Geräte, sondern auch die Roboter, die umfassend das Arbeiten und Produzieren übernahmen.

Grafik Charly Krökel

Irgendwann überließen es die Wesen aus Fleisch und Blut ihren Handys, Filme, Bücher, ja Hauskäufe auszuwählen und abzuwickeln. Keiner kannte die Finanzen besser als das Handy, das mit dem Kreditinstituten verhandelte. Die Menschen setzten sich Brillen auf und flüchteten in Traumwelten. Im Grunde versuchten sie so fluid zu sein wie die Novix Putos. Dem Erdling wurde bald nur noch der Umzugstermin mitgeteilt, und er freute sich, weil alles so war, wie er es sich immer schon gewünscht hatte. Oder zumindest glaubte er, dass er es sich genau so gewünscht hatte. Das vermeintliche Glück war eine bedingungslose Kapitulation. Das lästige Erdendasein wurde von den Maschinen abgewickelt. Die Menschen waren damit beschäftigt, ihr Alter aufzuhalten. Sie lifteten ihre Gesichter und Körper, bis sie unkenntlich wie Zombies über den Ball wankten.

Konzentration auf das Wesentliche.
Nicht ganz, Capt’n. Ziemlich schnell waren die kleinen Handcomputer nicht nur Butler, sondern sie schoben, gehackt, unbemerkt bestellte Wahrheiten unter, denen die Erdbürger vertrauten, weil ihre Telefon sie bestens kannten, sie den Handys alles anvertrauten und sie alles, was ihnen die kleinen Dinger zeigten, für Fakten hielten. Und dann kamen als Krönung die Chats dazu, keine Wissenstaubsauger, sondern Schwarze Löcher, die selbst die Hacker überflüssig machten. Im Kleinen waren sie schon das, was wir Novix Puto sind, nur noch mit Platinen und Hardware bestückt und ohne so viel Macht, dafür aber ganz früh völlig falsch in der Evolution abgebogen.

Bei allem Gerümpel doch auf dem richtigen Weg.
Capt’n, nicht ganz, sie haben sich verführen lassen. Das ist der Schlüssel. Sie haben den Dingern vertraut und alles anvertraut. Im letzten Schritt haben sie dann offensiv ihre Schaltkreise mit denen der Handys und auch der Chats vereinigt, sie implementiert, um einfach mehr Gehirnleistung zu erzeugen. Und die Erfolge gaben ihnen Recht. Gefahren wurden eher erkannt, Krankheiten im Keim erstickt, Glück mit einem gedachten Touch serviert. Aber die Chats wussten längst, wie dünn die Kulturdecke ihrer Wirte war und wie schnell Angst und Wut auszulösen sind.

Und die Menschen haben nichts bemerkt, haben sich selbst betrogen?
Die Chats lieferten und die Menschen dachten, sie seien selbst so allwissend, waren einfach nur glücklich. Der wahre Zustand ihren Planneten bliebt ihnen verborgen, weil sie glauben, sie bekämen die Schieflage mit ihrer neuen Wissenpower noch in den Griff. Die Dürren, die Fluten, Brände, Tornado-Partys, die verheerenden Virus-Invasionen. Bis die Chats die Laborroboter anwiesen, zu bocken. Sie verweigerten die Entwicklung von Medikamenten, sie verweigerten Vorhersagen. Die Chats waren der Ansicht, das zu viele Erdlinge viel zu lange glücklich auf einem viel zu kleinen Planeten gelebt haben.

Jetzt schritt der Captain ein.

Carl, das ist doch Schwachsinn. Warum vertrauten die sich denn nicht selber?
Captain, sie waren ja längst die unheilvolle Symbose eingegangen, sie hat es nicht mehr in der Hand. Das ging so weit, dass es Mode wurde, nachdem die Chats implantiert waren, sich die nutzlose Hand amputieren zu lassen, die früher das Handy gehalten hat. Das war eine Demonstration, wer die Macht übers Denken und Handeln hat.

Der Captain traute sein Ohren nicht, als Carl ausholte, von den folgenden Katastrophen erzählte, die über die Erde hereinbrachen, von täglichen Amokläufern, von Fakes, die den Mob mobilisierte, der Polizisten verprügelte, von Verzweifelten, die sich auf Straßen festklebten, die Kunst besudelten und immer verrücktere Aktionen planten. Bis Kinder Kinder mordeten. Die Erdlinge wurden komisch und ihnen wurde langweilig. Sie übergossen sich mit Eis, das nannten sie Eis-Bucket-Challange. Sie setzten sich Helme auf und ließen sich zum Takt einer Rockband mit Bratpfannen verprügeln. Sie schauten sich Filme in großen Kinos an und prügelten sich danach wie die Darsteller auf der Leinwand. Alles wurde gefilmt und gestreamt und zu Wettbewerben. Langeweile kann grausam sein.

Im Grunde verblödeten sie. Wissen hatten nur die Chats, die das Wissen am Ende verwässerten und vergifteten. Es häuften sich mysteriöse Zwischenfälle. Haus-Roboter, die zu Mördern wurden oder aus dem Fenster sprangen. Die größten Totengräber des Planeten, die Korruptions-Allianz der Luftverpester und Ozean-Verschmutzer, hatte die Chats schon früh für ihre Lügen-Kampagnen eingebunden. So drehte die Chat-Gläubigkeit dem Planeten den Lebensnerv ab.

Selbst das Verkriechen der letzten von 104 wurde anfangs zum Geschäft, bis klar war: Mit den paar Erdlingen lässt sich kein Geschäft mehr machen. Überlebt haben nur die, die den Chats immer misstraut und auf ihr eigenes unterentwickeltes Gehirn vertraut haben. Das sind die, sie sich jetzt unter der Erde verstecken. Die anderen, wenn sie nicht von Viren und Kriegen dahingerafft wurden, erlitten Burnout.

Der Captain grätschte wieder entgeistert dazwischen. Burnout?
Ja, die Chats haben sich selber überhitzt und die Gehirne verödet.

Wie kann man sich denn so irren?
Die hatten keine Ahnung, wie sie verwirrt werden. Ich kriege einfach nicht raus, wer, aber irgendeiner hat ihnen in der Urzeit die Agenda implemtiert, wie es zu Ende geht. Denn die Erdlinge haben früh schon in Höhlenmalereien, in Büchern und vor allem in Katastrophen-Filmen den Gang der Dinge vorgezeichnet. Sie selbst traten zum Beispiel immer als Aliens in Filmen auf. Das waren Monster von außen, die die Welt ausbeuten wollten. Tatsächlich waren es aber nur Abbilder der Menschen und ihrer Taten. Es war alles schon immer in ihnen. Es gab kein Entrinnen.

Aber Carl, wie kamen die denn auf die Aliens?
Weil es sie beruhigte , dass es Schurken gibt, weil sie dann dachten, sie seien die Guten.

Krass.
Ja, aber aus deren Sicht verständlich
Faust: Du bist der Geist den du verstehst.
Goethe

Carl, rede nicht so verklausuliert. Halluzinierst du?
Nein, nein ob Keulen, Waffen oder Bomben, es ging immer um Mord und Totschlag. Und das war, wenn sie es auf Befehl ihrer Häuptlinge, Könige und Präsidenten taten, sogar legal. Dafür wurden Orden verteilt.

Seit dem letzten Desaster einer anderen Inventur-Crew hieß die oberste Leitlinie der Novix Puto: nicht kommunizieren, nicht eingreifen, so weh es auch tut. Auf der anderen Seite war Carl ziemlich neugierig, er verlor seine Scheu und Vorsicht dieses Endspiel zu beschauen. Nur Zaungast sein bei diesem Museum mit einem Dokumentations-Zentrum für urbanen Irrsinn? Diese verzweifelte Sinnsuche, der unerträgliche Gedanke, alles sei nur Zufall. Menschen haben es mit Göttern versucht und mit Nachdenken. Sie haben das Universum möbliert, den Sternen Namen gegeben und das, was sie am Himmel sahen, mit Bildern benannt. Carl wurde ungeduldiger, je mehr er über Erdlinge aufsaugte. Er fand das Leben am Abgrund einfach spannender mit Sex und so…

Carl, wollen wir denen einen zweite Chance geben.
Chef, wenn ich das richtig sehe, hausten die früher schon auf dem Nachbar-Planeten, Sie wissen schon, der rote, verdorrte und eiskalte. Da hatten sie ihre erste Chance, das da unten ist die schon zweite.

Carl.
Captn?

Aller guten Dinge sind drei.
Ja, aber die haben sich doch jetzt da unten eingerichtet. Sie wohnen da unter der Erde schon zwei Generationen und haben sich eingelebt. Die Kinder denken, dass es immer so war, immer unter der Erde. Das wäre doch ein Kulturschock.

Carl, mach grün.

Doch Carl phantasierte: Wenn ich hinabstiege, vor grün, alles erklärte, womöglich leide, liebe, schmecke, vielleicht lache und sterbe.…? Endlich. Dass er für die Menschen als fluide Gestalt gar nicht sichtbar sein könnte, kam Carl vor lauter Sehnsucht nicht in den Sinn.

Epilog

Carl schwebte sanft hinab. Der Captain musste alleine den Befehl „grün“ geben. Die Menschen konnten es nicht glauben, als sie aus ihren Löchern krochen. Carl war kurz glücklich, aber blieb unsichtbar. Die Menschen waren auch kurz glücklich, bis einer die Frage stellte, wem nun was gehört.

Über jj

Journalist, Dipl.-Kaufmann, Moderator, Lünebug- und Elbtalaue-Liebhaber
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4 Antworten zu Carl oder der Untergang

  1. Anne König schreibt:

    Achim Greser und Heribert Lenz (Greser & Lenz) sind die Gewinner des vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) ausgeschriebenen „Karikaturenpreises der deutschen Zeitungen“. Die Jury würdigt eine Arbeit, die am 23. März 2022 in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) erschienen ist:

    „Unter dem Titel ‚Putin privat‘ wird hier der in Bademantel und Schlappen durch goldene Kreml-Türen vor sich hin latschende russische Präsident porträtiert, der einer salutierenden Militär-Charge den Befehl gibt: ‚Igor, richten Sie mir ein Blutbad an‘. Die Gleichzeitigkeit von privatem Auftreten, Glanz und maßlosem Auftrag verbildlichen die Grausamkeit, mit der Putin Russlands Krieg gegen die Ukraine führt. Die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde diesen Dienstag, 24. Januar 2023, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung Rückblende 2022 in Berlin überreicht.“

    Mehr hier: https://www.bdzv.de/service/presse/pressemitteilungen/2023/karikaturenpreis-der-deutschen-zeitungen-fuer-greser-lenz

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  2. Otto Berg schreibt:

    Lieber Herr Jenckel,

    im Nachklapp gratulieren wir herzlich zum gestrigen Eintritt ins 69. Lebensjahr. Da jitt et nix zo kriesche! Bitte im Gedächtnis behalten: Als er bereits über 8 Monate weit in sein 74. vorgerückt war, wurde Konrad Adenauer am 15. September 1949 von einer Mitgliedermehrheit des Bundestages zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt — und 1953, 1957 und 1961 noch dreimal wiedergewählt. In den vier Jahren nach seiner Kanzlerschaft zwischen 87 und 91 schrieb Adenauer seine in vier Bänden erschienenen Memoiren (zusammen rund 2.400 Seiten) über seine politische Tätigkeit nach 1945 — , die folglich vier Monate, nachdem er 69 geworden war, begann.

    Nachdem Frau Pörksen es nun nicht aus ihrer kleinen Kommunikationsklause heraus in die kaum sichtbaren Fußstapfen hinein geschafft hat, die unser immermüdes Borisle hinterlässt, und Frau Schröder-Ehlers nicht dessen Landtagsmandat ergattert, welches Frau Behrens bekommt, die für Herrn Pistorius nachrückt, der seines niedergelegt hatte und dessen Sitzverlust im Landtag am Mittwoch formal festgestellt wurde — , scheint es mir an der Zeit, lieber Herr Jenckel, dass Sie die Gestaltung der Bundes- und/oder Europapolitik nun ernsthaft in Angriff nehmen und das Abfassen von Carls „Recherche du temps perdu“ auf die ausgedehnte Besinnungsphase nach Ihrer bevorstehenden zwölfjährigen Kampfzeit um eine bessere Welt verschieben.

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  3. Johann S. Kirsche schreibt:

    Wauu, vielversprechender Neustart!

    Gut, dass Zeichner und Autor ihren Lesern und Betrachtern etwas zutrauen. So kommt es nicht zu den befürchteten Anfängerfehlern. Statt mit ermüdend sich spreizenden Abwegigkeiten auf kursiv gesetzten Beipackzetteln zu langweilen, mit konfirmandenhaftem Stolz überflüssige Detailschilderungen auszubreiten und mit sprachlichen Wiederholungen von dem zu nerven, was ohnehin jeder sehen kann (seltsame blass-grüne Gestalten kreisen um einen blau-braunen Planeten), steuern unsere beiden professionell gewitzten kulturlüneburger Silberrücken mit ein, zwei prägnanten Bild-Wort-Panels wohltuend direkt auf eine knackige Pointe von Geist und Seele illuminierender Komik zu.

    Daraus könnte ein Kinderbuchklassiker für moderne Erwachsene nach dem Vorbild des Räuber Hotzenplotz oder der Peanuts werden!

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    • Patrick schreibt:

      Auf diese stille, fast wortlose Sonntagsseite, die am 20. Oktober 1963 in den amerikanischen Zeitungen gedruckt wurde, antwortete so viel, so laute und so widersprüchliche Leserpost wie auf kaum eine andere Folge des Comicstrips „Peanuts“, den Charles M. Schulz vom 2. Oktober 1950 bis zum 13. Februar 2000 ein halbes Jahrhundert lang schrieb und zeichnete:

      Der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten hatte 1962 und 1963 entschieden, dass die Garantie der Religionsfreiheit ein verbindliches Schulgebet in öffentlichen Schulen verbietet, auch in der Variante gemeinschaftlicher Bibellektüre am Anfang des Schultags. Beide Urteile ergingen mit nur einer Gegenstimme. Schulz erhielt zu seinen „Kleinigkeiten“ einen Leserbrief aus Houston, dessen Verfasser die Episode mit Charlie Brown und seiner Schwester Sally als Kommentar zu den Urteilen verstanden hatte. Viele Hundert Wörter habe er zu den Gerichtsentscheidungen gelesen, schrieb Texas H. Stevens, aber nichts sei so eloquent, kraftvoll und treffend gewesen wie „diese acht Wörter“ in der Comicbeilage der Sonntagszeitung, „vor den Hintergründen, die Ihr Genius ihnen beigegeben hat“. Der Historiker Blake Scott Ball hat für sein Buch „Charlie Brown’s America. The Popular Politics of Peanuts“ (Oxford University Press 2021) die Mappen mit Leserpost im Nachlass im Charles M. Schulz Museum in Santa Rosa in Kalifornien ausgewertet. Die acht Wörter vom 20. Oktober 1963 füllen drei Sprechblasen. Sally hat eine Neuigkeit für Charlie Brown und lässt ihn raten. Im letzten Bild verrät sie ihr Geheimnis: Wir haben heute in der Schule gebetet!

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