
Lüneburg, 13. Juli 2022
Wenn Politiker ins Risiko gehen, also Roulette mit Steuergeld spielen, stimmen sie ab, auch wenn eben noch nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen. Mit dieser Gangart hat Lüneburg zuletzt mit der Arena nicht die besten Erfahrungen gemacht. Der Event-Bau wurde dann doch um viele Millionen Euro teurer. Beim geplanten Baugebiet Wienebütteler Weg gehen jetzt namentlich CDU, SPD und FDP im Rat ins Risiko: Es soll mit der Erschließung begonnen werden. Die Wohnungsnot sei zu groß. Das Risiko ist ein Normenkontrollverfahren zum B-Plan. Wenn’s richtig schief läuft, das Verfahren nämlich richtig Erfolg hat, werden einige Millionen in den Sand gesetzt.
Das Verfahren ist beim Oberverwaltungsgericht anhängig, das im besten Fall erst nächstes Jahr entscheidet. Wie es ausgeht, vermögen die Experten der Stadtverwaltung natürlich nicht zu sagen. Vor Gericht und auf hoher See, heißt es, sei man in Gottes Hand.
Deswegen birgt die Erschließung eben ein auf wie einige Millionen eingeschätzte Risiko. „Das OVG Lüneburg hat auf Nachfrage bereits mitgeteilt, dass mit einer Verhandlung des Normenkontrollantrages erst im Sommer 2023 gerechnet werden könne, da der Senat mit einer außerordentlich hohen Anzahl von Normenkontrollanträgen befasst sei.“ Und die Kanzlei, die die Stadt berät sagt: Die Erfolgsaussicht könnei zu diesem Zeitpunkt nicht seriös abschließend eingeschätzt werden.
Und deswegen hat die Abwassergesellschaft AGL, die das Areal erschließen soll, gestern noch der Stadt eine Mail geschickt: Das von der Gesellschaft als Worst Case eingeschätzte Schadensvolumen wird darin „auf mindestens 18.000.000 Euro“ beziffert. Das glaubt zwar niemand im Rat. Aber die Grünen hätte da gerne noch etwas mehr Rechtssicherheit. Setzten sich damit im Rat nicht durch. Da waren Monika Scherf für die CDU und Andrea Schröder-Ehlers für die SPD stolz auf die Risikobereitschaft ihrer Fraktionen.
Bei der AGL allerdings ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste: Vorsorglich bittet der Geschäftsführer um die Freistellung der Gesellschaft an sich, des Geschäftsführers und des Aufsichtsrates von jeglichem Risiko.
Als Anwohner bleibt nur zu hoffen, dass die Stadt die Grundstücke so konfektioniert, dass, wenn es denn losgeht, es auch zügig vorangeht und sich nicht wegen der immer teureren Finanzierung oder Baumaterial-Lieferengpässen die Bebauung hinzieht wie einst im Rosengarten in Häcklingen. Da siedelte lange, weil die Grundstücke zu groß und teuer waren, nur einer, das war der damalige Kämmerer der Stadt, heute Geschäftsführer der Gesundheitsholding, Rolf Sauer.
Hans-Herbert Jenckel
Ich möchte endlich bei Darchau eine Brücke über die Elbe! Da würde an Tagen wie heute eine leichte Brise wehen und jeder könnte sich beim Drandenken fühlen wie die träumende Lucy Jordan auf ihrem „Ride through Paris in a sports car / With the warm wind in her hair“.
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Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hat heute ein Programm des Bundes zur Anpassung städtischer Räume an den Klimawandel vorgestellt: https://www.landeszeitung.de/nachrichten/wirtschaft/599652-wie-bauministerin-geywitz-staedte-fuer-den-klimawandel-fit-machen-will/ Die 176 Millionen Euro umfassende Förderung soll Städte und Gemeinden dabei unterstützen, ihre „grünen Freiräume“ zu schützen, wie das Bauministerium erklärte – und auszubauen. Es sollen damit nicht nur bestehende Park- und Grünanlagen erhalten werden, sondern auch bisher versiegelte oder brachliegende Flächen bepflanzt und damit zugleich die Artenvielfalt gefördert werden.
Der Klimawandel begünstigt lang anhaltende Hitzewellen und sogenannte Wärmeinseln. Vor allem in den Städten führt das zu einer Wärmebelastung, denn es kühlt nur langsam wieder ab. Die Differenz zur grünen Umgebung kann nach Angaben einer Initiative von Helmholtz-Zentren in großen Städten bis zu zehn Grad Celsius betragen. Ein Grund sind demnach die Materialien, die in der Stadt verwendet werden: Beton-, Glas- oder Metalloberflächen speichern viel Wärme und versiegeln einen Großteil der Oberfläche. Damit ist weniger Wasser da, das verdunsten und die Stadt abkühlen könnte. Häuser und Straßen nehmen die Sonnenstrahlen auf, speichern die Wärme und heizen damit erneut die Umgebungsluft auf.
Abhilfe erhoffen sich Vertreter der Kommunen von Schneisen und Grüngürteln, die Kaltluft in die Städte lassen, Dach- und Fassadenbegrünungen oder auch Umbauten, um mehr Regenwasser in den Städten zu halten, damit dieses den Pflanzen zugutekommen und verdunsten kann. Zudem gibt es Überlegungen, den schwarzen Asphalt durch einen helleren Asphalt zu ersetzen, auch dies könnte die Temperatur etwas senken.
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In der Regel sind sich in Lüneburg immer alle einig, dass Wohnraum dringend benötigt wird, natürlich bezahlbar , was in der aktuellen Situation immer weniger umsetzbar erscheint.
Aber kaum gibt es einen Vorstoß, so sind sofort die Bedenkenträger auf dem Plan .
Nicht dass ihre Argumente irrelevant sind ,nur wenn am Ende des Tages dann nichts passiert, ist das auch keine Option.
Schon gar nicht für diejenigen, die hier gerne leben wollen und Wohnraum suchen.
Hier ist die Politik verpflichtet Angebote zu machen.
Wer also das eine nicht will , muss konkrete Alternativen benennen.
Wir leben in Zeiten, wo es wohl unvermeidbar ist , dass Politik ins Risiko geht , denn die Zukunft ist ungewisser denn je.
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Sehr geehrter Herr Buller,
als die Zukunft noch „gewisser“ schien, am 17. Dezember 2018 und am 30. August 2019, ist „Politik“ (hier „Kreispolitik“) auch „ins Risiko gegangen“, obwohl das – nach Ihrer Logik – nicht „unvermeidbar“ war. Das Ergebnis ist bekannt: Einen der beiden „Projekt“-Profiteure verlangt es heute nach einer Trainingshalle, den anderen würde eine schöne große Event-Spielwiese zusätzlich freuen: https://blog-jj.com/2022/06/22/furs-neue-kleid-fehlen-oft-die-passenden-schuhe-fur-die-neue-arena-die-passende-trainingshalle/#comment-16981 Wächst der Appetit mit dem Essen? Wie entstehen „Usancen“? Kleiner Finger, ganze Hand? „Konkrete Alternativen“ zum vorhersehbaren, von „Bedenkenträgern“ genau vorhergesagten und inzwischen eingetretenen Multimillionen Euro-Fiasko lagen auf dem Tisch, wurden aber nicht berücksichtigt, da Größenwahn, „Masterplan“ und Traum-Raffzahn den Verstand vernebelten und den Mund mit wabernden Heißluftfloskeln füllten.
Wenn es eine Lehre aus diesem Debakel mit Ansage gibt, dann doch wohl die: Argumente sind wichtiger, als dass „am Ende des Tages“ irgendetwas „passiert“.
Wo steht denn geschrieben, dass eine Stadt VERPFLICHTET IST „für diejenigen, die hier gerne leben wollen und Wohnraum suchen“, ANGEBOTE ZU MACHEN? Haben Sie darüber mal mit Ihrem wirtschaftsliberalen Ex-Kollegen Soldan gesprochen?
(Absatz gestrichen)
Wenn die Erfolgsaussicht des Normenkontrollverfahrens zum Bebauungsplan „zu diesem Zeitpunkt nicht seriös abschließend eingeschätzt werden kann“, dann ist es unseriös, einen zweistelligen Millionenbetrag auf Sieg zu setzen.
Verantwortungslos aber ist es ebenfalls, mit Sprücheklopfen vom Spielfeldrand aus, flagranten Wahlkampfpopulismus anzufeuern, der darin besteht, dass „Monika Scherf für die CDU und Andrea Schröder-Ehlers für die SPD stolz auf die Risikobereitschaft ihrer Fraktionen“ sind, mit welcher diese ein Versprechen geben, das halten zu können gar nicht in ihrer Macht liegt.
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Hier geht es doch um Werkssiedlungen fürs kreativ-innovative Digitalproletariariat, das die Leuphana zweimal im Jahr zahlenstark auf den erwartungsfrohen Arbeitsmarkt spült und dessen ungehobene Potentiale unserem 2D-erfahrenen Lüneburg nach den Konzepten von Ulrich Mädge und Sascha Spoun in den Schluchten des Kranken Heinrich ein avanciertes Silicon Valley für die europäische 3D Druck-Industrie bescheren sollen. Darf Frau Schröder-Ehlers da nicht den Mut haben, im Namen ihrer sozialdemokratischen Arbeiterpartei knapp zwanzig Millionen Euro in ein trockenes Bachbett zu werfen? Frau Scherf wird sich mit ihrer christdemokratischen Arbeitgeberpartei sicherlich eher am Götterliebling Elon Musk orientieren, der sein mildtätiges Investment im Brandenburger Sand vor Grünheide ausgestreut hat und optimistisch in die Zukunft schaut, auch wenn die Kugel im hölzernen Roulettekessel mit dem Rollen gar nicht mehr aufhören will: https://www.boersen-zeitung.de/unternehmen-branchen/musk-gruenheide-riesiger-geldverbrennungsofen-3b87bc6c-f2ba-11ec-93c0-7b4664f4b5ae
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Vor allem wird auf Twitter ja getobt und Wut verbreitet. Umso wichtiger ist es für die Psychohygiene als Twitternutzer, sich ein Netz an wertvollen Accounts zuzulegen, von denen man sich verstanden fühlt. Gut, dass jetzt auch Thomas Mann dabei ist. Auf @DailyMann twittert Germanistik-Doktorand Felix Lindner täglich einen Satz aus Manns echtem Tagebuch. „Früh erwacht mit Gefühl des Leidens“ schrieb der etwa am 14.7.1950. Wer könnte da nicht anknüpfen! „Anstehen zum Frühstück, Zumutung“, am 2.7.1945. Nichts hinzuzufügen. „Mehrfach Rad gefahren, wobei mir einmal die Luft des Hinterrades ausging, sodaß ich ziemlich lange schieben mußte“ heißt es einmal. Die schlimme Welt fühlt sich mit diesem Thomas Mann gleich weniger schlimm an. „Wir hätten ausschlafen sollen“ twittert er vor einigen Tagen.
Wir alle, Thomas! Wir alle!
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Experimentalpolitik: die Französische Revolution
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Intelligente Reklame hätte können und könnte das Schlimmste verhindern, Detlef:
https://pbs.twimg.com/media/FXjXzbtWQAMgKk0?format=jpg&name=4096×4096
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Als die AGL die Schadenssumme beim Worscht Käs Szenario auf mindestens 18 Millionen bezifferte und der Geschäftsführer vorsorglich um die Freistellung der Gesellschaft an sich, des Geschäftsführers und des Aufsichtsrates von jeglichem (Haftungs)Risiko bat, da haben sich die risikobereiten Politiker wahrscheinlich gleichzeitig auf die Schenkel geschlagen und ins Fäustchen gelacht, weil sie haftungsmäßig aus dem Schneider sind.
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Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch braucht sich lediglich an der Vorgehensweise ihres Amtsvorgängers zu orientieren. Der hatte keine Scheu in Ratssitzungen zu Vorlagen, die ihm nicht passten, zu sagen: „Sie können hier beschließen was sie wollen – ich werde es nicht umsetzen!“
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Eine schon Wahnwitzige Idee, denn niemand wird bei den heutigen Baupreisen und Zinsen den Geschosswohnungsbau dort errichten können. Übrig bleiben dann nur ein paar sehr vermögende Bauherrn für die wenigen Einfamilienhäuser. Ein absolut unverantwortlicher Umgang mit Steuergeldern.
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Sie wissen doch Herr Reinhardt,
die örtliche Schuhkartonfabrik wird´s richten. Zuerst wird im nächsten Jahr „plötzlich“ festgestellt, das man die Fläche nicht zuplastern darf, nur damit sich dann unsere möchtegern Oligarchen „zum Retter in der Not“ aufspielen können, um die längst verbauten Millionen noch irgendwie nutzbar zu machen. Dafür werden dann die wenigen sinnvollen Reglementierungen (natürlich, man muss dann ja auf einmal sparsam vorgehen) über Bord geworfen und der LG-Schleppverband schippert auf eine 1:1 Replik des Augenkrebsviertels, ich meine natürlich des baulich höchst innovativen und ästetisch wertvollen Hanseviertels, zu.
Dafür dürfen sich unsere Wichtigtuer dann ordenlich selbst auf die Schulter klopfen und irgendwelche servilen Botengänger aus der Verwaltung in noch nutzlosere Stellen hiefen.
Ich mach` schonmal das Fass auf.
Prost!
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